Im Gazastreifen brodelt es. Seit letzter Woche gehen Palästinenser dort wegen steigender Lebensmittelpreise auf die Straße. Die Terrorganisation Hamas, die seit 2007 im Gazastreifen herrscht, reagiert mit Gewalt und Festnahmen auf die Proteste.
Demonstriert wird im Gazastreifen regelmäßig. Meist sind die Proteste von der regierenden Hamas geduldet, erwünscht oder gar orchestriert. Und meist richten Sie sich gegen Israel. Proteste wie die der vergangenen Tage sind hingegen rar: Sie richten sich gegen die harten Lebensbedingungen und damit auch gegen die Hamas.
Einige Teilnehmer einer Kundgebung in Dir el-Balach im mittleren Abschnitt des Küstenstreifens verbrannten am vergangenen Freitag Reifen. Auch an anderen Orten fanden Proteste statt, die vor allem von jungen Leuten über soziale Medien organisiert wurden.
Im Gazastreifen leben rund zwei Millionen Menschen unter schwierigen Bedingungen. Es mangelt unter anderem an Trinkwasser und Strom. Nicht nur die Blockade des Gebiets durch Israel und Ägypten trägt zu den widrigen Umständen bei. Seit Jahren tobt ein Machtkampf zwischen der Hamas und der im Westjordanland regierenden Fatah. In den vergangenen Jahren näherten sich beide Gruppierungen zwar an, die Fatah-geführte Palästinensische Autonomiebehörde im Westjordanland belegt den Gazastreifen jedoch weiterhin mit wirtschaftlichen Sanktionen.
Von der Hamas verhängte und erhöhte Steuern etwa auf Lebensmittel, Zigaretten und Kleidung machen das Leben dort nun noch härter.
Die Sicherheitskräfte der Hamas reagierten auf die Proteste mit Gewalt und einer Festnahmewelle. Die Polizei habe die Häuser von Aktivisten gestürmt und Dutzende festgenommen, berichtet die Deutsche Welle. Aus Kreisen der Fatah sei sogar die Rede von Hunderten Festnahmen.
Laut einem Bericht der "Times of Israel" wurden am Sonntag auch sieben palästinensische Journalisten in Gewahrsam genommen, weil sie über die Proteste berichteten. Die Zeitung beruft sich dabei auf eine anonyme Quelle in der palästinensischen Journalisten-Gewerkschaft.
In Videos, die sich in den Sozialen Medien verbreiten, ist zu sehen, wie die Hamas-Polizei mit Knüppeln auf Demonstranten losgeht. In anderen Videos ist zu sehen und zu hören, wie Polizisten mindestens Warnschüsse abgeben. Die Echtheit vieler Videos lässt sich jedoch nicht unabhängig bestätigen.
Der UN-Sonderkoordinator für den Friedensprozess im Nahen Osten, Nickolay Mladen, verurteilte das gewaltsame Vorgehen am Sonntag. Auf Twitter schrieb er:
Auch die mit der Hamas rivalisierende Fatah verurteilte die Gewalt der Sicherheitskräfte. Auf Twitter veröffentlichte die Partei Fotos von mutmaßlichen Opfern von Polizeigewalt. In dem Tweet ist von "brutalen Angriffen der Hamas gegen unser Volk" die Rede.
Der einflussreiche Fatah-Politiker Hussein al-Sheikh twitterte ein Video, in dem Polizisten zu sehen sind, die mit Knüppeln offenbar auf Demonstranten einschlagen. Dazu schrieb er:
Im Westjordanland hat offenbar ein palästinensischer Attentäter unterdessen am Sonntag zwei Israelis getötet. Der Angreifer soll an einer Kreuzung nahe der Siedlerstadt Ariel einen 19-jährigen Soldaten mit einem Messer erstochen haben, wie die Armee am Sonntag mitteilte. Es sei ihm gelungen, dem Soldaten das Sturmgewehr abzunehmen. Damit habe er auf mehrere vorbeifahrende Fahrzeuge geschossen. Dabei traf er den 47-jährigen Rabbiner und Vater von zwölf Kindern, Achiad Ettinger. Ettinger starb am am Montag an den Folgen seiner Verletzungen.
Bei Anhängern der Hamas löste der Terroranschlag am Sonntag Freude aus. In Gaza-Stadt und der Nachbarstadt Dschabaliya fanden Kundgebungen zur Verherrlichung des Angriffs statt. Dabei sprachen Vertreter der Hamas und der Terrororganisation "Islamischer Dschihad".
In Gaza-Stadt wurden außerdem Süßigkeiten an Passanten verteilt, um den Anschlag zu feiern.
(Mit Material der dpa.)