Unternehmens-Vorstände zielen nicht hauptsächlich aufs Gemeinwohl ab. Sie beobachten den Zeitgeist und passen darauf ihre Strukturen an, oft mit minimalinvasiven Maßnahmen. Protestieren zum Beispiel viele gegen die WM in Katar, vor allem wegen der repressiven Politik gegen queere Personen, hauen sie Regenbogenflaggen in ihre Social-Media-Profile. Fordern viele mehr Frauen in Führungspositionen, folgt die Frauenquote.
Und wie wankelmütig die "moralisch" voranschreitende Industrie sein kann, hat sich direkt nach der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten gezeigt. Zuckerberg fordert mehr männliche Energie oder Aldi Süd und T-Mobile streichen Diversity-Programme. Auch Software-Unternehmen SAP reagiert auf den trumpschen Kulturkampf.
So hat das Unternehmen zentrale Elemente seiner Gleichstellungspolitik abgeschafft. In einer internen Mail, die zuerst dem "Handelsblatt" vorlag, heißt es, dass das 40-Prozent-Ziel für Frauen in der Belegschaft streichen will. Geschlechtervielfalt in der Führungsetage ist ebenfalls kein Thema mehr.
Auch das "Diversity & Inclusion Office", das für Diversitätsinitiativen verantwortlich ist, verliert seine Eigenständigkeit. Es wird mit dem Bereich Corporate Social Responsibility zusammengelegt. Zudem soll es Änderungen bei den Kriterien für die Vorstandsvergütung geben.
In der Mail erklärte SAP den Beschäftigten, dass eine "vielfältige Belegschaft und integrative Führung" für eine leistungsfähige Organisation zwar notwendig seien, diese aber als "global agierendes Unternehmen mit einer starken Präsenz in den USA" auf "externe Veränderungen", etwa auf "aktuelle gesetzliche Entwicklungen" reagieren müsse.
SAP erwirtschaftet 40 Prozent seines Profits in den USA. Die Entscheidung fußt natürlich auf reinem Opportunismus. Daraus lässt sich aber eine Lehre ziehen, denn offensichtlich ist es möglich, via politischer Weisung, auf Unternehmen einzuwirken.
Eine triviale Erkenntnis, doch sollten wir diese im Hinterkopf behalten, wenn Politiker:innen sagen, zu viele Regularien, etwa bezogen aufs Klima oder Arbeitsrecht, würden zur Abwanderung führen. Ein Staat hat durchaus mehr Wirkmacht als viele arbeitgebernahe Politiker:innen und Ökonom:innen nahelegen.