Seit nun fast zwei Wochen gehen in Hongkong Menschen auf die Straßen. Auslöser war ein umstrittenes Auslieferungsgesetz, das es Hongkongs Behörden erlauben würde, verdächtige Personen an die kommunistische Volksrepublik auszuliefern, sollten chinesische Behörden das verlangen.
Die Demonstration am vergangenen Sonntag war nach Einschätzung von Beobachtern die größte in Hongkong seit dem Protest gegen die blutige Niederschlagung der Demokratiebewegung in Peking vor drei Jahrzehnten am 4. Juni 1989.
Auf den Straßen Hongkongs geht es mittlerweile mehr als um ein einzelnes Gesetz, es geht um Grundsätzliches, um Fragen von Grundrechten und Demokratie.
Deswegen beteiligen sich auch Akteure, von denen man politischen Protest nicht unbedingt erwartet. So sollen beispielsweise lokale Pornoseiten dazu aufgerufen haben, an den Protesten teilzunehmen. Das berichtete "Quartz".
Die Sexseiten "AV01" und "ThisAV" gingen offenbar vorübergehend offline, um die Nutzer dazu zu bewegen, sich dem Aufstand anzuschließen.
"ThisAV" forderte die Benutzer auf, an den Protesten teilzunehmen, anstatt zu Hause zu "wichsen".
Es ist offenbar nicht das erste Mal, dass sich auch die Erotikindustrie Hongkongs an Bürgerbewegungen beteiligt. Das Erotikmagazin "Lung Fu Pao" soll bereits die Studentendemonstrationen von 1989 in Peking unterstützt haben.
Der Druck der Massenproteste hat zumindest die Regierungschefin Carrie Lam zu der Ankündigung bewegt, das Auslieferungsgesetzes auf unbestimmte Zeit auszusetzen.
Hongkong besitzt einen gesonderten Status: Die frühere britische Kronkolonie wird seit der Rückgabe 1997 an China nach dem Grundsatz "ein Land, zwei Systeme" als eigenes Territorium autonom regiert. Die Hongkonger genießen größere Freiheiten als die Menschen in der Volksrepublik, darunter das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie Presse- und Versammlungsfreiheit.
(ts mit dpa)