Am Donnerstag musste Belgiens Justizminister Koen Geens im Parlament Rede und Antwort stehen. Vier Menschen waren am Dienstag in Lüttich bei einem Attentat umgekommen, darunter der Angreifer Benjamin Herman. Er hatte zwei Polizistinnen überfallen und getötet und danach einen Autofahrer erschossen. Dann floh er in eine nahe gelegene Schule und nahm eine Putzfrau als Geisel: Darifa Imaankaf, 47. Sie konnte ihn zur Aufgabe bewegen und so das Leben der Kinder retten. Wie? Darüber berichten nun die belgischen Medien. ("De Standaard")
Darifa Imaankaf, 47, ist belgische Staatsbürgerin, ihre Familie kommt aus Marokko. Imaankaf arbeitet als Putzfrau in der Léonie-de-Waha-Schule in der Innenstadt von Lüttich, als sie am Dienstag gegen 10.30 Uhr Unruhe auf der Straße bemerkt.
Die Sekretärin der Schule und eine andere Putzfrau sei dann auf die Straße gelaufen, um zu sehen, was passiert sei. "Mach die Tür auf. Mach die Tür auf", riefen sie bei ihrer Rückkehr. Imankaaf ließ sie in die Schule, schaute kurz über den Flur, ob alles okay sei.
Dann entspann sich folgender Dialog.
Dann sagte der Attentäter, Imaankaf müsse nichts befürchten, sie tue, was er sage. Ihr Bild vom Angreifer.
Die Putzfrau begann zu weinen, aus Sorge vor den Kindern. Dann sagte der Attentäter: "Du solltest um die Kinder in Palästina und Syrien weinen."
Der Attentäter schaute, wie er im Schulhaus zu den Kindern gelangen konnte. "Ich werde sie büßen lassen", sagte er zu Darifa Imaankaf. Sie redete auf ihn ein. Dann warf der Attentäter seinen Pass zu Boden und rief der Attentäter drei Mal "Alla hu akbar" – Gott ist groß. Dann sei der Angreifer wieder vor die Schule getreten und im Feuergefecht mit den Polizisten ums Leben gekommen.
Von einem "Wunder" spricht die Putzfrau. Mit einem Schock wurde sie in eine Klinik eingeliefert. Dort haben sie Belgiens König Philippe und Innenminister Jan Jambon besucht und für ihren Einsatz gedankt
Darifa Imaankaf sagt über den Attentäter.
Noch etwas hat Darifa Imaankaf den belgischen Reportern berichtet:
Am Donnerstag wurde Justizminister Koen Geens im Parlament zu dem Attentat befragt.
Der Attentäter, Benjamin Herman, wies zahlreiche Verurteilungen wegen Raub und Drogendelikten auf. Er hatte eigentlich eine Haftstrafe zu verbüßen, hatte aber tageweise Freigang erhalten. In der Haft soll er sich radikalisiert und zum Islam konvertiert sein. Er hatte auch Kontakte zur Islamistenszene im belgischen Verviers. In der Kleinstadt an der Grenze zu Deutschland waren im Januar 2015 zwei mutmaßliche Islamisten bei einer Anti-Terroraktion getötet worden.
Geens mochte keine Fehler erkennen und lehnte einen Rücktritt ab. "Nachdem ich zwei Nächte lang nachgedacht habe, habe ich beschlossen, das nicht zu tun", sagte er.
(per.)