
Eine Krankenstation in einem Hospital in Wuhan. Bild: reuters
International
Es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis das Coronavirus Europa erreicht. Nun ist die von dem Erreger ausgelöst Lungenkrankheit erstmals in der EU aufgetreten. Derweil steigt die Zahl der Todesopfer und Infizierten in China rasant an.
25.01.2020, 11:5525.01.2020, 12:19
Das aus China stammende Coronavirus lässt immer
mehr Menschen an einer neuen Lungenkrankheit sterben und hat
inzwischen auch Europa erreicht. Das chinesische Staatsfernsehen
berichtete am Samstag über mittlerweile 41 Todesopfer und knapp 1300
Infizierte in der Volksrepublik – rund ein Drittel mehr als noch am
Vortag. Inzwischen gibt es auch in Frankreich als erstem Land der EU
bestätigte Infektionen.
Coronavirus in Frankreich
Drei Patienten befinden sich in Frankreich derzeit unter Quarantäne
im Krankenhaus, wie das französische Gesundheitsministerium
mitteilte. Ein Fall trat demnach in Bordeaux auf, die anderen beiden
Lungenerkrankungen wurden in Paris diagnostiziert. Alle Patienten
hätten sich zuvor in China aufgehalten, hieß es. Jeder, der in engem
Kontakt mit den drei Infizierten stand, solle überprüft werden. Die
Regierung werde alles unternehmen, um eine Ausbreitung des Erregers
einzudämmen, sagte Gesundheitsministerin Agnès Buzyn. "Wir müssen
eine Epidemie behandeln wie einen Flächenbrand."
In Bordeaux handelt es sich den Angaben zufolge um einen 48-jährigen
Mann, der über Wuhan aus China zurückgekehrt war. In der chinesischen
Millionenmetropole waren Anfang des Jahres die ersten Fälle der neuen
Lungenkrankheit aufgetreten.
Auch Australien mittlerweile betroffen
Bestätigte Fälle wurden zuletzt auch aus anderen asiatischen Ländern
wie Japan, Thailand, Vietnam, Singapur und Taiwan gemeldet. Aus den
US-Großstädten Seattle und Chicago wurde bis Freitag jeweils eine
Erkrankung gemeldet. Am Samstag bestätigte dann auch Australien einen
Fall der vom neuen Coronavirus ausgelösten Lungenkrankheit: Der
Erreger sei bei einem Chinesen nachgewiesen worden, der vergangene
Woche aus China nach Melbourne gereist und zuvor in Wuhan gewesen
sei, sagte Gesundheitsministerin Jenny Mikakos.
Frankreichs Gesundheitsministerin Buzyn rief zur Achtsamkeit auf und
appellierte an alle aus China zurückkehrenden Reisenden, genau darauf
zu achten, ob sie Lungenprobleme oder Fieber bekämen. Im Fall der
Fälle sollten sie unter keinen Umständen einen Arzt oder Notdienst
aufsuchen, sondern den Notdienst kontaktieren. Dieser würde die
Betroffenen zu Hause abholen und direkt ins Krankenhaus bringen.
Buzyn schloss bereits am frühen Abend nicht aus, dass es noch weitere
Fälle geben könnte. Die bisher Erkrankten seien aufgrund der
effektiven Schnelltests zügig identifiziert worden. Man werde nun
täglich über die laufenden Entwicklungen informieren. Frankreichs
Außenministerium erklärte, in Wuhan werde ein Busdienst eingerichtet,
mit dem französische Staatsbürger die Großstadt verlassen könnten.
Zum Schutz vor dem Coronavirus
Um die Ausbreitung des Virus zu bremsen, hat China den 43 Millionen
Bewohnern von zwölf Städten in der schwer betroffenen Provinz Hubei
drastische Restriktionen auferlegt. Nah- und Fernverkehr wurden
gestoppt, Ausfallstraßen gesperrt, zudem sollen in der Öffentlichkeit
Schutzmasken getragen werden. In Wuhan gibt es besonders viele
Infektionen, weil das Virus dort – vermutlich auf einem Markt – von
einer Wildtierart auf den Menschen übersprang.
