Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) beendet am Freitag ihre diplomatische Mission. Eine Woche lang reiste sie in den Nahen Osten und Südostasien. In Anbetracht der verfahrenen Lage in Israel und dem Gazastreifen versuchte die Politikerin, vor allem in Nahost, Einfluss zu nehmen.
Dabei wagte sich Baerbock ins Geschehen: Sie traf sich mit Angehörigen verschleppter israelischer Geiseln genauso wie mit leidenden Palästinenser:innen. Aber auch mit evakuierten Israelis aus dem Grenzgebiet zum Libanon und mit Ärzt:innen und Notfallhelfer:innen im ägyptischen Grenzgebiet.
Und natürlich mit den politischen Akteur:innen. Dabei scheute sie sich auch nicht, Kritik zu üben. Forderte etwa, dass sich die humanitäre Situation im Gazastreifen verbessern müsse.
Doch die Bilanz ist dünn. Details zu Gesprächen mit Politiker:innen der Regionen drangen kaum an die Öffentlichkeit. Das hat einen Grund, wie die Nahost-Expertin Kristin Helberg zu verstehen gibt. Sie fällt ein vernichtendes Urteil über Baerbock und die Bundesregierung.
Es war die vierte Reise von Baerbock in den Nahen Osten seit Beginn des Krieges zwischen Israel und der terroristisch organisierten Hamas. Dabei machte sie sich ein umfassendes Bild vor Ort und sprach nicht nur mit offiziellen Vertreter:innen, sondern eben auch immer wieder mit den Menschen vor Ort.
Wie die Nahost-Expertin Helberg im Deutschlandfunk (DLF) sagt, zeige das deutlich Baerbocks Art, Außenpolitik zu betreiben:
Allerdings sei es bedauerlich, dass es in diesem Fall nicht viel gebracht habe. "Sie hat eigentlich von ihren Zielen nicht wirklich viel erreicht", stellt Helberg klar. Der Einfluss Deutschlands auf das Geschehen in Nahost sei ohnehin gering. Ganz anders als jener der USA. Das liegt laut der Expertin vor allem daran, dass Deutschland die Druckmittel fehlen, wie Helberg sagt:
Baerbock hat in Nahost durchaus Forderungen gestellt, sich auch kritisch geäußert. So hat sie einen besseren Zugang zu humanitärer Hilfe im Gazastreifen gefordert. Auch gab es die Aufforderung an Israel, die Kriegsführung dahingehend zu ändern, dass die Zivilbevölkerung im Krieg besser geschützt ist.
Dass Aussagen wie diese Gehör finden, sieht die Expertin aber nicht: "Frau Baerbock hat keinen Einfluss in Israel auf die Kriegsführung, im Gegensatz zu US-Außenminister Anthony Blinken." Die Grünen-Politikerin könne zwar mahnen, habe aber keinen Hebel: "Weil in Israel alle wissen, dass die Bundesregierung niemals ihre Militärhilfe an Israel an Bedingungen knüpfen würde oder grundsätzlich infrage stellen würde", sagt die Nahost-Expertin.
Dementsprechend gering war laut Helberg auch das Interesse in den israelischen Medien, etwa an Baerbocks Treffen mit Israels Außenminister Katz.
Grundsätzlich genieße Deutschland nach wie vor eigentlich ein gutes Standing in Nahost, weil es als eines der Länder gilt, das dort keine eigenen Interessen verfolgt.
Doch die Nahost-Expertin warnt im "DLF" davor, dass Deutschland wegen seiner einseitigen Haltung im Konflikt an Ansehen und Einfluss verliert. Zwar gibt es kritische Worte an Israels massivem militärischen Vorgehen, doch das ständige Betonen des Rechts Israels auf Selbstverteidigung wird vor allem bei den arabischen Nachbarstaaten kritisch gesehen:
Jeden Tag produziere dieser Krieg Weisen und Witwen und entsetzliches Leid. Das Argument, dass es sich ausschließlich um einen Kampf gegen die Hamas und Selbstverteidigung handele, schaffe Unglaubwürdigkeit. Aus Sicht sehr vieler Menschen messe der Westen in Gaza mit zweierlei Maß. Vor allem, wenn man die Reaktion auf Russlands Kriegsführung in der Ukraine im Vergleich zu dem, was Israel in Gaza macht, betrachte.