Nachdem der frühere ukrainische Botschafter Andrij Melnyk den proukrainischen Politikwissenschaftler Carlo Masala wegen einer Buchempfehlung hart angegangen ist, muss er sich nun selbst heftigem Gegenwind stellen.
Am Wochenende ist der Streit zwischen den beiden Männern eskaliert: Masala hatte ein Buch des russischen Autors Dostojewski empfohlen. Sehr zum Unbehagen Melnyks. Der konnte daraufhin nicht an sich halten: "Deutsche Verklärung der 'großen' imperialistischen Kultur Russlands ist zum Kotzen", kommentierte er.
Statt solche Bücher zu empfehlen, müssten sie "gecancelt" werden. Im Laufe der Debatte riet Melnyk Masala außerdem, einen Psychiater aufzusuchen. Doch auch der ehemalige Botschafter, der heute Vize-Außenminister ist, bekommt sein Fett weg. Denn auch nach Tagen der Auseinandersetzung kann Melnyk nicht aufhören zu sticheln – und sieht sich deshalb selbst mit massiver Kritik konfrontiert.
Masala hatte nach dem Ausraster angeregt, dass sich Melnyk zurücknehmen solle, "bevor sie noch in der übelsten Nationalismusjauche landen." Ein Nachtritt, der Melnyk wohl erst recht auf die Palme bringt.
Denn der Ukrainer regt sich über die von Masala verwendete Fäkalsprache auf. Er schreibt: "Wahre deutsche Wissenschaftler bevorzugen ein edles exquisites Fäkalien-Vokabular. Einfach herrlich. Bravo. Schönen Sonntag noch, 'Freund' der Ukraine Carlo Masala". Und geht damit offensichtlich vielen seiner Follower:innen zu weit.
Unter dem Tweet sammeln sich kritische Stimmen. Es sei zwar nicht an der Zeit, russische Literatur zu empfehlen, meint eine Nutzerin. Sie räumt aber ein: "Aber es ist auch nicht an der Zeit, so mit einem guten Wissenschaftler umzugehen, der der Ukraine beisteht." Ein anderer fragt: "Ich will gar nicht wissen, wie viel Unterstützung für die Ukraine Sie schon verspielt haben, Herr Melnyk ..."
Man müsse erkennen, wann der Punkt überschritten ist, räumt ein weiterer Nutzer ein und merkt an: "Dies schadet dem Ansehen ihrer Landsleute, die so vielen hier in ans Herz gewachsen sind." Eine andere Nutzerin fasst den Ausraster so zusammen: "Was für eine peinliche und den beiden Herren unwürdige Geschichte. Wie schade und unnötig."
"Sie verhalten sich wie ein Kind im Kindergarten", bringt es ein Kommentator auf den Punkt. Die Historikerin Franziska Davies widmet dem Verhalten Melnyks einen eigenen Thread. Sie könne verstehen, dass Ukrainer:innen "keine Lust" auf Dostojewski hätten. Wenngleich das nicht bedeute, dass Melnyk das Recht habe, Masala anzugreifen.
"Allerdings finde ich es nie gut, jemandem in so einem Kontext den Besuch eines Psychiaters zu empfehlen, weil das nicht zuletzt eine Herabwürdigung von Menschen mit psychischen Problemen ist. Muss einfach nicht sein", schreibt sie.
Von einem Angriff will Melnyk in diesem Zusammenhang nichts wissen. Er kommentiert:
Ein Punkt, den Davies annimmt. Sie entschuldigt sich und korrigiert: Sie meine die Tonalität, mit der Melnyk auf Masala losgegangen ist.