Fast vier Monate sind vergangen, seit Russland den Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen hat und noch immer reißen die Kämpfe nicht ab. Menschen in besetzten Regionen wird derweil zur Flucht geraten - wenn nötig auf vom Feind besetztes Gebiet.
Die Ukraine kann jedoch auf eine EU-Perspektive hoffen. Die EU-Kommission hatte am Freitag empfohlen, die Ukraine und Moldau zu Kandidaten für den Beitritt zur Europäischen Union zu ernennen. Die Entscheidung darüber müssen nun die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Länder bei ihrem Gipfel ab Donnerstag treffen.
In unserem News-Blog informieren wir dich über die wichtigsten Entwicklungen rund um den Krieg.
Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, will sich bei Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für seine umstrittene "Leberwurst"-Äußerung entschuldigen. "Das ist eine Äußerung, die ich im Nachhinein natürlich bedauere«, sagte Melnyk dem "Spiegel" in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview. "Ich werde mich bei ihm persönlich entschuldigen", kündigte er an.
Die Äußerung sei "diplomatisch nicht angemessen" gewesen und habe "viele Menschen nicht nur in Deutschland vor den Kopf gestoßen", sagte Melnyk weiter. Hintergrund war die Entscheidung von Scholz Anfang Mai gewesen, vorerst nicht in die Ukraine zu reisen. Scholz hatte das damit begründet, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dort damals nicht willkommen gewesen sei. Melnyk hatte daraufhin gesagt, der Kanzler spiele "eine beleidigte Leberwurst".
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union aufgefordert, bei ihrem bevorstehenden Gipfel den EU-Kandidatenstatus für die Ukraine zu unterstützen. "Es ist nun am Europäischen Rat zu entscheiden und der historischen Verantwortung gerecht zu werden, vor der wir stehen", sagte von der Leyen am Mittwoch in Brüssel im Europaparlament. Das Verfahren zur Aufnahme von Ländern wie der Ukraine gründe auf Leistung. "Aber wie wir auf ihre Leidenschaft und ihren Fortschritt reagieren, ist unsere Sache."
Die EU entscheidet an diesem Donnerstag, ob dem von Russland Ende Februar angegriffenen Staat der Status eines EU-Kandidaten gewährt werden soll. Es zeichnet sich breite Unterstützung für eine entsprechende Empfehlung der Kommission ab. Die Entscheidung muss jedoch von allen 27 Staaten einstimmig getroffen werden. Neben der Ukraine warten auch Georgien und Moldau auf eine Beitrittsperspektive.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat einen "Marshall-Plan" für den Wiederaufbau der kriegszerstörten Ukraine gefordert. In seiner Regierungserklärung im Bundestag sagte er am Mittwoch, dass ihn bei seinem Besuch in der Ukraine vergangene Woche manches an die Bilder deutscher Städte nach dem Zweiten Weltkrieg erinnert habe. "Und wie damals das kriegszerstörte Europa braucht heute auch die Ukraine einen Marshall-Plan für den Wiederaufbau."
Mit dem Marshall-Plan förderten die USA zwischen 1948 und 1952 mit vielen Milliarden US-Dollar den Wiederaufbau in Deutschland und anderen europäischen Staaten. Scholz hatte sich vergangene Woche in der Ukraine ein Bild von der Lage in der Ukraine gemacht und unter anderem den teilweise zerstörten Kiewer Vorort Irpin besichtigt. "Das Ausmaß der Zerstörung ist enorm", sagte er im Bundestag.
Seit Kriegsbeginn habe die Europäische Union bereits Mittel in Milliardenhöhe mobilisiert, Deutschland sei vorne mit dabei. "Aber wir werden viele weitere Milliarden Euro und Dollar für den Wiederaufbau brauchen - und das über Jahre hinweg. Das geht nur mit vereinten Kräften."
Bundeskanzler Olaf Scholz hat kurz vor dem EU-Gipfel um breite Zustimmung dafür geworben, die Ukraine offiziell zum Kandidaten für einen EU-Beitritt zu erklären. Er werde sich mit allem Nachdruck dafür einsetzen, dass die gesamte EU geschlossen "Ja" dazu sage, erklärte der SPD-Politiker am Mittwoch im Bundestag mit Blick auf die 27 Mitgliedsstaaten. Auch die Ukrainerinnen und Ukrainer wüssten, dass der Weg in die EU voraussetzungsreich sei. Aber sie wollten ihn jetzt gehen, da sie sich davon weniger Korruption und Einfluss von Oligarchen sowie mehr Rechtsstaatlichkeit, Transparenz, Demokratie und eine stärkere Wirtschaft versprächen.
