Alexei Navalny geht es bereits besser – doch die Beziehungen zwischen Russland und der EU sind weiterhin schwierig.Bild: imago-images / Sergei Fadeichev
International
Der vergiftete russische
Kremlkritiker Alexej Nawalny muss nicht mehr beatmet werden und kann
sein Krankenbett zeitweise verlassen. Sein Gesundheitszustand habe
sich weiter verbessert, und er werde zunehmend mobilisiert, teilte
das Berliner Klinikum Charité am Montag mit.
Weitere Details zu Nawalnys Gesundheitszustand wurden am Montag
nicht bekannt gegeben. Erstmals aber seit seiner Behandlung in Berlin
stimmte die Klinik auch mit ihm selbst ab, welche Informationen an
die Medien gehen. Zuvor hatte die Charité dies immer nur mit Nawalnys
Frau klären können.
Frankreich und Schweden bestätigen Einsatz von Nervengift Nowitschok – Macron spricht von "Mordversuch"
Als Ursache für Nawalnys Vergiftung stellten auch zwei weitere
Speziallabore in Frankreich und Schweden einen Nervengift-Kampfstoff
aus der Nowitschok-Gruppe fest, wie die Bundesregierung am Montag
mitteilte. Zuvor hatte bereits ein Bundeswehr-Labor dies
identifiziert. Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron forderte eine
rasche Aufklärung der Umstände und der Verantwortlichkeiten.
Macron sprach von einem "Mordversuch", wie der Élyséepalast am
Montag in Paris nach einem Telefongespräch zwischen Macron und dem
russischen Präsidenten Wladimir Putin berichtete. Putin habe dabei
betont, dass die "unbegründeten, auf nichts basierenden Vorwürfe"
gegen Russland unangemessen seien, teilte der Kreml mit.
Nach einem Telefonat zwischen Putin (l.) und Macron (r.) könnte der Fall Nawalny auch die Beziehungen zwischen Russland und Frankreich beschädigen.Bild: imago-images / Mikhail Metzel
Er sei in diesem Fall mit Deutschland solidarisch, erklärte
Macron, der sich in der Affäre bisher öffentlich zurückgehalten
hatte. Frankreich teile – auch aufgrund eigener Analysen – die
Schlussfolgerungen mehrerer europäischer Partner, wonach der
Nervengift-Kampfstoff Nowitschok als Ursache festgestellt wurde.
Russland müsse nun im Rahmen einer glaubwürdigen und transparenten
Untersuchung Klarheit schaffen, forderte Macron.
Bundesregierung fordert erneut Aufklärung von Russland
Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte zu den neuen
Befunden: "Wir erneuern die Aufforderung, dass sich Russland zu den
Geschehnissen erklärt." Die deutsche Regierung stehe mit ihren
europäischen Partnern "in engem Austausch zu weiteren Schritten".
Es sei eine Zusammenarbeit mit den europäischen Ländern möglich,
hieß es aus Moskau. Für eine Klärung des Falls sei aber ein Austausch
von Informationen und Proben und die Zusammenarbeit Deutschlands mit
russischen Ärzten erforderlich.
Deutschland habe inzwischen auch die Organisation für das Verbot
chemischer Waffen (OVCW) eingeschaltet, so die Bundesregierung. Deren
Experten haben demnach ebenfalls Proben von Nawalny entnommen, die
nun durch Referenzlabore untersucht werden sollen.
Der 44-Jährige wird seit dem 22. August in Berlin behandelt. Er
gilt als einer der schärfsten Kritiker von Kremlchef Wladimir Putin.
Nawalny war am 20. August auf einem Flug in Russland
zusammengebrochen und in eine Klinik in Sibirien gebracht worden.
Später wurde er auf Drängen seiner Familie in die Charité verlegt.
Bei Protesten wie hier in St. Petersburg zeigten sich Demonstranten solidarisch mit Nawalny.Bild: imago-images / Peter Kovalev
Der Fall Nawalny überschattete auch die Regionalwahlen in
Russland am Wochenende: Die Opposition musste ohne ihren wichtigsten
Anführer auskommen, erzielte dennoch Erfolge. In der Stadt Tomsk, wo
sich Nawalny zuletzt aufhielt, schafften zwei seiner Mitarbeiter nach
vorläufigen Angaben den Einzug in den Stadtrat, wie die Agentur
Interfax meldete. Dort verlor die Kremlpartei ihre Mehrheit. In
Nowosibirsk wurde Sergej Boiko von Nawalnys Team in das
Stadtparlament gewählt. Doch trotz der Erfolge in einzelnen Städten
hält die Kremlpartei "Geeintes Russland" weiter alle wichtigen
Posten.r auskommen, erzielte dennoch Erfolge.
(lau/dpa)
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) ist einer der beliebtesten Politiker Deutschlands. Ganz anders als sein Chef, Bundeskanzler Olaf Scholz. Der will trotzdem Kanzlerkandidat seiner Partei werden.