Die USA kündigten an, das Personal ihres Generalkonsulats und deren
Familien aus Wuhan abzuziehen. Die Anordnung erfolge wegen der
Ausbreitung des Coronavirus, der logistischen Probleme durch
Verkehrseinschränkungen und der "überwältigten Krankenhäuser" der
Stadt, sagte ein Botschaftssprecher.
US-Präsident Donald Trump bescheinigte den Behörden der Volksrepublik
großes Engagement im Kampf gegen die Verbreitung des Erregers: "China
hat sehr hart daran gearbeitet, das Coronavirus einzudämmen. Die
Vereinigten Staaten schätzen die Bemühungen und Transparenz sehr",
schrieb er auf Twitter. Es werde sich alles gut entwickeln.
Der Präsident des Robert Koch-Instituts relativierte die
länderübergreifende Gefahr durch das neue Virus. "Außerhalb Chinas
gibt es bisher keine großen Infektionsketten", sagte Lothar Wieler am
Freitagabend im "Heute Journal" des ZDF. Allerdings betonte der
Mikrobiologe, man könne die Schwere der dadurch verursachten
Erkrankung noch nicht genau beurteilen. "Wir haben keine
vollständigen Informationen", sagte Wieler.
Ähnlichkeiten zu Sars
Die weltweiten Vorsichtsmaßnahmen begründete er unter anderem damit,
dass der neue Erreger dem Sars-Virus genetisch sehr ähnlich sei und
über die Atemwege verbreitet werde. An Sars (Schweres Akutes
Atemwegssyndrom) waren 2002/2003 etwa 800 Menschen gestorben. "Die
Schwere, die Krankheitslast der Grippe ist schwerer", sagte Wieler.
Politiker forderten Behörden und Kliniken in Deutschland auf, sich
für eine Ausbreitung des Coronavirus auch hierzulande einzustellen.
"Wichtig ist, dass deutsche Kliniken sich bereits jetzt darauf vorbereiten, solche Patienten behandeln zu können".
Erwin Rüdel (CDU, Vorsitzende des Bundestags-Gesundheitsausschusses
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte
der "Rheinischen Post", derzeit seien Fiebermessungen bei China-Reisenden auf
deutschen Flughäfen zwar noch nicht sinnvoll. "Grundsätzlich sollte
aber ein solcher Einsatz der Messungen vorbereitet werden", empfahl
Lauterbach. Denn das könne "in den nächsten Wochen notwendig werden".
Mehr Fälle als bekannt?
Ärzte in Wuhan äußerten den Verdacht, dass sich dort schon wesentlich
mehr Menschen angesteckt haben dürften als offiziell angegeben. Auch
sei offenkundig weitaus mehr Krankenhauspersonal betroffen als jene
15 Beschäftigten, von denen bislang offiziell die Rede sei. "Es
lassen sich infizierte Krankenhausmitarbeiter in fast allen größeren
Krankenhäusern in Wuhan finden", sagte ein Arzt der Hongkonger
Zeitung "South China Morning Post".
Chinesische Staatsmedien berichteten, in der elf Millionen Einwohner
zählenden Provinzhauptstadt Wuhan werde ein neues Krankenhaus mit
1000 Betten errichtet – in nur sechs Tagen. Der Gebäudekomplex wird
demnach aus vorproduzierten Bauteilen zusammengesetzt. Das
Krankenhaus soll Anfang Februar die ersten Patienten aufnehmen.
(dpa/lin)
Eines der größten "Was wäre, wenn"-Szenarios der aktuellen Stunde ist hierzulande eine direkte Beteiligung Deutschlands am Ukraine-Krieg. Folgt dann die große Mobilmachung? Müssen alle mitkämpfen? Ist der Kampf, das Töten und Sterben, überhaupt sinnvoll?