Russische Wehrpflichtige stehen während einer Verabschiedungsveranstaltung in einer Reihe – nicht überall im Land werden sie offenbar als Helden gefeiert. Bild: AP / Dmitri Lovetsky
International
Zwei Männer in Uniform sitzen nebeneinander. Ihre Blick sind nach unten gerichtet. Sie wirken enttäuscht, beinahe wütend.
Die Soldaten unterhalten sich mit dem bekannten russischen Blogger War Gonzo. Sein bürgerlicher Name lautet Semjon Pegow. Mit seinen Inhalten füttert er die Propagandamaschinerie des Kreml. Doch dieses Interview verlief wohl nicht ganz nach seinen Vorstellungen.
Die Soldaten beschweren sich darüber, wie sie teilweise in Moskau von ihren Mitbürger:innen behandelt werden.
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Moskauer haben offenbar wenig Respekt für russische Soldaten
In Nowosibirsk begegnen die Menschen "Leuten wie uns" mit Respekt, meint einer der Männer. Nowosibirsk ist eine Stadt in Sibirien, im Süden Russlands. Ganz anders sei das allerdings in Moskau. "Was sehr traurig ist", führt er aus. Sein Kamerad stimmt zu und berichtet von einem Beispiel.
"Wenn man in der Metro sitzt, rücken die Menschen von einem weg mit den Worten: 'Bah, Mörder'", erzählt er aus eigener Erfahrung. Man steige in die Metro ein und die Leute würden ihn anstarren aufgrund seiner Uniform. Dabei rechtfertigt er sich, dass er nicht "freiwillig" in den Krieg gegangen sei. Er folgte den Anweisungen der russischen Behörden.
"Ich lief nicht davon oder habe mich versteckt, wie ihr", führt er aus. Und meint damit die Moskauer:innen, die sich seiner Meinung nach ohnehin für etwas Besseres halten. Er aber habe sich wie ein gesetzestreuer Bürger verhalten. Aber wenn er etwa an Feiertagen Moskau besuche, zeige man mit dem Finger auf ihn.
Aus Angst, für die Armee eingezogen zu werden, haben Hunderttausende Russen damals ihr Land etwa in Richtung Georgien, die Türkei oder Zentralasien verlassen. Darunter auch Roman Porekhov aus Moskau.
Russe aus Moskau flüchtete damals vor Mobilmachung
Porekhov teilte damals seine Geschichte mit watson. Aus Schutz für ihn und seine Familie änderte die Redaktion seinen Namen.
Er sagte:
"Ich will nicht in den unfairen Krieg ziehen, den ich nie unterstützt habe. Ich will keine Ukrainer töten. Oder von ihrer Artillerie getötet werden. Doch wenn ich mich weigere, lande ich im Gefängnis."
Die Russen, die mit ihm nach Zentralasien geflüchtet waren, beschrieb er als: gut ausgebildet, gut bezahlt, anti-Putin, anti-Krieg, liberal. Doch vor allem hatten sie die finanziellen Mittel, das Land zu verlassen.
Seiner Erfahrung nach hatte er die Kriegssymbole "Z" und "V" in Moskau allerdings nur selten als Sticker auf Autos gesehen. Beide Zeichen stehen für die Befürwortung des brutalen Angriffskrieges in der Ukraine.
Laut ihm ist die Unterstützung für Putin vor allem in den ländlichen Gebieten verbreitet. Daher ist wohl die Schilderungen der beiden russischen Soldaten über ihre Erfahrung in Moskau nicht verwunderlich.
Mehr als zweieinhalb Jahre nach Wladimir Putins Ankündigung, Kiew innerhalb weniger Tage einzunehmen, setzt sich das Töten, Sterben und Verwunden an der ukrainischen Front ungebremst fort. Den gefährlichen Kampfeinsatz versüßt der russische Machthaber seinen Soldaten mit stetig steigenden Solden.