Der Kanzler hob hervor, dass er die deutsche Zustimmung zum Kandidatenstatus für die Ukraine und deren Nachbarrepublik Moldau bei seinem Besuch in der Hauptstadt Kiew deutlich gemacht hatte - unisono mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Italiens Ministerpräsident Mario Draghi und Rumäniens Präsident Klaus Iohannis. Scholz verwies darauf, dass die EU-Kommission Reformschritte benannt habe. Zugleich müsse sich auch die EU "aufnahmefähig" machen und Strukturen und Verfahren reformieren. Er werbe dafür, künftig mehr Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit zu treffen, etwa in der Außenpolitik.
Chinas Präsident Xi Jinping hat vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs zur Wiederherstellung des Friedens aufgerufen. "Die Geschichte hat gezeigt, dass Hegemonie, Gruppenpolitik und Blockkonfrontationen weder Frieden noch Stabilität bringen, sondern Krieg und Konflikte", sagte Xi Jinping am Mittwoch zur Eröffnung des Brics-Wirtschaftsforums in einer per Video übertragenen Rede.
Der Ukraine-Konflikt habe erneut einen "Alarm für die Menschheit" ausgelöst. Zwar nannte Xi Jinping den Westen und die Nato nicht namentlich, kritisierte sie jedoch indirekt: Staaten würden in Not geraten, "wenn sie blindes Vertrauen in ihre Stärke setzen, Militärbündnisse erweitern und ihre eigene Sicherheit auf Kosten anderer suchen". Die internationale Gemeinschaft müsse sich gemeinsam Hegemonie und Machtpolitik widersetzen.
Der chinesische Präsident äußerte sich vor dem Brics-Gipfel, bei dem am Donnerstag die Regierungs- und Staatschefs von Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika per Videoschalte zusammenkommen wollen.
Die Bundesregierung hat bestätigt, dass die Lieferung der sieben Panzerhaubitzen 2000 aus Bundeswehr-Beständen an die Ukraine abgeschlossen ist. In ihrer im Internet veröffentlichten Liste zur militärischen Unterstützung des Landes führte sie die Artilleriewaffen am Mittwoch nun in der Rubrik "gelieferte letale und nicht-letale militärische Unterstützungsleistungen". Es ist die erste Lieferung schwerer Waffen durch Deutschland an Kiew im Krieg mit Russland.
Die ukrainische Regierung hatte am Dienstag über die Lieferung berichtet. Sie war von der Bundesregierung zunächst nicht bestätigt worden.
Die russischen Streitkräfte haben in der Nacht vom Dienstag auf Mittwoch die ostukrainische Stadt Lyssytschansk nach ukrainischen Angaben heftig bombardiert. Sie "beschießen Lyssytschansk mit Artillerie, Raketen, Fliegerbomben, Raketenwerfern", erklärte der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Hajdaj, am Mittwoch im Online-Dienst Telegram. "Sie zerstören alles."
Russland hat die von Lyssytschansk durch einen Fluss getrennte Stadt Sjewjerodonezk nach wochenlangen heftigen Gefechten nahezu eingenommen. Zuletzt wurde vor allem in umliegenden Dörfern gekämpft, auch wenn das Stadtgebiet von Sjewjerodonezk nach ukrainischen Angaben weiterhin nicht gänzlich unter russischer Kontrolle ist.
Russland benennt den Platz vor der amerikanischen Botschaft in Moskau nach der separatistischen "Donezker Volksrepublik" (DVR) um und provoziert so neue Spannungen mit den USA. Ein entsprechender Erlass zur Umbenennung wurde am Mittwoch von der Stadtverwaltung veröffentlicht. Der Schritt zwingt die US-Botschaft künftig bei Angabe ihrer Adresse auf die DVR zu verweisen, die Washington nicht als unabhängigen Staat anerkennt.
Die Initiative zur Umbenennung ging von der Moskauer Stadt-Duma aus. Mittels einer Online-Umfrage wurde der endgültige Name festgelegt - allerdings standen neben der DVR nur noch "die Verteidiger des Donbass" und der im März gefallene Separatist Wladimir Schoga zur Auswahl. Der Vorstoß zielte daher von Anfang an darauf ab, Washington zu verärgern. Kremlsprecher Dmitri Peskow unterstützte das Vorhaben öffentlich.
Im Kampf um das Verwaltungszentrum Sjewjerodonezk im Osten der Ukraine droht den ukrainischen Truppen ein weiterer Rückschlag: "Der Feind versucht die volle Kontrolle über Sjewjerodonezk herzustellen und Einheiten der Verteidigungskräfte in den Ortschaften Boriwske und Woronowe zu blockieren, die Kampfhandlungen halten an", teilte der ukrainische Generalstab in seinem Lagebericht am Mittwoch mit. Boriwske und Woronowe sind zwei Vororte Sjewjerodonezks am Ostufer des Siwerskyj Donez. Im gleichen Gebiet hatten die Russen erst am Wochenende die Ortschaft Metjolkine eingenommen.
