Die Jungen Liberalen (Julis) treffen sich zum 65. Bundeskongress unter dem Motto "Wandel braucht Handeln". Das Zusammenkommen in Kassel wird im Zeichen der Modernisierung und Innovation stehen. Die Julis werden sich an den Kongresstagen unter anderem auch dem Leitantrag "Mission FDP 2025" widmen. Ziel ist es, die Zukunft der Freien Demokraten zu diskutieren.
Warum braucht die "Fortschrittspartei" neue Ansätze und wie sollen diese aussehen? Im Vorfeld hat watson mit Franziska Brandmann, der Bundesvorsitzenden der FDP nahestehenden Jugendorganisation, gesprochen.
watson: Franziska, bist du oft mit deinen Gedanken in der Zukunft?
Franziska Brandmann: Ja, wenn es um die FDP und Deutschland geht. Momentan beschäftigen mich die Umfragewerte der FDP sehr. Aber auch die allgemeine politische Lage Deutschlands. Wie sollte die Zukunft in diesem Land aussehen? Wie sollte sich die FDP aufstellen, damit sie diese Zukunft positiv mitgestalten kann? Die aktuellen Umfragewerte der FDP ärgern mich. Wir wollen das Vertrauen der vielen liberal denkenden Menschen zurückgewinnen.
Warum ist es verloren gegangen?
Die Menschen nehmen eine Regierung wahr, die sich viel mit sich selbst beschäftigt. Die FDP wird von vielen als Nein-Sager-Partei dargestellt. Dabei bin ich froh, dass wir einen Finanzminister haben, der nicht allem zustimmt. Zum Beispiel, wenn die Jungsozialist:innen eine Vermögensabgabe von zehn Prozent für Vermögen ab zwei Millionen und Firmenvermögen ab fünf Millionen fordern. Auf der anderen Seite braucht es mehr Vorschläge, bei denen die FDP "Ja" sagt. Dabei ist es wichtig, dass die Partei diese auch selber liefert.
Wo möchtest du die FDP 2025 sehen?
Ich möchte die FDP an einem Ort sehen, an dem jede:r Liberale richtig Lust hat, die Politik mitzugestalten. Wir möchten Menschen mit Talenten fördern. Quereinsteiger:innen können bei uns durchstarten. Denn die besten Köpfe des Landes werden in der Politik benötigt.
Dazu gehören auch Frauen. Aber noch heute gilt die FDP als Männerpartei. Woran liegt das?
Wir brauchen mehr Frauen in der FDP. Dass wir sie zu selten haben, liegt nicht an unseren inhaltlichen Themen. Wir haben uns dafür eingesetzt, dass der Paragraf 219a gestrichen wurde und damit das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche. Wir fördern bessere Kita-Betreuungen, wollen Beruf und Familienleben erleichtern. Die Freien Demokraten sind zudem große Verfechter der Chancengerechtigkeit unabhängig vom Geschlecht.
Und doch lockt es zu wenige Frauen zur FDP.
Die Frauen sind nicht von unseren Inhalten abgeschreckt, sondern von der Kultur, die von Vertretern der Partei häufig nach außen getragen wird. Wir brauchen deshalb einen Kulturwandel in der FDP. Wir wollen wegkommen vom Image einer "Männerpartei", das uns manchmal angehängt wird. Dazu machen die Julis konkrete Vorschläge.
Welche sind das?
Wir wollen unter anderem einen "Diversity Council" einführen. Ziel ist es, dass Wissenschaftler:innen, die nicht der FDP angehören müssen, uns anhand von Studien beraten, wie die FDP attraktiver für Frauen werden könnte. Wir holen uns damit neutrale Expertise von außen rein.
Der Frauenquote steht ihr aber noch immer skeptisch gegenüber?
Frauen sollten gewählt werden, weil sie die besseren Kandidatinnen sind und nicht aufgrund einer Frauenquote. Das ist für mich Leistungs- und Chancengerechtigkeit. Je größer der Wettbewerb, desto mehr Frauen können in Ämter gelangen. Ich glaube, dass wir mit einer Frauenquote nicht die Kultur verändern können. Es ergibt wenig Sinn, eine Prozentzahl festzulegen und dadurch Frauen in die Ämter zu verhelfen. Die FDP muss eine Kultur schaffen, in der es einen fairen Wettbewerb unabhängig des Geschlechts geben kann. Sprich, wer besser als sein:e Gegenkandidat:in ist, kann auf jeden Fall gewinnen.
Bist du guter Hoffnung, dass die FDP eure Vorschläge wie den "Diversity Council" annimmt?
Wir haben den Anspruch, dass die Ideen, die wir ausarbeiten, umgesetzt werden. Sonst würden wir uns die Arbeit nicht machen. In der Vergangenheit haben wir bereits großen Einfluss auf die FDP nehmen können. Zum Beispiel war Christian Lindner lange kein Freund der Legalisierung von Cannabis. Diese Haltung konnten die Jungen Liberalen auf dem Parteitag kippen. Kürzlich haben wir das Wahlalter ab 16 Jahren dem FDP-Wahlprogramm hinzugefügt. Wie groß unser Einfluss ist, wollen wir in den nächsten Monaten zeigen.
Ihr habt euch viel vorgenommen für das kommende Jahr.
Wir sind auf einem sehr guten Weg. Es geht immer schneller, höher und weiter. Die Jungen Liberalen sind in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Jetzt gilt es, all diese Talente in den Verband einzubinden. Und natürlich wollen wir die FDP wieder auf Kurs bringen.
Und du startest in das zweite Jahr als Bundesvorsitzende. Was nimmst du persönlich für dich mit aus deiner Arbeit bei den Julis?
Ich habe unendlich viel gelernt. Vor allem, wie wichtig Teamwork in der Politik ist. Allein kann man nichts bewegen. Aber auch persönlich bin ich an den Aufgaben gewachsen. Damals, kurz vor meiner Wahl zur Bundesvorsitzenden, habe ich kalte Füße bekommen. Kann ich das überhaupt meistern, was auf mich zukommt? Live-Interviews? All die Pressearbeit? Niemand hat mir das beigebracht. Ich wurde ins kalte Wasser geworfen und habe gelernt zu schwimmen. Diese Erfahrung kann mir keiner mehr nehmen.