Ungarns Staatschef Orbán verliert nach einem Sex-Skandal einen engen Vertrauten – schon wieder.Bild: AP / Alexandru Dobre
Politik
Noch vor 15 Jahren galt Ungarn als eines der gesellschaftlich tolerantesten Länder in Osteuropa. Die Magyaren suchten entschlossen die Anbindung an den Westen, arbeiteten die Jahre der sowjetischen Unterdrückung auf und internationale humanitäre Organisationen hatten freie Hand. Kurz darauf zog aber Viktor Orbán in den Präsidentenpalast in Budapest ein. Seitdem hat sich Ungarn in vielerlei Hinsicht rückwärts entwickelt.
Orbán hat sich seitdem zum ständigen Unruheherd in der EU entwickelt. Das belegt nicht nur sein Kuschelkurs mit Russlands Staatschef Wladimir Putin. Auch die LBGTQIA+-Community litt zusehends unter dem restriktiven Regime. Nun wurden pikante Neuigkeiten zu einem von Orbáns engsten Vertrauten bekannt.
Viktor Orbán: Anti-LBGTQIA+-Propagandist als schwul geoutet
Als lautstarker Verfechter der homophoben Staatspropaganda war Priester Gergö Bese oft für Orbán bei öffentlichen Veranstaltungen und Wahlkampfauftritten präsent. Der 41-Jährige wetterte auch bei Predigten in seiner Heimatgemeinde in Dunavecse regelmäßig gegen eine "schwule Verschwörung aus dem Westen".
Diese werde von internationalen Finanziers mit dem Ziel betrieben, die ungarische Gesellschaft zu vergiften und zu spalten. Gleichzeitig rührte er bei seinen Gemeindemitgliedern die Werbetrommel für eine Wiederwahl Orbáns.
Nun ist klar: Der Priester spielte ein doppeltes Spiel. Denn wie ein Dossier zeigt, dass innerhalb der Regierungspartei Fidesz entstand, lebte Bese im Geheimen homosexuell. Damit fällt eine wichtige Schlüsselfigur in Orbáns Narrativ vom "christlichen Bollwerk" Ungarn.
Aufgedeckt wurde das Doppelleben des Geistlichen vom oppositionsnahen Onlinemedium "valaszonline.hu". Demnach soll der katholische Pfarrer sexuelle Beziehungen mit mehreren Männern geführt haben. Obwohl aus den Unterlagen auch hervorgeht, dass sich Bese – im Gegensatz zu vielen Sex-Skandalen in der katholischen Kirche – nicht an Kindern vergriff, zieht die Affäre zumindest persönlich schwere Konsequenzen nach sich.
Bereits am Freitag besiegelte der zuständige Bischof den Ausschluss des Geistlichen aus dem Kirchendienst. Über die Gründe schwieg sich die Kirchenleitung aus. Bese räumte in einem Statement allerdings sein "Fehlverhalten" ein, denn Homosexualität gilt mit der Position als katholischer Priester als unvereinbar.
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In seiner Stellungnahme erklärte Bese: "Man hat mich hintergangen, meine Naivität ausgenutzt, ich verlor meine gesunde Urteilskraft." Weil er gegen sein Priestergelöbnis verstoßen habe, müsse er seine Demission akzeptieren.
Erinnerungen an Corona-Orgie von EU-Politiker werden wach
Distanziert äußerte sich Viktor Orbán im Anschluss über die Affäre. Der Staatschef, der nach außen ein strenggläubiges Image pflegt, gab in einem Statement laut "Der Standard" zu verstehen, dass Bese trotz starker Präsenz keine wichtige Rolle in der Regierungsideologie gespielt habe: "Die Angelegenheiten von kirchlichen Persönlichkeiten sind Sache der Kirchen." Diese würden das Thema mit Sicherheit angemessen behandeln.
Ungarns Oppositionsführer Péter Magyar äußerte sich zu der Affäre zurückhaltend, prangerte aber die Heuchelei von Regierung und Bese an. Auf Facebook kommentierte er, dass in Ungarn im Rahmen von Gesetz und Respekt jeder so leben solle, wie er will. Aber: "Es war gerade er, der als Priester die auf den niederträchtigsten Instinkten und Hass beruhende Narrative der Staatspartei stärkte."
Die Affäre zeigt nicht zum ersten Mal die Doppelzüngigkeit in Orbáns Machtzirkel. Während der Corona-Pandemie wurde der queerfeindliche EU-Abgeordnete Jószef Szájer auf einer Orgie mit mindestens 25 homosexuellen Männern erwischt.
Der Fluchtversuch von Szájer wurde im November 2020 spektakulär von der Brüsseler Polizei gestoppt, als er versuchte halbnackt über eine Regenrinne zu entkommen.
Russlands Präsident Putin ist mit zahlreichen Problemen konfrontiert, die er sich mit dem Einmarsch in der Ukraine vor zweieinhalb Jahren selbst eingebrockt hat. Westliche Sanktionen bremsen die Wirtschaft, Embargos sorgen für Materialengpässe und in der Bevölkerung schwindet die Unterstützung für den brutalen Angriff auf den Nachbarn.