Laut dem Lagebericht konzentrieren die russischen Truppen ihre Offensivbemühungen im Donezker und Luhansker Gebiet auf den Raum zwischen Sjewjerodonezk und Bachmut. In dem Ballungsraum droht ukrainischen Einheiten nach früheren Meldungen südlich der Großstadt Lyssytschansk ebenfalls eine Einschließung.Das zweite Hauptziel der russischen Attacke, der Ballungsraum Slowjansk – Kramatorsk mit rund einer halben Million Einwohnern (vor dem Krieg), bleibt hingegen vorerst außer Reichweite moskautreuer Bodentruppen. Derzeit würden die ukrainischen Stellungen nördlich von Slowjansk unter Artilleriefeuer genommen, um den Angriff vorzubereiten, teilte der Generalstab mit.
Eine historische Entscheidung steht bevor: Die Ukraine kann auf dem EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag mit dem "Ja" der 27 Mitgliedsländer zu ihrem Kandidatenstatus rechnen. Ein "vollständiger Konsens" zeichne sich ab, sagte der französische Europaminister Clément Beaune am Dienstag nach dem Vorbereitungstreffen mit seinen EU-Kollegen. Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn rechnet mit "großer Einstimmigkeit" auf dem Gipfel.
Die viel beschworene Zeitenwende zeigt sich nun auch in der Kandidatenfrage: Noch nie hat die Friedensgemeinschaft EU einem Land im Krieg eine Beitrittsperspektive gegeben, und das im Rekordtempo. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte erst Ende Februar die Aufnahme seines Landes beantragt, vier Tage nach dem russischen Angriff.
Kurz vor der Entscheidung über einen möglichen Status der Ukraine als EU-Beitrittskandidat hat Präsident Wolodymyr Selenskyj weitere Sanktionen gegen Russland gefordert. "Russland muss den wachsenden Druck infolge des Kriegs und seiner aggressiven antieuropäischen Politik spüren", sagte der ukrainische Staatschef in seiner Videobotschaft in der Nacht zu Mittwoch.
In Gesprächen mit mehreren europäischen Staats- und Regierungschefs habe er betont, dass ein siebtes Sanktionspaket so schnell wie möglich benötigt werde.
Im Osten der Ukraine gehen die Gefechte derweil weiter, zum Teil droht die Einkesselung ukrainischer Truppen. Das durch russische Streitkräfte besetzte Gebiet um die Stadt Cherson hingegen werde allmählich zurückerobert, sagte Selenskyj.
Bei den Getreideexporten aus der Ukraine könnte es bald Bewegung geben – kommende Woche sollen nach Kreml-Angaben Vertreter der Türkei nach Moskau reisen, um Gespräche über die blockierten Ausfuhren zu führen, die zu gefährlichen Versorgungsengpässen gerade in Entwicklungsländern führen.
Selenskyjs Wirtschaftsberater Alexander Rodnyansky äußerte sich überzeugt von einem Sieg seines Landes gegen den russischen Aggressor. "Wir können den Krieg gewinnen", sagte er in der ARD-Sendung "Maischberger".
Er hoffe, dass im August die Gegenoffensive beginnen könne. Die Unterstützung aus dem Ausland helfe sehr und komme auch an, aber bis die Waffen eingesetzt werden könnten, dauere es eben. Der Illusion eines nachhaltigen Friedens mit Russland dürfe man sich jedenfalls nicht hingeben. Unter Präsident Wladimir Putin gehe es dem Nachbarland um Imperialismus – "und dabei wird es auch bleiben".
Die Entscheidung über einen möglichen Status der Ukraine als EU-Beitrittskandidat steht inzwischen unmittelbar bevor. EU-Ratspräsident Charles Michel plädiert dafür, sowohl ihr als auch dem kleinen Nachbarn Moldau diesen Status zuzuerkennen. Im jüngsten Entwurf der Abschlusserklärung des am Donnerstag beginnenden EU-Gipfels heißt es: "Der Europäische Rat hat beschlossen, der Ukraine und der Republik Moldau den Status eines Kandidatenlandes zu verleihen." Damit würden die 27 Staats- und Regierungschefs, die sich bis Freitag in Brüssel treffen, der Empfehlung der EU-Kommission folgen.
