Selahattin Demirtas bei seinem Auftritt im türkischen StaatsfernsehenBild: REUTERS/Huseyin Aldemir
International
18.06.2018, 05:0018.06.2018, 12:07
Nach mehr als anderthalb Jahren Untersuchungshaft
hat sich der pro-kurdische Präsidentenkandidat Selahattin Demirtas
erstmals aus dem Gefängnis heraus direkt an die Öffentlichkeit
gewandt.
- In einer zehnminütigen, aufgezeichneten Wahlkampfrede im Staatssender TRT warnte Demirtas am Sonntag vor einer "Ein-Mann-Herrschaft" des Präsidenten Erdogan.
- Diese Rede stand ihm im türkischen Wahlkampf per Gesetz zu.
- Der ehemalige HDP-Chef ist seit November 2016 im westtürkischen Edirne inhaftiert.
- Ihm werden unter anderem Mitgliedschaft in der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK vorgeworfen.
- Am 24. Juni wird in der Türkei gewählt, seit dem 7. Juni können türkische Wahlberechtigte, die in Deutschland, Österreichoder Frankreich leben, ihre Stimme abgeben.
- Die Parlaments-und Präsidentenwahlen in der Türkei finden gleichzeitig statt.
Für seinen Auftritt besorgte sich Demirtas im Gefängnis offenbar noch einen dunklen Anzug:
Der staatliche Sender TRT hatte den Beitrag in der Zelle des Gefängnisses im nordwesttürkischen Edirne aufgezeichnet, weil die Behörden ihm eine Fahrt zum Studio des Senders in Ankara untersagt hatten.
Dem Sender TRT war vorgeworfen worden, in aller Breite über den Wahlkampf Erdogans zu informieren, andere Kandidaten, aber vor allem die HDP und Demirtas, zu ignorieren. Es war das erste Mal, dass sich ein Kandidat aus der Gefängniszelle heraus äußerte.
"Das, was wir derzeit erleben, ist ein Element eines autokratischen Regimes. Aber der gruselige Teil des Films kommt erst noch."
Selahattin Demirtas
Gewinne Erdogan und seine islamisch-konservative Partei AKP die Wahlen am 24. Juni, hänge das Schicksal der Türken "vollständig an der Gnade einer Person", sagte Demirtas. Die Türkei werde sich in ein "autoritäres, tyrannisches und von der Demokratie abgerissenes Land" verwandeln. Seine Partei HDP dagegen stehe für Demokratie, sagte er.
Demirtas hatte bislang nur indirekt Wahlkampf
geführt. Er gab etwa Interviews über seine Anwälte oder ließ durch
seine Mitarbeiter Twitter-Nachrichten versenden.
Der ehemalige HDP-Chef ist seit fast zwei Jahren inhaftiert. Ihm werden unter anderem Mitgliedschaft in der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK vorgeworfen. Demirtas sagte, die Vorwürfe gegen ihn seien haltlos und das Verfahren gegen ihn ungerecht. Er warf dem Gericht vor, aufgrund politischen Drucks, die Untersuchungshaft aufrechtzuerhalten "Der einzige Grund, warum ich noch hier bin, ist der, dass die AKP Angst vor mir hat", sagte Demirtas. Dem 45-jährigen Anwalt drohen mehr als 142 Jahre Haft.
(aj/dpa/afp)
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