US-Präsident Biden wirft den Gouverneuren von Texas und Mississippi vor, unüberlegt zu handeln. Bild: dpa / Alex Brandon
International
US-Präsident Joe Biden hat die Lockerung
von coronabedingten Beschränkungen in mehreren US-Bundesstaaten
kritisiert und den zuständigen Gouverneuren "Neandertaler-Denken"
vorgeworfen. "Ich glaube, dass es ein großer Fehler ist", sagte der
Demokrat am Mittwoch (Ortszeit) im Weißen Haus zur Aufhebung von
Restriktionen in Texas und Mississippi. Erst Ende Mai werde es genug
Impfstoff geben, um alle erwachsenen Amerikaner impfen zu können.
"Das Letzte, was wir brauchen, ist ein Neandertaler-Denken, dass in
der Zwischenzeit alles in Ordnung ist." Es sei "entscheidend", die
von der Wissenschaft empfohlenen Schutzmaßnahmen zu befolgen.
Der republikanische Gouverneur von Texas, Greg Abbott, hatte am
Dienstag angekündigt, die Maskenpflicht und alle Kapazitätsgrenzen
für Restaurants und andere Betriebe in seinem Bundesstaat aufzuheben.
Auch der republikanische Gouverneur von Mississippi, Tate Reeves,
hatte erklärt, alle Anordnungen zum Tragen von Masken und
Kapazitätsgrenzen für Restaurants und Firmen würden beendet. Weitere
Bundesstaaten, darunter Ohio und Michigan, kündigten zumindest
Lockerungen ihrer Corona-Auflagen an.
Abbott und Reeves wehrten sich am Mittwoch auf Twitter gegen
Kritik. "Wir sind in der Lage, Covid einzudämmen und Texas sicher zu
100 Prozent zu öffnen", schrieb Abbott. Reeves kritisierte, Biden
habe es als "Neandertaler-Denken" bezeichnet, den Menschen in
Mississipi die Entscheidung zu überlassen, wie sie sich schützten.
Diese Menschen bräuchten keine "Betreuer", schrieb der Gouverneur.
"Ich denke, wir sollten den Amerikanern vertrauen und sie nicht
beleidigen."
Fauci warnt vor Zunahme der Neuinfektionen
Der Top-Immunologe und Biden-Berater Anthony Fauci nannte die
Rücknahme der Schutzmaßnahmen "unerklärlich" und "unüberlegt". Fauci
sagte dem Sender CNN am Mittwochabend, bereits vor Monaten hätten die
USA erlebt, wie die Fallzahlen wieder bedenklich zugenommen hätten,
nachdem manche Bundesstaaten die Richtlinien der Experten nicht
befolgt hätten. Die täglichen Fallzahlen in den USA seien zwar auf 55.000 bis 70.000 zurückgegangen, lägen damit aber immer noch hoch – und
der Rückgang sei inzwischen gebremst.
Anthony Fauci nennt die Lockerungen "unerklärlich" und "unüberlegt". Bild: imago images / Xinhua
Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, übte Kritik an
Politikern, die die Expertenratschläge seit Beginn der Corona-Krise
nicht ernst genommen hätten. Die USA hätten seit einem Jahr mit der
Pandemie zu tun, sagte Psaki am Mittwoch. "Und das gesamte Land zahlt
den Preis für politische Anführer, die die Wissenschaft mit Blick auf
die Pandemie ignoriert haben."
Psaki betonte, Bidens Appell an die Amerikaner, in seinen ersten
100 Tagen im Amt Masken zu tragen, basiere auf
Experteneinschätzungen, die davon ausgingen, dass so 50.000
Menschenleben gerettet werden könnten. "Wir müssen wachsam bleiben."
Gesundheitsbehörde appelliert an Bürger, weiter Maske zu tragen
Die Chefin der US-Gesundheitsbehörde CDC, Rochelle Walensky,
mahnte: "Jetzt ist nicht die Zeit, alle Auflagen zu lockern." Sie
appellierte an die Menschen, sich weiter an die Vorsichtsmaßnahmen
zur Eindämmung der Pandemie wie das Tragen von Masken zu halten,
"unabhängig von der Entscheidung des Bundesstaates".
Bidens Amtsvorgänger Donald Trump hatte zu Beginn der Pandemie
die von dem Virus ausgehende Gefahr geleugnet, sich später ohne
wissenschaftliche Belege für bestimmte Medikamente als vermeintliche
Wundermittel eingesetzt und bis zuletzt erkennen lassen, dass er das
Tragen von Masken eher lästig fand. Biden hat den Kampf gegen die
Pandemie zu einem seiner wichtigsten Ziele erklärt.
Seit Beginn der Pandemie sind in den USA fast 520.000 Menschen
nach einer Infektion mit dem Coronavirus ums Leben gekommen, wie aus
Statistiken der Johns-Hopkins-Universität hervorgeht. Mehr als 28.7
Millionen der rund 330 Millionen Amerikaner steckten sich mit dem
Virus an. Die Infektionszahlen sind deutlich unterhalb von denen zu
Jahresbeginn, lagen in den vergangenen Tagen aber weiterhin bei
jeweils mehr als 50.000.
(lau/dpa)
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