In sechs Häfen der Ukraine sind nach russischen Angaben derzeit 70 Schiffe aus 16 Staaten blockiert. Das russische Verteidigungsministerium warf der Ukraine am Dienstagabend vor, wegen ukrainischen Beschusses und der hohen Minengefahr könnten Schiffe nicht ungehindert aufs Meer fahren. Die Ukraine – einer der größten Getreideexporteure der Welt - kritisiert hingegen, dass Russland durch eine Blockade ukrainischer Häfen die Ausfuhr von Getreide verhindere und damit eine Lebensmittelkrise hervorrufe.
Die internationale Gemeinschaft fordert von Russland seit Wochen, den Export von ukrainischem Getreide zu ermöglichen. Die Ukraine beklagt, dass durch die russische Kriegsmarine ihre Häfen im Schwarzen Meer blockiert sind. Beide Länder gehören zu den größten Weizenexporteuren und spielen eine wichtige Rolle für die Ernährungssicherheit in der Welt.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat Russlands Drosselung der Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 in der vergangenen Woche als ökonomischen Angriff bezeichnet. Die Reduktion der Gaslieferungen sei "ein ökonomischer Angriff auf uns", sagte Habeck am Dienstag bei der Tagung des Bundesverbandes der Industrie (BDI) in Berlin.
Der "Angriff" funktioniere dabei, ebenso wie bei der Drosselung der Lieferung nach Polen, Bulgarien oder Dänemark zuvor, nach dem Muster, "die Menge zu reduzieren, die Preise nach oben zu drängen, um - und das ist ja nicht zufällig - in Europa und in Deutschland eine Debatte auszulösen über Not und über Angst, die hier dieses Land trifft", sagte Habeck.
Damit solle eine Debatte unterbunden werden, ob eine Unterstützung der Freiheit richtig sei. "Denn durch die materielle Not, durch die hohe Inflation, durch die hohen Energiepreise haben natürlich Menschen Angst: Angst vor Armut, Angst vor Wohlstandsverlust, Angst, das, was sie sich aufgebaut haben in einem langen Leben, vielleicht nicht halten zu können", sagte Habeck. Damit werde der Raum geöffnet für Populismus, warnte er.
Dies sei kein Zufall, sondern "Strategie", sagte Habeck. "Diese Strategie darf nicht erfolgreich sein." Es gehe deshalb nicht nur um Solidarität mit der Ukraine. "Es geht eben auch darum, dass wir unser Verständnis von politischer Kultur, einer offenen Gesellschaft, einer freien Marktwirtschaft verteidigen."
US-Justizminister Merrick Garland hat bei einem Besuch in der Ukraine Hilfe bei der Verfolgung von Kriegsverbrechern zugesagt. "Ich bin hier, um die uneingeschränkte Unterstützung der USA für die Ukrainer angesichts der ungerechten und ungerechtfertigten Invasion Russlands zum Ausdruck zu bringen", sagte Garland am Dienstag bei einem Treffen mit der ukrainischen Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa nahe der Grenze zu Polen.
Sie würden "die Maßnahmen der USA zur Unterstützung der ukrainischen Behörden bei der Verfolgung derjenigen, die für die weltweit bekannten Gräueltaten und Kriegsverbrechen verantwortlich sind", erörtern, sagte Garland. "Die USA senden ihnen eine unmissverständliche Botschaft: Es gibt keinen Ort, an dem sie sich verstecken können." Wenediktowa bezeichnete die Unterstützung als "sehr wichtig". Sie fügte hinzu: "Uns allen ist klar, dass wir es mit sehr mächtigen Feinden zu tun haben."
Die Ukraine geht von mehr als 18.000 mutmaßlichen Kriegsverbrechen landesweit seit Beginn des russischen Angriffskrieges Ende Februar aus. Mehr als 600 Verdächtige wurden laut Generalstaatsanwaltschaft bereits identifiziert.
Der britische Premierminister Boris Johnson hat den Westen im Umgang mit Russland davor gewarnt, Präsident Wladimir Putin zu stark entgegenzukommen. "Zugeständnisse an Putin würden zu nichts als einem Desaster" führen, sagte Johnson am Dienstag in Beziehung auf den Ukraine-Krieg zu seinem Kabinett. Russland würde diese als "Lohn für seine ungerechtfertigte Aggression" ansehen und sich ermutigt fühlen. Dies könne auch die britische Sicherheit und Wirtschaft gefährden.
Ein britischer Regierungssprecher fügte hinzu, der Premierminister sorge sich, dass die Unterstützung der Ukraine aufgrund der anderen globalen Herausforderungen wie die steigenden Lebenskosten nicht mehr für alle im Fokus stehe.
In einem Gespräch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan tauschte sich Johnson am Dienstag über Russlands anhaltende Blockade von Getreideexporten aus der Ukraine aus. Johnson begrüßte die türkische Führungsrolle und die Absicht, die Handelsrouten im Schwarzen Meer offenzuhalten, hieß es von einem Sprecher.
