International
26.08.2018, 08:3926.08.2018, 12:36
Matteo Salvini lebt von der Provokation. Doch im Fall des Schiffes "Diciotti" ist der rechte Innenminister Italiens zu weit gegangen.
Das meint zumindest die Justiz und ermittelt gegen ihn. Die Regierung
gießt im Migrationsstreit mit der EU dennoch neues Öl ins Feuer.
Die Ermittler werfen dem Vize-Premierminister und Chef der
fremdenfeindlichen Lega, Salvini, Amtsmissbrauch und Freiheitsberaubung vor. Das berichten die Nachrichtenagenturen Ansa und ADN Kronos. Für die Migranten auf dem Schiff fand sich
derweil eine Lösung, sie dürfen im Hafen von Catania an Land.
Die Zustände auf dem Schiff waren zuletzt dramatisch:
Salvini bestätigte ein Verfahren gegen ihn.
- Er hatte angeordnet, die
Mitte August im Mittelmeer geborgenen Menschen erst von Bord gehen zu
lassen, sobald sich andere europäische Staaten zur Aufnahme einiger
Migranten bereit erklären.
- Nach tagelangem vergeblichen Tauziehen mit
anderen EU-Staaten sagten nun Albanien, Irland und die katholische
Kirche in Italien zu, die verbliebenen rund 140 Migranten
aufzunehmen.
- Diese hatten seit Donnerstag vor einer Woche auf dem
Schiff der italienischen Küstenwache ausgeharrt.
Salvini kritisierte die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Agrigent
gegen ihn scharf:
"Es ist unglaublich, in einem Land zu leben, in dem
vor zehn Tagen eine Brücke eingestürzt ist, unter der 43 Menschen
gestorben sind, und es keinen gibt, gegen den ermittelt wird. Und sie
ermitteln gegen einen Minister, der die Grenzen des Landes
verteidigt. Es ist eine Schande."
Bei einem Auftritt vor applaudierender Menge fuhr
er fort: "Ihr habt eine Regierung, die die italienischen Bürger bis
zum Ende verteidigen wird."
So reagiert die EU auf die Krise um die "Diciotti"
Um den Großteil der Migranten an Bord – nämlich 100 –kümmere sich
die italienische Bischofskonferenz, teilte die Regierung in Rom mit.
Albanien und Irland – letzteres besucht derzeit Papst Franziskus – nehmen demnach mindestens jeweils 20 Menschen auf.
Die Europäische Union forderte derweil eine langfristige Lösung der
Migrationsfrage. EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos sagte, er
begrüße, dass eine Lösung gefunden worden sei und die Migranten nun
von Bord gehen könnten, um behandelt zu werden. Das sei dank der
Solidarität über Grenzen und Länder hinweg möglich gewesen. "Aber wir
können nicht immer auf diese Art von Gefälligkeits-Solidarität
warten. Wir müssen strukturelle Maßnahmen haben."
Italiens harter Anti-Migrations-Kurs und seine Folgen
Seit Antritt der Regierung aus Lega und Fünf-Sterne-Bewegung vor gut
drei Monaten fährt Italien einen harten Anti-Migrationskurs und macht
Druck auf die EU.
Premierminister Giuseppe Conte erklärte:
"Diese Regierung steht für eine rigorose und
kohärente Migrationspolitik, überlässt die Menschen, die in
Lebensgefahr oder kritischem Zustand sind, aber nicht sich selbst",
- Erst wurden zivilen Rettungsschiffen mit geretteten Migranten an Bord
die Einfahrt in Häfen verwehrt
- Dann wurden auch Militär- oder
Handelsschiffe teils tagelang im Mittelmeer blockiert.
Immer wieder
aufs Neue handelte Italien wie auch Malta mit einigen EU-Staaten wie
Deutschland Lösungen aus. Doch im Fall der "Diciotti" blieben die
Fronten verhärtet. Ein Treffen mit Vertretern von zwölf
Mitgliedsstaaten am Freitag in Brüssel endete ergebnislos.
Italien droht nun deshalb, die Verhandlungen um den neuen
EU-Haushaltsentwurf zu blockieren.
Nachdem es auf EU-Ebene bisher
keine Lösung für die Verteilung von Flüchtlingen gegeben habe, prüfe
man, ein Veto in den laufenden Verhandlungen einzulegen, erklärte
Premierminister Conte.
Derzeit wird in der EU der Haushaltsrahmen für
die Jahre 2021-27 diskutiert. Dieser muss von allen Mitgliedsstaaten
gebilligt werden. "Italien nimmt zur Kenntnis, dass sich der 'Geist
der Solidarität' kaum in konkrete Taten übersetzt", teilte Conte mit. "Wir können uns nicht mit einem gemeinsamen Wirtschaftsraum zufrieden
geben."
(mbi/dpa)
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