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Istanbul-Wahl: 5 Dinge, die ihr wissen solltet

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Bild: iStockphoto / imago / watson-montage
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5 Dinge, die ihr über die Istanbul-Wahl heute wissen solltet

23.06.2019, 08:53
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Rund sieben Wochen nach der Annullierung der Bürgermeisterwahl in Istanbul stimmen die Menschen der türkischen Millionenmetropole am Sonntag erneut ab.

Die Wahl gilt als Test für den Zustand der Demokratie im Land. Und als Signal dafür, wie stark der Rückhalt von Präsident Recep Tayyip Erdogan in der türkischen Bevölkerung ist.

Wir erklären euch, was ihr über die Wahl in Istanbul wissen müsst.

Warum wird wieder gewählt?

Die erste Abstimmung hatte der Kandidat der Mitte-Links-Partei CHP, Ekrem Imamoglu, gewonnen. Eine herbe Niederlage für den ehemaligen Ministerpräsidenten Binali Yildirim, der für die islamisch-konservative Regierungspartei AKP antrat – und für Erdogan, dessen politische Karriere in Istanbul als Bürgermeister begann. 13.000 Stimmen lag Imamoglu vor Yildirim.

Wegen angeblicher Regelwidrigkeiten beantragte Erdogan allerdings die Annullierung der Wahl – und bekam recht. Die Menschen in Istanbul waren empört, auch international hagelte es Kritik an der türkischen Regierung.

Warum ist die Wahl so bedeutend?

Der Posten in Istanbul ist der wichtigste Bürgermeisterposten im Land. In Istanbul leben mit rund 16 Millionen Menschen fast 20 Prozent aller Türken. Die Stadt generiert Experten zufolge ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts und rund 40 Prozent aller Steuereinnahmen. Das Budget ist milliardenschwer.

Seit 25 Jahren war Istanbul zudem von islamisch-konservativen Bürgermeistern regiert worden. Eine Niederlage der AKP wäre ein Gesichtsverlust für die Partei und für Erdogan, der selbst einst Bürgermeister von Istanbul war.

Wie ist die Stimmung vor der Wahl?

Der bis vor wenigen Wochen unbekannte Oppositionspolitiker Imamoglu ist nun ein Shootingstar der türkischen Politik.

Ekrem Imamoglu, the mayoral candidate of the opposition Republican People s Party, tours Bosphorus of Istanbul from Uskudar to Besiktas district one day before the rerun of Istanbul s elections, 22nd  ...
Bild: www.imago-images.de / Kemal Aslan

Die türkische Regierung versuchte, ihn als "Crypto-Griechen" zu diffamieren. Die beiden Türkei-Experten Merve Tahiroglu und Aykan Erdemir berichten in einem Text für "Open Democracy":

"Anstelle eines isolierten Vorfalls hat sich die Verleumdung zu einer Polemik entwickelt, die im Wahlkampf in den Vordergrund gerückt ist."

Was sagen die Umfragen?

Imamoglu hat dennoch beste Chancen, ein weiteres Mal zu gewinnen. In den Umfragen konnte er seinen Vorsprung weiter ausbauen. "Selbst interne Umfragen der AKP sehen ihn inzwischen mindestens vier Prozentpunkte vor Yildirim", berichtet "Spiegel Online".

Das Interesse an der Wahl ist enorm. Zehntausende Menschen kehrten kurz vor der Abstimmung eigens aus dem Urlaub zurück. Die Wahlbeteiligung in der Türkei ist immer hoch, aber die Neuwahl des Bürgermeisters fällt in die Sommerferien und viele Istanbuler fahren dann zu Verwandten aufs Land oder an die Strände. Wählen dürfen sie nur daheim.

Was könnte ein Wahlsieg für die Opposition bedeuten?

Die Opposition in der Türkei war lange zersplittert. Jede Partei verfolgte ihre eigenen Interessen. Das ist nun vorbei. Auch die kurdische Partei HDP etwa erklärte, an diesem Sonntag Imamoglu zu unterstützen.

Sollte er gewinnen, wäre es ein bedeutendes Zeichen für die Opposition: Ein demokratischer Machtwechsel wäre – trotz aller Widerstände – möglich.

Erdogan könnte sich aber noch einmal dafür entscheiden, die Wahl nicht anzuerkennen, sollte er sie verlieren. Dann dürfte es einmal mehr massive Proteste geben. Und wohl nicht nur in Istanbul.

(ll/mit dpa)

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