Knapp vier Monate nach Kriegsbeginn sind die ersten schweren Artilleriegeschütze aus Deutschland nach ukrainischen Angaben in der Ukraine eingetroffen. Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow bedankte sich am Dienstag auf Twitter bei Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) für die Lieferung der Panzerhaubitzen 2000. Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass die modernen Geschütze in der Ukraine eingetroffen sind.
Bei den Gefechten in der Ukraine ist ein Spanier getötet worden, der auf Seiten der ukrainischen Armee gekämpft hat. Wie das spanische Außenministerium am Dienstag mitteilte, wurde der Mann am Samstag getötet. Nähere Angaben zur Identität oder zu den genauen Todesumständen machte das Ministerium nicht.
Knapp vier Monate nach Kriegsbeginn hat die Bundesregierung erstmals alle Waffenlieferungen an die Ukraine offengelegt. Man passe sich damit der Praxis der engsten Verbündeten - zum Beispiel der USA – an, erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit den Schritt am Dienstag. Die Liste enthält alle Waffen und anderen Rüstungsgüter, die bereits geliefert wurden oder deren Lieferung geplant ist. Sie ist nun im Internet auf der Seite der Bundesregierung zu finden. Bisher war sie nur für Abgeordnete in der Geheimschutzstelle des Bundestags einsehbar.
Öffentlich bekanntgegeben hatte die Bundesregierung ihre Lieferungen an die ukrainischen Streitkräfte für den Abwehrkampf gegen Russland bisher nur punktuell. Allerdings wurden sie nach Eintreffen im Kriegsgebiet von ukrainischer Seite veröffentlicht.
An Waffen geliefert wurden bisher unter anderem 3000 Panzerfaust-Patronen, 100.000 Handgranaten, 2700 Fliegerfäuste, 500 Stinger-Flugabwehrraketen, 100 Maschinengewehre und 16 Millionen Schuss Munition. Hinzu kommt in großem Umfang Ausrüstung wie 23.000 Gefechtshelme, 178 Kraftfahrzeuge, 1200 Krankenhausbetten, ein Feldlazarett und vieles mehr.
Noch liefern will die Bundesregierung unter anderem: 10.000 Schuss Artilleriemunition, 53.000 Schuss Flakpanzermunition, 5,8 Millionen Schuss Handwaffenmunition, sieben Panzerhaubitzen, 2000 (Artilleriegeschütze), 5000 Gefechtshelme, 40 Aufklärungsdrohnen, zehn geschützte Fahrzeuge, vier ferngesteuerte Minenräumgeräte, 65 Kühlschränke für Sanitätsmaterial, 54 gepanzerte Truppentransporter mit Bewaffnung, 30 Flugabwehrpanzer Gepard inklusive etwa 6000 Schuss Munition, ein Luftverteidigungssystem Iris-T SLM, ein Artillerieortungsradar Cobra, 80 Toyota Pick-up-Fahrzeuge und drei Mehrfachraketenwerfer mit Munition.
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hat angesichts des Ukraine-Kriegs eine eigenständige europäische Verteidigungs-Fähigkeit notfalls auch ohne die Nato gefordert. Zwar habe Europa in der derzeitigen US-Regierung "einen sehr verlässlichen Partner", sagte Lambrecht am Dienstag in Berlin. Die Jahre unter dem früheren US-Präsidenten Donald Trump hätten aber gezeigt, dass sich dies auch ändern und "wie fragil" das Militärbündnis werden könne.
Es könne "gefährlich" sein, "sich alleine darauf zu verlassen, dass die Nato eben mit der großen Schutzmacht Amerika immer für uns einsteht", sagte Lambrecht bei einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung. Die Europäer müssten deshalb auch "über die Nato hinausdenken". "Wir müssen selber abschrecken können, wir müssen dazu in der Lage sein."
Europa im Verteidigungsbereich auszubauen, bringe viele Vorteile, etwa wenn Rüstungsgüter gemeinsam beschafft würden, betonte die Ministerin. Sie würden damit günstiger und die Systeme in Europa untereinander kompatibel. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine habe hier in Brüssel "neue Ambitionen" geweckt. Allerdings werde der Ausbau der europäischen Verteidigung "kein Selbstläufer", warnte Lambrecht. "Das wird ein steiniger Weg".
Vier Monate nach dem Überfall auf die Ukraine hat Russland die Beziehungen zum Westen als langfristig beschädigt bezeichnet. "Ja, es wird eine lange Krise werden", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in einem in der Nacht zum Dienstag ausgestrahlten Interview des US-Fernsehsenders MSNBC. "Wir werden dem Westen nie wieder vertrauen." Russland erhebt seit Beginn seines Kriegs gegen die Ukraine immer wieder Vorwürfe gegen westliche Staaten – etwa wegen der militärischen Unterstützung für das angegriffene Land.
