Russlands Propaganda-Maschinerie setzt bei den Jüngsten an.Bild: imago images / ZUMA Wire/ Artem Priakhin
International
Dass die Geschichtswahrnehmung – und damit verbunden: Ableitungen für die aktuelle Zeit – des russischen Machthabers Wladimir Putin in Teilen absurd ist, ist bekannt. Seit über zwei Jahren malträtiert er sein Nachbarland, die Ukraine. Seine Erklärung dafür: frühere Grenzen. Die Ukraine sei eigentlich russisch, ebenso ihre Bevölkerung.
Dass sowohl die Ukraine als auch Belarus und Russland ursprünglich zur Kiewer Rus gehörten: egal. Auch, dass die Ukraine im 16. Jahrhundert zum Königreich Polen gehörte – bis sie durch die Teilung Polens an Russland fiel. Bis zum Ersten Weltkrieg gehörte die Ukraine zum russischen Zarenreich.
Weil die Geschichte der Grenzverschiebungen so komplex ist – und Putin wohl seiner Geschichtsschreibung nichts entgegensetzen möchte – gibt es im Schulunterricht neues Lehrmaterial. Im September 2023 etwa wurde ein neues Geschichtsbuch eingeführt, das den Krieg in der Ukraine als Akt der Selbstverteidigung rechtfertigt.
Ein weiteres Beispiel, wie russische Propaganda in den Lehrplan integriert wird, ist ein ganzes Schulfach. Ab Herbst 2024 soll laut BBC das neue Fach "Grundlagen der Sicherheit und Verteidigung des Vaterlandes" dann bei den 15- bis 18-Jährigen für den Eintritt in die Armee werben. Brisant: Nicht nur in Russland, sondern auch in den besetzten Gebieten der Ukraine soll das neue Fach auf dem Lehrplan stehen.
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Unterrichtet werden soll das neue Fach wohl durch ehemalige Soldaten, die zu Lehrern umgeschult würden. Als Grundlage dient ein neues Schulbuch, das sich mit der Verteidigung des russischen Vaterlandes vor Ukraine und Nato beschäftigt. Geschrieben von Personen, die für das Verteidigungsministerium unter Sergei Schoigu arbeiten und anderen Kreml-nahen Autor:innen.
Armee-Bewerbung durch Link im Schulbuch
Gerühmt würden in dem Buch nicht nur die "heldenhaften" Taten der russischen Armee. Auch würde die Struktur der russischen Streitkräfte detailliert beschrieben – und Menschen ab 18 Jahren aktiv zum Wehrdienst aufgefordert. Link zum Bewerbungsformular inklusive. Beworben würden auch die Vorteile an der Mitgliedschaft in der Armee: kostenlose medizinische Versorgung, Krankenversicherung, drei Mahlzeiten am Tag und ein attraktives Gehalt.
Und auch zahlreiche Fake News haben laut BBC ihren Platz: So werde die rühmliche Geschichte seit dem 13. Jahrhundert beschrieben, der sowjetische Diktator Joseph Stalin glorifiziert oder vermittelt, dass die Nato und die Ukraine Russland provoziert hätten. Behauptet würde sogar, dass eine große Anzahl von ukrainischen Panzern an der Grenze zu Russland zusammengezogen wurde.
Zur Erinnerung: Im Februar 2022 zeigten Satellitenbilder Flugzeuge und Panzer. 110.000 russische Soldaten warteten an der Grenze zur Ukraine auf ihren Einsatz. Wenige Tage später überfiel Russland sein Nachbarland.
Die BBC zitiert aus der Online-Einführungsveranstaltung für Lehrer im Januar. Dort soll die Verlagsvertreterin Olga Plechova gesagt haben: "Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir alle wissen, wie wichtig es ist, unseren Schülern Informationen aus der Perspektive [Russlands] zu vermitteln." Und weiter:
"Wir können den Schülern keine alternativen Sichtweisen vermitteln. Dieses Lehrbuch wird Ihnen also helfen, auf die Fragen der Kinder einzugehen und bestimmte Ereignisse genau zu beschreiben."
Russland und das abgeschottete Nordkorea nähern sich politisch immer weiter an. Im Juni dieses Jahres besuchte der russische Machthaber Wladimir Putin Nordkorea. Es waren 24 Jahre seit seinem ersten Besuch vergangen.