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Riesige Explosion in Beirut: Was wir wissen – und was nicht

dpatopbilder - 05.08.2020, Libanon, Beirut: Blick über den Schauplatz nach einer massiven Explosion im Hafen. Foto: Hussein Malla/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Blick über den Schauplatz nach einer massiven Explosion im Hafen von Beirut. Bild: AP / Hussein Malla
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Riesige Explosion in Beirut: Was wir wissen – und was nicht

05.08.2020, 11:3805.08.2020, 11:46
Julian Wermuth / watson.ch
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Eine Explosion im Hafen von Beirut richtete verheerenden Schaden in der libanesischen Hauptstadt an. Was bis jetzt bekannt ist – und was nicht.

Wo ereignete sich die Explosion?

Kurz vor 18 Uhr (Lokalzeit) hörte man in der Umgebung von Beiruts Hafen mehrere Explosionen, kurz danach fluteten Videos davon die sozialen Medien. Schnell war klar, dass es sich nicht bloß um ein Industriefeuer handelt.

Auf den Videos ist gut zu sehen, wie ein Lagerhaus neben der Silos am Hafen von Beirut in die Luft fliegt, das zeigt auch eine Recherche der Investigativ-Seite Bellingcat.com.

Drohnenbilder der Nachrichtenagentur AP vom Mittwoch zeigen das Epizentrum am Hafen. Die Getreidesilos stehen noch halbwegs, sind aber stark beschädigt, das Lagerhaus ist dem Erdboden gleichgemacht.

Wie viele Opfer gibt es?

Das kann noch nicht abschließend gesagt werden. Die Opferzahlen werden laufend nach oben korrigiert. Laut dem neuesten Stand (ca. 8.30 Uhr) ist die Zahl der Todesopfer auf mindestens 100 angestiegen, außerdem gibt es über 4000 Verletzte, meldete das libanesische Rote Kreuz am Mittwochmorgen.

Gibt es Deutsche unter den Opfern?

Deutsche Todesopfer sind bis jetzt nicht bekannt. Aber nach Angaben des Auswärtigen Amts waren Mitarbeiter der deutschen Botschaft unter den Verletzten. "Auch das Gebäude, in dem sich die deutsche Botschaft befindet, wurde beschädigt." Wie schwer die Schäden seien, sei noch unklar. Gegenwärtig könne nicht ausgeschlossen werden, dass weitere Deutsche unter den Opfern seien. Die Botschaft habe einen Krisenstab eingerichtet.

Was ist die Ursache der Explosion?

Auslöser waren 2750 Tonnen Ammoniumnitrat, wie die Nachrichtenagentur AFP am Mittwochmittag mitteilte. Jahrelang seien 2750 Tonnen der gefährlichen Substanz ohne Sicherheitsvorkehrungen im Hafen gelagert worden.

Auf vielen Videos ist zu sehen, wie sich kurz vor der zweiten, massiven Explosion, mehrere kleinere Explosionen ereignen. Das befeuerte die Theorien, dass es sich bei der ersten kleineren Reihe von Explosionen um Feuerwerkskörper handelt. Das ist aber noch nicht bestätigt.

Haltlos dagegen sind die Theorien von einem Raketeneinschlag, die in den sozialen Medien kursieren. Die libanesischen Behörden sagten noch am Dienstag, dass es dafür keine Anhaltspunkte gäbe. Spekulationen, dass Israel hinter der Explosion stecken könnte, widersprach der israelische Außenminister Gabi Aschkenasi.

Ebenso haltlos sind Theorien einer atomaren Explosion. Jegliche Anzeichen dafür fehlen. Dazu gehören etwa ein weißliches Licht, das Kameras blenden würde, extreme Hitze, die Strukturen in der Umgebung zum Schmelzen bringt oder atomarer Fallout.

Was ist Ammoniumnitrat?

Ammoniumnitrat ist ein Salz, das sich aus Ammoniak und Salpetersäure bildet. Es wird insbesondere zur Herstellung von Düngemitteln und Sprengstoffen verwendet.

Es kann bei höheren Temperaturen detonieren. Die Substanz dient zum Raketenantrieb und vor allem zur Herstellung von Düngemittel. Die farblosen Kristalle befanden sich auch in dem Gefahrgutlager der chinesischen Hafenstadt Tianjin, wo 2015 nach einer Serie von Explosionen 173 Menschen getötet wurden. In Deutschland fällt die Handhabung von Ammoniumnitrat unter das Sprengstoffgesetz.

Wieso befand sich Ammoniumnitrat am Hafen?

Der Stoff könnte von einem Frachtschiff stammen, dem libanesische Behörden laut Berichten im Jahr 2013 wegen verschiedener Mängel die Weiterfahrt untersagt hatten. Das Schiff war demnach von Georgien aus ins südafrikanische Mosambik unterwegs. Der Besatzung gingen dann Treibstoff und Proviant aus, der Inhaber gab das Schiff offenbar auf. Der Crew wurde nach einem juristischen Streit schließlich die Ausreise genehmigt. Das Schiff blieb zurück mit der gefährlichen Ladung, die in einem Lagerhaus untergebracht wurde.

Donald Trump und der "Anschlag"

US-Präsident Donald Trump schien den Vorfall als Anschlag einzustufen: Seine "Generäle" gingen von einer Art Bombe aus, sagte Trump im Weißen Haus. Die Explosion deute nicht auf einen Unfall hin, sagte Trump unter Berufung auf seine Militärberater. O-Ton Trump:

"They seem to think it was an attack. It was a bomb of some kind."

Zwei anonyme Quellen aus dem Pentagon sagten aber gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dass es unklar sei, woher Trump diese Information habe. Die ersten Berichte hätten nicht auf eine Attacke hingedeutet. Man schätze die Katastrophe eher als Unfall ein.

(mit Material von dpa und sda)

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