Peskow äußerte sich auch zum Fall der beiden US-Soldaten, die in der ukrainischen Armee kämpften und kürzlich von moskautreuen Truppen gefangen genommen wurden. Diese seien Söldner und fielen damit nicht unter den Schutz der Genfer Konvention, meinte Peskow.
Der Kremlsprecher ließ weiter offen, ob die beiden Männer von russischen Soldaten oder von prorussischen Separatisten gefangen genommen wurden. Das ist auch insofern relevant, als dass die selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk die Todesstrafe eingeführt haben, diese in Russland hingegen ausgesetzt ist.
Auf die Frage, ob er garantieren könne, dass den beiden US-Bürgern nicht dasselbe Schicksal drohe wie drei kürzlich in Donezk zum Tode verurteilten Ausländern, sagte Peskow: "Ich kann nichts garantieren. Das hängt von den Ermittlungen ab." Die Ukraine und die Vereinten Nationen hatten den Umgang der Separatisten mit den beiden Briten und dem Marokkaner heftig kritisiert. Das UN-Menschenrechtsbüro in Genf sprach von Kriegsgefangenen, die Anspruch auf Schutz hätten.
Nach Einschätzung britischer Geheimdienste hat der ukrainische Widerstand bislang erfolgreich verhindert, dass Russland Kontrolle über das an die Ukraine grenzende Meeresgebiet übernimmt. Dies habe das ursprüngliche Konzept der russischen Invasion untergraben, hieß es am Dienstag in einem Update des britischen Verteidigungsministeriums. Ursprünglich habe Moskau nämlich vorgehabt, die Region um den wichtigen ukrainischen Hafen von Odessa vom Schwarzen Meer aus anzugreifen.
Am 17. Juni sei es ukrainischen Kräften erstmals gelungen, mit Schiffsabwehrraketen aus dem Westen ein russisches Schiff anzugreifen, das mit hoher Wahrscheinlichkeit Waffen und Personal auf die strategisch wichtige Schlangeninsel im Nordwesten des Schwarzen Meeres habe bringen wollen, hieß es von den Briten. Die Insel ist von russischen Truppen besetzt. Die Zerstörung des Schleppers zeige, wie schwierig es für Moskau sei, Nachschub auf die Insel zu bringen.
In der heftig umkämpften Stadt Sjewjerodonezk drangen russische Truppen ukrainischen Angaben zufolge in das Industriegebiet vor, wo das eigene Militär nur noch das Chemiewerk Azot kontrolliere. Dort sollen sich nach ukrainischen Angaben etwa 300 Zivilisten aufhalten. Die Lage ändere sich allerdings ständig, sagte Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk nach Angaben der ukrainischen Agentur Ukrinform am Montag.
Sollten die dort Schutz suchenden Zivilisten evakuiert werden wollen, werde man versuchen, einen Fluchtkorridor einzurichten. Am Samstag hatte Gouverneur Hajdaj gesagt, die Zivilisten wollten nicht evakuiert werden, es gebe jedoch ständigen Kontakt. Nach Angaben der russischen Agentur Interfax konnten etwa 20 ukrainische Zivilisten das Chemiewerk am Montag verlassen. Sie hätten einen nicht von ukrainischen Truppen kontrollierten Durchgang genutzt und seien nun "in Sicherheit", sagte der Separatistenvertreter Rodion Miroschnik demnach. Er warf der Ukraine vor, durch "ständigen Beschuss" die Evakuierung der Zivilisten aus der Region zu behindern.
Vize-Regierungschefin Wereschtschuk rief die Einwohner des von russischen Truppen besetzten Gebiets Cherson auf, die Region zu verlassen, bevor die ukrainische Armee eine größer angelegte Gegenoffensive starte. Insbesondere Familien mit Kindern sollten ausreisen. "Bitte gehen Sie, denn unsere Armee wird dieses Land definitiv räumen", appellierte Wereschtschuk.
Sie erwarte dort schwere Kämpfe und dann werde es schwierig, Fluchtkorridore einzurichten. Wereschtschuk empfahl den Menschen sogar – wenn nötig – eine Flucht auf die von Russland annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim, die an Cherson grenzt. Normalerweise ist für Reisen dorthin eine Erlaubnis der ukrainischen Behörden notwendig - für fliehende Menschen aber sei ein vorübergehender Aufenthalt auf der Krim straffrei, betonte Wereschtschuk.
In der Hoffnung auf einen baldigen Status als EU-Beitrittskandidat fiebert die Ukraine dem EU-Gipfel in dieser Woche in Brüssel entgegen.
