Rechtsextreme Chats bei der Polizei: Mitglied wehrt sich gegen Vorwürfe
Schaut man sich die mittlerweile veröffentlichten Chats der Gruppe "Itiotentreff" aus dem Umfeld der Frankfurter Polizei an, kann einem schnell schlecht werden. Über Jahre hinweg wurden hier menschenverachtende, rassistische und ableistische Memes, Sprüche und Videos gepostet – von Personen, die parallel im Namen des Staates für Recht und Ordnung sorgten.
Mittlerweile sind ähnliche Fälle auch aus anderen deutschen Dienststellen bekannt. "Sie kennen diese Bilder, aber Sie sehen den Menschen dahinter nicht", argumentiert eines der ehemaligen Mitglieder im Gespräch mit der "taz". Der Polizist ist wie alle Beteiligten seit Jahren vom Dienst suspendiert, behält allerdings seinen Beamtenstatus und wird weiter bezahlt.
Ex-Polizist rechtfertigt rechtsextreme Chats auf Whatsapp
"Gut geht es mir nicht dabei", gibt der 40-Jährige zu. Viele seiner Kollegen hätten mittlerweile Suizid begangen oder eine starke Alkoholsucht entwickelt. Er selbst bezeichnet seine aktuelle Lebenssituation als "kompletten Schwebezustand". Im privaten Umfeld hat er laut eigenen Aussagen mit niemandem je über die Vorfälle gesprochen.
Die damaligen Chatgruppen beschreibt er rückblickend nicht direkt als problematisch. Er gibt an, dass schließlich "nicht alle fünf Minuten" entsprechende Bilder verschickt worden seien und die Berichterstattung zu den Chatgruppen in seinen Augen zu verurteilend erfolgte.
An der Beschreibung der Haltung in dem entsprechenden Chat aber wird deutlich, dass diese alles andere als gesund war. "Es ging nur darum, wer wird das krassere Bild posten. Befeuert von toxischer Männlichkeit: Ich will ein krasseres Bild, eine krassere Aussage als der andere posten", erinnert er sich. In seinen Augen sei der Inhalt der Bilder irgendwann zweitrangig geworden.
Rechtsextrem? Ex-Mitglied übt Kritik an medialem "Framing"
Aus dem Interview kann nicht abgelesen werden, ob er selbst in einer entsprechenden Whatsapp-Gruppe Bilder verschickt hat. Wenn er solche bekam, seien diese oft nach wenigen Sekunden wieder "aus dem Sinn" gewesen. "Ich habe da tatsächlich keine rationale Erklärung für, man schwimmt da halt auch so ein bisschen mit", gesteht er der "taz".
Das Label "rechtsextrem" möchte er sich und seinen Kollegen der Chatgruppe jedoch nicht geben. "Rechtsradikal fängt für mich nicht damit an, dass man irgendwelche Bilder weiterleitet. Das fängt in Handlungen, Taten und Gedanken an", erklärt er.
Dass das Teilen rassistischer Bilder selbst eine Handlung ist – nämlich die bewusste Verbreitung diskriminierender Inhalte – ignoriert der Ex-Polizist dabei.
Bei dem wohl bekanntesten Beispiel aus Hessen wurde gegen alle Beteiligten ein Disziplinarverfahren eröffnet, viele davon mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst. Wegen der Verbreitung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Volksverhetzung ist bei vielen die Rede von einem strafrechtlichen Tatbestand.
Gegenüber der Polizei als Institution ist auch der Beamte allerdings durch die Vorfälle mittlerweile misstrauischer geworden. Eine Rückkehr in den aktiven Dienst kann er sich nach Abschluss des zugehörigen Prozesses laut eigenen Aussagen dennoch vorstellen.
