
Libanesische Sicherheitskräfte stehen vor Schiffswracks im Hafen von Beirut. Das Amoniumnitrat, das mutmaßlich für die Explosion verantwortlich ist, kam auf der "Rhosus" in den Libanon.Bild: AP / Hussein Malla
International
Wie konnte es zu der verheerenden Detonation in Libanons Hauptstadt kommen? Eine Untersuchungskommission soll in wenigen Tagen erste Ergebnisse vorlegen. Kritiker sehen Fahrlässigkeit als Ursache.
06.08.2020, 11:5006.08.2020, 14:04
Nach der verheerenden Explosion in Beirut mit mehr als
130 Toten und Tausenden Verletzten geht die Suche nach der Ursache
der Detonation weiter. Eine Untersuchungskommission der Regierung
soll dem Kabinett innerhalb von fünf Tagen einen ersten Bericht
vorlegen.
Wie Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) am Donnerstag mitteilte, ist unter den Toten auch eine Mitarbeiterin der deutschen Botschaft in Beirut. Die Frau starb in ihrer Wohnung. Der Minister sprach der Familie sein Beileid aus.
Die Katastrophe löste eine Welle der Hilfsbereitschaft aus – so
schickten mehrere Länder Rettungsmannschaften mit Spürhunden und
Experten für die Bergung von Verschütteten.
Internationale Hilfe rollt an
Ein Team des Technischen Hilfswerks (THW) ist in der Nacht auf Donnerstag zu einem Hilfseinsatz in der libanesischen Hauptstadt abgeflogen. Die Maschine mit rund 50 THW-Helfern hob in der Nacht zum Donnerstag von Frankfurt am Main ab. Die Einsatzeinheit soll bei der Bergung von Verschütteten helfen. An Bord derselben Maschine befanden sich auch sieben Experten der Hilfsorganisation Isar Germany. Dabei handelte es sich um Ärzte sowie Fachleute für Gefahrgut.
Ein Erkundungsteam der Bundeswehr ist in die libanesische Hauptstadt Beirut abgeflogen. Die Maschine mit Experten des Sanitätswesens der Streitkräfte startete nach dpa-Informationen am späten Morgen auf dem Flughafen Köln/Wahn. Die Gruppe soll klären, wie die Bundeswehr nach der verheerenden Explosion im Hafen von Beirut helfen kann.
Die in Köln/Wahn stationierte "fliegende Intensivstation" der Bundes1wehr - ein Airbus A310 "MedEvac" für den Transport Schwerverletzter - wurde in erhöhte Einsatzbereitschaft versetzt. Darüber hinaus wurde ein schnell verlegbares Luftrettungszentrum des Sanitätsdienstes der Bundeswehr alarmiert. Die Korvette "Ludwigshafen am Rhein" nahm am Morgen von Zypern aus Kurs auf Beirut.

Satellitenbild zeigt einen gigantischen Krater da, wo sich im Hafen von Beirut eine gewaltige Explosion ereignet hatte. Der Hafen wurde fast vollständig zerstört.Bild: Planet Labs Inc.
Italien hat eine Einheit von Spezial-Feuerwehrleuten in die libanesische Hauptstadt entsendet. 14 Experten für die Bewertung chemischer und bakterieller Gefahren sowie für die Untersuchung beschädigter Strukturen starteten am Mittwoch von Pisa, wie der italienische Zivilschutz mitteilte. Zuvor habe der Libanon eine entsprechende Hilfsanfrage beim Europäischen Koordinationszentrum für Notfallreaktionen gestellt. Das Team werde mit einer Spezialausrüstung nach umweltschädigenden Substanzen suchen.
Am Mittwochabend traf
eine Maschine mit Hilfsgütern aus den Vereinigten Arabischen Emiraten
(VAE) ein. Dem Land fehlen unter anderem medizinische Güter. Nach
Angaben von Gesundheitsminister Hassan Hamad kamen am Dienstag
mindestens 135 Menschen ums Leben, etwa 5000 weitere wurden verletzt.
Unter den Trümmern werden weitere Vermisste vermutet.
