US-Präsident Donald Trump kenne "19 oder 20 Namen" für das Virus.Bild: ap / Patrick Semansky
International
Trotz Rassismus-Vorwürfen hält
US-Präsident Donald Trump an seiner Bezeichnung "Kung Flu" für das
Coronavirus fest – während die Neuinfektionen in den USA bei Experten
die Alarmglocken schrillen lassen. Trump sagte am Dienstag (Ortszeit)
bei einem Auftritt vor Anhängern in Phoenix (Arizona), er kenne "19
oder 20 Namen" für das Virus, das zunächst in China festgestellt
worden war und sich dann über die Welt verbreitete. "Es gab noch nie
etwas, wofür es so viele Namen gab", sagte Trump.
Als aus dem Publikum in Phoenix "Kung Flu"-Rufe ertönten, sagte
der Präsident: "Kung Flu, ja, Kung Flu." Daraufhin bekam er tosenden
Applaus. In den USA steigen die Zahlen der Neuinfektionen durch das
Virus in zahlreichen US-Bundesstaaten an. Trump hat das Coronavirus
entgegen der Einschätzung von Experten wiederholt mit einer Grippe
verglichen – auf Englisch "Flu".
Trump hatte erstmals am Samstag bei einer Wahlkampf-Kundgebung in
Tulsa (Oklahoma) gesagt, er kenne für das "chinesische Virus"
verschiedene Namen, darunter "Kung Flu". Er sah sich daraufhin
Rassismus-Vorwürfen ausgesetzt, denen das Weiße Haus widersprach.
Sprecherin Kayleigh McEnany sagte vor Trumps Auftritt in Arizona,
Trump habe nur auf die Herkunft des Virus aufmerksam machen wollen.
Top US-Virologe in Sorge
Der führende US-Immunologe in der Corona-Krise, Anthony Fauci,
zeigte sich besorgt über die deutlich zunehmenden Fallzahlen von
Coronavirus-Infektionen in mehreren US-Bundesstaaten. Fauci sprach
bei einer Anhörung im Repräsentantenhaus von einem "beunruhigenden
Anstieg von Infektionen" in Florida, Texas, Arizona und anderen
Bundesstaaten. Die nächsten Wochen seien entscheidend dafür, diesem
Anstieg entgegenzuwirken, sagte er.
Rund die Hälfte der US-Bundesstaaten verzeichnen eine Zunahme von
Fällen. Trump spielte den jüngsten Anstieg bekannter
Coronavirus-Infektionen in den USA am Dienstag erneut herunter.
"Wenn
wir mehr testen, finden wir mehr Fälle", sagte er. "Testen ist ein
zweischneidiges Schwert." Die USA hätten 27.5 Millionen Tests
durchgeführt, mehr als jedes andere Land.
Trump hatte bereits bei der Kundgebung am Samstag gesagt:
"Wenn man in diesem Ausmaß testet, wird man mehr Menschen finden, man wird mehr Fälle finden, also habe ich meinen Leuten gesagt: "Verlangsamt bitte die Tests."
Aus dem Weißen Haus hieß es anschließend, Trump
habe "offensichtlich gescherzt".
Der Präsident sagte am Dienstag, als er auf seine Aussage
angesprochen wurde: "Ich scherze nicht." Fauci betonte am Dienstag,
niemand aus der Coronavirus-Arbeitsgruppe des Weißen Hauses sei
jemals angewiesen worden, Tests zu verlangsamen. "Das Gegenteil ist
der Fall. Wer werden mehr testen, nicht weniger."
Trump wirbt für eine rasche Wiedereröffnung der Wirtschaft und
will – wohl auch mit Blick auf die Wahl im November – eine möglichst
rasche Rückkehr zur Normalität. Seiner Darstellung zufolge ist das
Coronavirus dabei, nach und nach aus den USA zu verschwinden.
Experten anderer Meinung als Trump
Die meisten renommierten Experten lehnen Trumps Erklärung ab,
wonach die Zunahme der Infektionen vor allem auf eine Zunahme von
Tests zurückzuführen sein soll. Sie machen vorrangig die Lockerung
von Corona-Beschränkungen verantwortlich. Die täglich neu
registrierten Fälle in den USA liegen wieder bei rund 30 000 – das
ist nur etwas weniger als zum Höhepunkt der Krise im April. Der
Gouverneur von Texas, der Republikaner Greg Abbott, forderte die
Bürger angesichts eines Rekordwertes an Neuinfektionen innerhalb
eines Tages auf, zu Hause zu bleiben – Wochen nachdem sein
Bundesstaat als einer der ersten Schutzmaßnahmen gelockert hatte.
Die Vereinigten Staaten sind das Land mit den meisten
nachgewiesenen Coronavirus-Infektionen weltweit. Mehr als 2,3
Millionen Fälle wurden seit Beginn der Pandemie verzeichnet. Mehr als
120 000 Menschen starben nach einer Infektion mit dem Erreger
Sars-CoV-2.
Trumps Veranstaltung in Phoenix war vom Weißen Haus als Ansprache
des Präsidenten "an junge Amerikaner" angekündigt gewesen.
Tatsächlich war es ein kaum verkappter Wahlkampf-Auftritt, bei dem
Trumps Anhänger dicht an dicht und größtenteils ohne Schutzmasken im
Zuschauerraum saßen. Trump hatte am Samstag in Tulsa (Oklahoma) eine
Schlappe erlitten, weil bei der Kundgebung zu seinem angestrebten
Neustart seines Wahlkampfs in der Corona-Krise Tausende Plätze in der
Arena leer geblieben waren. Im November stehen in den USA
Präsidentschaftswahlen an.
Trump ist nicht nur wegen der Corona-Krise, sondern auch wegen
des Todes des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen
Polizeieinsatz in Minneapolis am 25. Mai unter Druck. Trump hat den
Tod Floyds mehrfach verurteilt und das Recht auf friedliche
Demonstrationen betont. Ihm wird jedoch vorgeworfen, sich nicht klar
gegen Rassismus zu positionieren und zu wenig Verständnis für den
Zorn über Diskriminierung und Ungerechtigkeit zu zeigen.
(lin/dpa)
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