Die Ukraine hat Probleme: Der Krieg ist festgefahren, die mit hohen Erwartungen verknüpfte Großoffensive bringt nicht die erwünschten Erfolge und das Wetter macht es den Soldat:innen schwer. Und noch etwas hakt. Die Ukraine hat zunehmend Schwierigkeiten, ihren Bedarf an Soldat:innen zu decken. Das Militär will 450.000 bis 500.000 Mann zusätzlich mobilisieren.
Von einer Wehrpflicht für Frauen will der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zu diesem Zeitpunkt noch nichts wissen. Vielmehr ziehen er und seine Regierung eine andere Gruppe in Betracht. CDU-Politiker Roderich Kiesewetter springt ihm zur Seite und stellt eine Forderung an die deutsche Bundesregierung.
Konkret hat das Verteidigungsministerium in Kiew an die vor dem Krieg geflüchteten Ukrainer:innen im Ausland appelliert, zurückzukehren und ihre Heimat zu verteidigen. Es gebe aber keine Pläne, Männer unter Druck aus dem Ausland zurückzuholen und einzuberufen.
CDU-Politiker Roderich Kiesewetter fordert nun von der Bundesregierung, der Ukraine zu helfen, geflüchtete Ukrainer für den Wehr- und Heimatschutzdienst zu rekrutieren. Der Verteidigungspolitiker erklärt im Deutschlandfunk, wenn sich wehrfähige Männer der Unterstützung ihrer Heimat entzögen, könne man das nicht gutheißen.
Kiesewetter schlug vor, dafür zu werben, dass diese Männer in der Ukraine im Heimatschutz eingesetzt werden könnten, wenn sie nicht an die Front wollten. Er sagt:
Justizminister Marco Buschmann (FDP) allerdings erteilt dem Vorschlag direkt eine Absage. "Dass wir nun Menschen gegen ihren Willen zu einer Wehrpflicht oder zu einem Kriegsdienst zwingen, das wird nicht der Fall sein", sagt er der Nachrichtenagentur dpa.
Es sei gut, dass die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in einem unkomplizierten Verfahren in Deutschland aufgenommen worden seien und die Möglichkeit zu arbeiten erhalten hätten. "Wir bemühen uns ja darum, dass mehr Menschen aus der Ukraine in Arbeit kommen und weniger am Ende vom Bürgergeld leben", fügt er an.
Seit Monaten fordern die Kommandeur:innen der ukrainischen Armee von Präsident Selenskyj mehr Personal für die Front. "Die Frage der Mobilisierung ist eine sehr sensible", erklärt Selenskyj bei einer Pressekonferenz. Von einem Bedarf von 450.000 bis 500.000 zusätzlichen Soldaten ist die Rede. Aber neben den Kosten, die laut Selenskyj bei etwa 500 Milliarden Hrywnja (12,2 Milliarden Euro) liegen und erst noch aufgebracht werden müssen, gibt es auch ein Motivationsproblem.
Zu Tausenden versuchen Männer, sich dem Kriegsdienst durch Flucht ins Ausland zu entziehen. Die Kontrollen an den Grenzen sind streng, Beamte durchsuchen Autos und reißen Verkleidungen in Zügen auf. Immer wieder werden auch an der grünen Grenze Männer aufgegriffen. Bekannt sind zudem viele Fälle, in denen sich Wehrpflichtige in Musterungsstellen mit Schmiergeldern vom Dienst freikaufen.
Sichtbar wird die verzweifelte Suche nach neuen Soldaten auf Märkten, in Einkaufszentren, Restaurants, Fitnessstudios oder in Kurbädern. Oft rücken teils schwerbewaffnete Militärs an und versuchen, Männer zur Musterung mitzunehmen. Zwar sagte Selenskyj in diesem Jahr bei der EU in Brüssel: "Wir können nicht wie Russland jemanden mit Knüppeln in den Krieg jagen."
Doch schon da machten Videos die Runde, auf denen zu sehen war, wie kriegsunwillige Männer verprügelt und mit Gewalt in die Kreiswehrersatzämter gebracht wurden. Nach Berichten über miserable Einberufungsziffern, systematischen Freikauf vom Wehrdienst und korrupte Chefs der Einberufungsstellen entließ Selenskyj im August alle Regionalchefs der Kreiswehrersatzämter. Doch die Mobilisierungszahlen brachen noch weiter ein.
(Mit Material der dpa)