Nach der verheerenden Explosion in Beirut mit mehr als 130 Toten und Tausenden Verletzten geht die Suche nach der Ursache der Detonation weiter. Eine Untersuchungskommission der Regierung soll dem Kabinett innerhalb von fünf Tagen einen ersten Bericht vorlegen.
Wie Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) am Donnerstag mitteilte, ist unter den Toten auch eine Mitarbeiterin der deutschen Botschaft in Beirut. Die Frau starb in ihrer Wohnung. Der Minister sprach der Familie sein Beileid aus.
Die Katastrophe löste eine Welle der Hilfsbereitschaft aus – so schickten mehrere Länder Rettungsmannschaften mit Spürhunden und Experten für die Bergung von Verschütteten.
Ein Team des Technischen Hilfswerks (THW) ist in der Nacht auf Donnerstag zu einem Hilfseinsatz in der libanesischen Hauptstadt abgeflogen. Die Maschine mit rund 50 THW-Helfern hob in der Nacht zum Donnerstag von Frankfurt am Main ab. Die Einsatzeinheit soll bei der Bergung von Verschütteten helfen. An Bord derselben Maschine befanden sich auch sieben Experten der Hilfsorganisation Isar Germany. Dabei handelte es sich um Ärzte sowie Fachleute für Gefahrgut.
Ein Erkundungsteam der Bundeswehr ist in die libanesische Hauptstadt Beirut abgeflogen. Die Maschine mit Experten des Sanitätswesens der Streitkräfte startete nach dpa-Informationen am späten Morgen auf dem Flughafen Köln/Wahn. Die Gruppe soll klären, wie die Bundeswehr nach der verheerenden Explosion im Hafen von Beirut helfen kann.
Die in Köln/Wahn stationierte "fliegende Intensivstation" der Bundes1wehr - ein Airbus A310 "MedEvac" für den Transport Schwerverletzter - wurde in erhöhte Einsatzbereitschaft versetzt. Darüber hinaus wurde ein schnell verlegbares Luftrettungszentrum des Sanitätsdienstes der Bundeswehr alarmiert. Die Korvette "Ludwigshafen am Rhein" nahm am Morgen von Zypern aus Kurs auf Beirut.
Italien hat eine Einheit von Spezial-Feuerwehrleuten in die libanesische Hauptstadt entsendet. 14 Experten für die Bewertung chemischer und bakterieller Gefahren sowie für die Untersuchung beschädigter Strukturen starteten am Mittwoch von Pisa, wie der italienische Zivilschutz mitteilte. Zuvor habe der Libanon eine entsprechende Hilfsanfrage beim Europäischen Koordinationszentrum für Notfallreaktionen gestellt. Das Team werde mit einer Spezialausrüstung nach umweltschädigenden Substanzen suchen.
Am Mittwochabend traf eine Maschine mit Hilfsgütern aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) ein. Dem Land fehlen unter anderem medizinische Güter. Nach Angaben von Gesundheitsminister Hassan Hamad kamen am Dienstag mindestens 135 Menschen ums Leben, etwa 5000 weitere wurden verletzt. Unter den Trümmern werden weitere Vermisste vermutet.
Rettungshelfer suchten weiter nach Überlebenden. Im Einsatz waren Armeesoldaten, Mitarbeiter des Roten Kreuzes und Freiwillige. Noch immer werden dem Roten Kreuz zufolge rund 100 Menschen vermisst. "Ich warte hier, ich bewege mich nicht weg", rief eine Frau in Nähe des abgesperrten Hafens. "Mein Bruder arbeitete im Hafen und ich habe von ihm nichts gehört, seitdem es die Explosion gab.
"Der frühere Besitzer des Frachtschiffs "Rhosus" wies jegliche Verantwortung zurück. Die libanesischen Behörden hätten der Besatzung 2013 die Weiterfahrt untersagt, die Ladung als gefährlich eingestuft und beschlagnahmt, sagte der russische Geschäftsmann Igor Gretschuschkin der Zeitung "Iswestija". Nach seiner Darstellung begründete der Libanon damals seine Entscheidung mit fehlenden Dokumenten. Zudem hätten die Behörden Bedenken beim Transport des Stoffes gehabt, sagte er. Er sei nach einer Strafzahlung bankrottgegangen und wisse nicht, wer anschließend für die "Rhosus" verantwortlich gewesen sei.
Die heftige Detonation am Dienstag zerstörte große Teile des Hafens, der für die Versorgung des Landes zentral ist. Beobachter warnen, die Versorgungskrise in dem Land am Mittelmeer könnte sich weiter verschärfen, da es stark von Importen abhängig ist. Die Detonation zerstörte auch Getreidesilos im Hafen. Auch die umliegenden Wohngebiete wurden stark beschädigt.
Der Libanon leidet seit Monaten ohnehin schon an einer schweren Wirtschaftskrise, die große Teile der Bevölkerung in die Armut getrieben hat. Präsident Aoun bat deshalb die internationale Gemeinschaft um schnelle Hilfe für sein Land.
Die großen Schäden am Beiruter Hafen könnten sich nach UN-Angaben auch auf die Lage vieler Menschen im benachbarten Bürgerkriegsland Syrien auswirken. Der Hafen werde zum Umschlag von humanitären Hilfsgütern für das Bürgerkriegsgebiet genutzt, sagte ein Sprecher am Mittwoch in New York. "Dies wird unsere Fähigkeit zur Unterstützung in Syrien beeinträchtigen."
Die Ursache der Detonation ist noch unklar. Sie steht möglicherweise in Verbindung mit großen Mengen Ammoniumnitrat, die jahrelang im Hafen ohne Sicherheitsvorkehrungen gelagert worden sein sollen. Kritiker prangern Fahrlässigkeit an und sehen auch ein Versagen der politischen Führung des Landes.
Die Chemikalie wird vor allem als Düngemittel verwendet. Sie führte schon mehrmals zu tödlichen Explosionen und wurde auch bei Anschlägen eingesetzt.
Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron will an diesem Donnerstag bei einem kurzfristig angesetzten Besuch in Beirut mit führenden Politikern des Landes zusammenkommen. Unter ihnen sind laut Medien Staatspräsident Michel Aoun und Regierungschef Hassan Diab.
Macron, der bisher in Südfrankreich Ferien macht, hatte bereits unmittelbar nach der Katastrophe im Hafen von Beirut Unterstützung zugesagt. In Frankreich, das als frühere Mandatsmacht immer noch eng mit dem Libanon verbunden ist, löste die Katastrophe Trauer und Entsetzen aus. Macron will nun nach eigenen Angaben eine "Botschaft der Brüderlichkeit und der Solidarität der Franzosen" überbringen.
(pcl/dpa/AFP)