Schiffs-Besitzer weist Verantwortung von sich
Rettungshelfer suchten weiter nach Überlebenden. Im Einsatz waren Armeesoldaten, Mitarbeiter des Roten Kreuzes und Freiwillige. Noch immer werden dem Roten Kreuz zufolge rund 100 Menschen vermisst. "Ich warte hier, ich bewege mich nicht weg", rief eine Frau in Nähe des abgesperrten Hafens. "Mein Bruder arbeitete im Hafen und ich habe von ihm nichts gehört, seitdem es die Explosion gab.
"Der frühere Besitzer des Frachtschiffs "Rhosus" wies jegliche Verantwortung zurück. Die libanesischen Behörden hätten der Besatzung 2013 die Weiterfahrt untersagt, die Ladung als gefährlich eingestuft und beschlagnahmt, sagte der russische Geschäftsmann Igor Gretschuschkin der Zeitung "Iswestija". Nach seiner Darstellung begründete der Libanon damals seine Entscheidung mit fehlenden Dokumenten. Zudem hätten die Behörden Bedenken beim Transport des Stoffes gehabt, sagte er. Er sei nach einer Strafzahlung bankrottgegangen und wisse nicht, wer anschließend für die "Rhosus" verantwortlich gewesen sei.
Ursache der Detonation ist noch unklar
Die heftige Detonation am Dienstag zerstörte große Teile des Hafens,
der für die Versorgung des Landes zentral ist. Beobachter warnen, die
Versorgungskrise in dem Land am Mittelmeer könnte sich weiter
verschärfen, da es stark von Importen abhängig ist. Die Detonation
zerstörte auch Getreidesilos im Hafen. Auch die umliegenden
Wohngebiete wurden stark beschädigt.
Der Libanon leidet seit Monaten ohnehin schon an einer schweren
Wirtschaftskrise, die große Teile der Bevölkerung in die Armut
getrieben hat. Präsident Aoun bat deshalb die internationale
Gemeinschaft um schnelle Hilfe für sein Land.
Die großen Schäden am Beiruter Hafen könnten sich nach UN-Angaben
auch auf die Lage vieler Menschen im benachbarten Bürgerkriegsland
Syrien auswirken. Der Hafen werde zum Umschlag von humanitären
Hilfsgütern für das Bürgerkriegsgebiet genutzt, sagte ein Sprecher am
Mittwoch in New York. "Dies wird unsere Fähigkeit zur Unterstützung
in Syrien beeinträchtigen."
Die Ursache der Detonation ist noch unklar. Sie steht möglicherweise
in Verbindung mit großen Mengen Ammoniumnitrat, die jahrelang im
Hafen ohne Sicherheitsvorkehrungen gelagert worden sein sollen.
Kritiker prangern Fahrlässigkeit an und sehen auch ein Versagen der
politischen Führung des Landes.
Die Chemikalie wird vor allem als
Düngemittel verwendet. Sie führte schon mehrmals zu tödlichen
Explosionen und wurde auch bei Anschlägen eingesetzt.
Macron reißt nach Beirut
Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron will an diesem
Donnerstag bei einem kurzfristig angesetzten Besuch in Beirut mit
führenden Politikern des Landes zusammenkommen. Unter ihnen sind laut
Medien Staatspräsident Michel Aoun und Regierungschef Hassan Diab.
Macron, der bisher in Südfrankreich Ferien macht, hatte bereits
unmittelbar nach der Katastrophe im Hafen von Beirut Unterstützung
zugesagt. In Frankreich, das als frühere Mandatsmacht immer noch eng
mit dem Libanon verbunden ist, löste die Katastrophe Trauer und
Entsetzen aus. Macron will nun nach eigenen Angaben eine "Botschaft
der Brüderlichkeit und der Solidarität der Franzosen" überbringen.
(pcl/dpa/AFP)
Ganz Amerika fieberte am Sonntag auf das Sportereignis des Jahres hin: den Super Bowl. Donald Trump, der selbst als erster amtierender Präsident das Event besuchte, hatte für den 9. Februar aber erstmal eine andere Sache im Kopf. Während er mit der Air Force One über den Golf von Mexiko flog, deklarierte er den Tag als "Golf von Amerika"-Tag.