In zweieinhalb Wochen, am 8. November 2022, bestimmen die USA ihre politische Fahrtrichtung der nächsten zwei Jahre. Ein Drittel des Senats (35 der 100 Senatoren) und sämtliche 435 Mitglieder des Repräsentantenhauses stehen zur Wahl. Gleichzeitig werden die Gouverneure in 36 Staaten und drei Teilgebieten gewählt.
Aktuell hält die Demokratische Partei von Präsident Biden sowohl im Senat als auch im Repräsentantenhaus eine (hauchdünne) Mehrheit. Auf dem Papier liegen sie im Senat zwar mit 48 gegen 50 Mandaten im Hintertreffen. Dank der beiden unabhängigen Mitglieder, die dem demokratischen Lager zugerechnet werden, und der Stimme der Senatsvorsitzenden, Vize-Präsidentin Kamala Harris, halten sie faktisch eine 51:50 Mehrheit.
Im Repräsentantenhaus geht es etwas weniger knapp zu: Das aktuelle Sitzverhältnis beträgt 221 zu 212. Bei den Zwischenwahlen, den Midterms, ist aber traditionell die Oppositionspartei im Vorteil – vor allem, wenn die Zustimmungsrate des Präsidenten so gering ist wie aktuell bei Joe Biden.
Umfrageguru Nate Silver prognostiziert auf seiner Webseite fivethirtyeight.com aktuell einen Sieg der Demokraten. Die Chancen dafür stünden 3:2. "Politico" wagt aktuell keine Prognose. Das Rennen um den Senat entscheide sich in den Staaten Wisconsin, Pennsylvania, Georgia und Nevada.
Auch CNN lehnt sich nicht zu weit aus dem Fenster: 48 Mandate für die Demokraten und 49 für die Republikaner seien wahrscheinlich. Die verbliebenen drei entscheiden am Ende über die Mehrheit.
Eine etwas andere Prognose wagt Nate Silver bei den Vollwahlen des Repräsentantenhauses. Dort stehen die Chancen für die Republikaner laut Modellrechnungen deutlich besser. In 75 von 100 Fällen gewinnt die "GOP" mehr Sitze als die Demokraten. Auch für "Politico" ist der Fall klarer. Es sei "wahrscheinlich", dass die Republikaner eine Mehrheit eroberten. CNN schließt sich dieser Beurteilung an. Von den stark umkämpften 19 Sitzen müssten mindestens 13 an die Demokraten gehen, um die Mehrheit zu verteidigen.
Nachdem es vor Monaten nach einem Erdrutschsieg der Republikaner ausgesehen hatte, konnten die Demokraten nach der Aufhebung des Abtreibungsurteils von Roe vs. Wade Boden gutmachen. Dieser Schwung ist gebremst worden. Laut Umfragen von "Morning Consult" und "New York Times" dominieren nun Wirtschaftsthemen den Wahlkampf. Sie werden von 80 Prozent aller Amerikaner als "sehr wichtig" taxiert. Abtreibungsrechte erhalten dieselbe Bewertung nur von der Hälfte der Bevölkerung.
Das Pendel schlägt vor allem bei der wichtigen Wählerinnengruppe ohne Parteipräferenz zurück. Noch im September tendierte diese Gruppe mit über 14 Prozentpunkten Vorsprung zum demokratischen Lager – vor allem aufgrund der Abtreibungsfrage. Laut der jüngsten Umfrage der "New York Times" bevorzugen keiner Partei nahestehende Wählerinnen, neu aber die Republikaner – und das mit satten 18 Prozentpunkten Vorsprung. Auch hier: Die Sorge um die amerikanische Wirtschaft und die Inflation werden dabei als treibende Kräfte dargestellt.