Unterdessen beschuldigte der prorussische Krim-Chef die Ukraine, schwimmende Gasförderplattformen im Schwarzen Meer mit Raketen angegriffen zu haben. Dabei habe es mehrere Verletzte gegeben. Moskau zeigte sich zudem erzürnt über das EU- und Nato-Land Litauen, das den Bahntransit zwischen der zu Russland gehörenden Ostsee-Enklave Kaliningrad und dem russischen Kernland beschränkte.
Deutschland und Frankreich haben an die anderen EU-Länder appelliert, der Beitrittskandidatur der Ukraine auf dem Gipfeltreffen Ende der Woche zuzustimmen. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte am Montag beim Außenrat in Luxemburg, die EU stehe vor einem "historischen Moment". Die Ukraine oder Moldau nicht einzuladen, wäre "eine fatale Entscheidung". Ihre französische Kollegin Catherine Colonna warb ebenfalls für eine "historische Entscheidung".
Die europäischen Außenminister berieten in Luxemburg über den Vorschlag der EU-Kommission vom Freitag, der Ukraine wie auch dem Nachbarland Moldau den Kandidatenstatus zu verleihen. Er ist Basis für die Beratungen der Staats- und Regierungschefs auf dem Brüsseler Gipfel am Donnerstag und Freitag.
"Das ist logischerweise ein schwieriger Prozess", räumte Baerbock unter Verweis auf Vorbehalte etwa in Portugal oder Österreich ein. Die EU dürfe aber angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine nicht "nach Schema F" verfahren, sondern müsse beide Länder einladen.
In Berlin sagte eine Regierungs-Mitarbeiterin, es liefen zwar noch "intensive Abstimmungen" in der EU, aber es sehe gut aus, die nötige Einstimmigkeit auf dem Gipfel erzielen zu können. Es dürfe allerdings "keine Rabatte oder Abkürzungen" in dem langjährigen Beitrittsverfahren geben. Das hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mehrfach betont.
Frankreichs Außenministerin Colonna plädierte dafür, der Ukraine und Moldau "den Kandidatenstatus mit sofortiger Wirkung" zu verleihen. Das hatte Präsident Emmanuel Macron bei seiner gemeinsamen Kiew-Reise mit Scholz und dem italienischen Regierungschef Mario Draghi vergangene Woche gefordert.
Die Ukraine hat das bereits per Dekret verhängte Verbot der pro-russischen Partei "Oppositionsplattform – Für das Leben" offiziell bestätigt. Die Justiz habe die Aktivitäten der Partei wegen "Verletzung der Souveränität" der Ukraine verboten, erklärte Justizminister Denys Maljuska am Montag. Demnach soll das gesamte Parteivermögen eingezogen werden. Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte die Partei Mitte März wegen des russischen Angriffs bereits per Dekret verboten.
Der als enger Vertrauter von Russlands Staatschef Wladimir Putin geltende Geschäftsmann Viktor Medwedtschuk hatte die "Oppositionsplattform – Für das Leben 2018" gegründet. Die Partei wurde offen von Russland unterstützt. 2019 zog sie als zweitstärkste Kraft hinter Selenskyjs Regierungspartei ins Parlament ein. Medwedtschuk war im April festgenommen worden, als er nach Angaben des ukrainischen Geheimdienstes das Land verlassen wollte.
In Deutschland sind zum ersten Mal auf Grundlage der Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffskriegs in der Ukraine Immobilien beschlagnahmt worden. Wie die Staatsanwaltschaft München I am Montag mitteilte, wurden drei Privatwohnungen in der bayerischen Landeshauptstadt sowie das Konto für die Mietzahlungen beschlagnahmt. Betroffen seien ein namentlich nicht genanntes Mitglied der russischen Staatsduma und dessen in München mit Wohnsitz gemeldete Ehefrau.
Die Außenminister der Europäischen Union haben am Montag Beratungen über den Vorschlag der EU-Kommission aufgenommen, der Ukraine und Moldau den Status als Beitrittskandidaten zu verleihen. "Die EU ist bereit, Nachbarn aufzunehmen, die beitreten wollen", sagte der Außenbeauftragte Josep Borrell am Rande des Luxemburger Treffens.
Außenministerin Annalena Baerbock hat für eine konkrete EU-Beitrittsperspektive für die Ukraine geworben. "Es gilt jetzt, nicht nach Schema F zu verfahren, sondern diesen historischen Moment zu nutzen und der Ukraine mit Blick auf ihre Perspektive deutlich zu machen: Ihr gehört mitten in die Europäische Union", sagte die Grünen-Politikerin am Montag am Rande eines EU-Außenministertreffens in Luxemburg. Die Herausforderungen und Aufgaben für den Beitrittsprozess seien "wahnsinnig groß", niemand wolle aber, dass man in ein paar Jahren zurückschaue und sage: "Wie konnten wir diese Weichenstellung nicht nutzen?".
