Dass der Nato-Gipfel nicht gescheitert ist, grenzt an ein Wunder
13.07.2018, 07:5713.07.2018, 18:21
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Nach Druck und Drohungen von Trump beim Nato-Gipfel stellte Bundeskanzlerin Merkel Zugeständnisse bei den Militärausgaben in Aussicht.
Merkel: Gegebenenfalls müsse Deutschland "noch mehr tun".
Trump ist tief zufrieden und macht sich nun bereit für sein Treffen mit Wladimir Putin Anfang kommender Woche.
Hat Trump die Nato erpresst oder einfach Druck ausgeübt, der längst überfällig war?
Die Meinungen darüber gehen auseinander. Trump hatte die Verbündeten in der Tat über zwei Tage wieder massiv bedrängt,
rasch mehr für Verteidigung auszugeben und das Nato-Ziel von zwei
Prozent der Wirtschaftsleistung zu erfüllen. Deutschland stand
besonders im Visier, weil derzeit nur 1,24 Prozent erreicht werden
und Merkel auch bis 2024 nur 1,5 Prozent in Aussicht gestellt hat.
Gipfel wäre fast gescheitert
Am Donnerstagmorgen pokerte Trump den Gipfel an den Rand
des Scheiterns. Nach Angaben von Diplomaten drohte er hinter
verschlossenen Türen, entweder werde das Zwei-Prozent-Ziel von allen
2019 erreicht oder er mache "sein eigenes Ding". Was das genau
bedeuten sollte – Truppenreduzierungen oder gar einen völligen
Bruch mit der Nato – ließ der US-Präsident in der Sitzung offen. Er
beantwortete dies auch später nicht, sondern sagte nur, die Partner "waren wohl beunruhigt".
Bild: AP
Tatsächlich wurde der geplante Ablauf beim Nato-Gipfel über den
Haufen geworfen und eine Krisensitzung der 29 Bündnispartner
anberaumt. Danach verwies Trump auf angebliche konkrete, neue
finanzielle Zusagen und schrieb sich den Erfolg auf die Fahne.
Zugleich versicherte er:
"Das Bekenntnis der Vereinigten Staaten zur Nato ist sehr stark, bleibt sehr stark."
Donald Trump
Er habe den Partnern gesagt, dass er sehr unglücklich wäre, wenn sie
ihre Zahlen nicht erhöhen würden. "Sie haben sie substanziell
erhöht", sagte er. Auch Deutschland habe den Zeitplan für die
Steigerung der Militärausgaben "sehr substanziell" nachgebessert. Von
einer "sofortigen" Erhöhung, die er auch via Twitter gefordert hatte,
sagte er nichts mehr. Für seine Aussagen gab es auch keine
Bestätigung von anderer Seite. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg
sagte auf Nachfrage nicht, was konkret am Donnerstag neu zugesagt
wurde.
Merkel sagte eigentlich nichts
Bundeskanzlerin Merkel äußerte sich ebenfalls vage. Die Beratungen
über die Lastenteilung der Nato seien eine "sehr ernste Diskussion" gewesen. Auf eine Frage zu Trumps Drohung sagte sie:
"Ich kann nur zusammenfassen, was das Ergebnis ist: Klares Bekenntnis aller zur Nato und eine deutliche Bereitschaft aller, angesichts veränderter Sicherheitslagen einen Beitrag zu leisten."
Angela Merkel
Bild: reuters
Welche zusätzlichen
Steigerungen es im deutschen Militärhaushalt geben oder ob der
Zeitplan gestrafft werden könnte, ließ Merkel offen. Doch scheint in Deutschland eine neue Debatte in Gang zu kommen.
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte der "Frankfurter
Allgemeinen Zeitung":
"Wir müssen das 1,5-Prozent-Ziel am besten noch in dieser Wahlperiode erreichen."
Volker Kauder im Gespräch mit der FAZ
Das wäre deutlich
früher als geplant: Die Wahlperiode endet 2021 – bisher hat
Deutschland die Marke für 2024 in Aussicht gestellt. Trump reiste nach dem Nato-Gipfel nach Großbritannien. Am
Donnerstagabend teilte er auf Twitter mit: "Großer Erfolg heute bei
der Nato!" Mitgliedsstaaten hätten seit seiner Wahl "Milliarden
zusätzliche Dollar" bezahlt.
Wie die Nato den immer wieder aufflammenden Streit auf Dauer
übersteht, ist offen. Zeitweise reagierten am Donnerstag sogar Börsen
und Wechselkurse auf die völlig unübersichtliche Lage im Bündnis,
erholten sich aber schließlich wieder.
Nato-Generalsekretär Stoltenberg spielte die Auseinandersetzung herunterBild:reuters
Generalsekretär Stoltenberg gab sich gelassen über die Auseinandersetzung und nannte den Gipfel sehr gut. Trump habe Handlungsdruck bei den
Militärausgaben erzeugt, sagte Stoltenberg zum Abschluss. Seit Trumps
Amtsantritt hätten Kanada und die europäischen Alliierten Milliarden
zusätzlich für Verteidigung ausgegeben und nun zugesagt, ihre
Anstrengungen noch einmal zu verstärken.
Eigentlich hatte sich die Nato geschlossen präsentieren wollen – vor
allem mit Blick auf Russland, das seit der Ukraine-Krise als
besonders bedrohlich gesehen wird. In der Gipfelerklärung ist von verstärkter Abschreckung durch besonders schnell mobilisierbare
Einheiten die Rede. Trump hatte seit Mittwoch Deutschland auch immer
wieder wegen milliardenschwerer Gasimporte aus Russland kritisiert – mit dem Argument, der Hauptgegner der Nato werde über die Einnahmen
gestärkt.
Wenige Tage vor seinem Treffen mit Putin in der finnischen Hauptstadt
Helsinki am Montag äußerte sich der US-Präsident aber freundlich. Er
hoffe auf ein engeres Verhältnis zu Putin.
"Hoffentlich wird er eines Tages vielleicht ein Freund sein – könnte passieren."
Donald Trump
Merkel äußerte die Hoffnung auf Fortschritte bei der nuklearen
Abrüstung. "Das wäre für alle ein gutes Zeichen, wenn da wieder
Gespräche in Gang kämen" sagte sie.
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