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht sein Land vor der historischen Möglichkeit, EU-Beitrittskandidat zu werden, warnt aber zugleich vor schweren Kämpfen. "Morgen beginnt eine wahrlich historische Woche, wenn wir von der Europäischen Union die Antwort zum Kandidatenstatus der Ukraine hören", sagte Selenskyj in seiner Videoansprache in der Nacht zum Montag. Es sei aber deswegen auch mit einer gezielten Verschärfung der russischen Aggression zu rechnen, warnte er. Russland werde seine "feindlichen Handlungen eben in dieser Woche demonstrativ verstärken, nicht nur uns gegenüber, sondern auch gegenüber anderen Ländern Europas", sagte Selenskyj.
Die EU-Kommission hatte am Freitag empfohlen, der Ukraine den Status eines Beitrittskandidaten zu verleihen. Dem müssen aber noch alle 27 Mitgliedsstaaten zustimmen. Die endgültige Entscheidung soll beim EU-Gipfel am 23. und 24. Juni fallen. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen rechnet nach eigenen Worten fest damit, dass die Ukraine den Kandidatenstatus bekommen wird, wie sie am Sonntagabend in der ARD-Talksendung "Anne Will" sagte.
Die Außenminister der Europäischen Union beraten am Montag in Luxemburg über weitere Unterstützung für die Ukraine im russischen Angriffskrieg (9 Uhr). Erwartet werden Stellungnahmen zu dem Vorschlag der EU-Kommission, der Ukraine den Status eines Beitrittskandidaten zu verleihen. Die Entscheidung dürfte dann auf dem EU-Gipfel fallen. Dazu kommen die Staats- und Regierungschefs am Donnerstag und Freitag in Brüssel zusammen.
Russlands Überlegenheit bei der Artilleriebewaffnung reicht Militärexperten zufolge nicht für die Einnahme des Verwaltungszentrums Sjewjerodonezk im Osten der Ukraine aus. "Russlands konzentrierte Artilleriekapazität gepaart mit wohl geschwächten Infanterieeinheiten bleibt unzureichend, um russische Fortschritte in Sjewjerodonezk zu erzielen", heißt es in der jüngsten Analyse des Institute for the Study of the War (ISW) vom Sonntagabend. Russische Truppen kämpften zwar weiter um die Kontrolle der Stadt, hätten aber wenig Fortschritte am Sonntag gemacht.
Russland dürfte den Experten zufolge weiter versuchen, die ehemalige Großstadt einzukesseln und die dort verbliebenen ukrainischen Kräfte, die sich weitgehend im Chemiewerk Azot verschanzt haben, vom Nachschub abzuriegeln. Allerdings seien derzeit wenig Fortschritte bei diesem Vorhaben zu sehen. Zudem bereite Moskau eine Offensive auf Slowjansk vor. Der Raum Slowjansk-Kramatorsk gilt als Zentrum der ukrainischen Verteidigungskräfte im Donbass-Gebiet.
Nach Einschätzung des ISW behindert Moskau den Erfolg seiner Invasion selbst dadurch, dass es immer noch von einer "militärischen Spezialoperation" statt von einem Krieg spricht. Das hindere Russland an einer Mobilmachung, um weitere Kräfte zu generieren. Zudem fehle so dem Kreml die rechtliche Handhabe, um Soldaten zu bestrafen, die sich einem Einsatz verweigerten.
Die Ukraine würde auch im Falle eines Endes westlicher Waffenlieferungen den Kampf gegen Russland weiterführen. "Wenn wir keine Waffen erhalten, in Ordnung, dann werden wir mit Schaufeln kämpfen, aber wir werden uns verteidigen, denn dieser Krieg ist ein Krieg um unsere Existenz", sagte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba auf Englisch in der ARD-Talksendung "Anne Will" am Sonntagabend. "Je früher wir also Waffen erhalten, je früher sie gesendet werden, desto größer ist die Hilfe für uns. Wenn Waffen später geschickt werden, werden wir nach wie vor "danke" sagen, aber dann wird viel verspielt sein, viele Menschen werden gestorben sein."
Kuleba betonte, niemand im Westen solle glauben, dass die Ukraine ohne Waffenlieferungen eher zu Zugeständnissen bereit wäre. Er fügte hinzu: "Je später sie uns die Waffen schicken, desto mehr Menschen werden vorher sterben und desto mehr Menschen werden den russischen Grausamkeiten zum Opfer fallen und mehr ukrainisches Territorium wird von den Russen erobert werden."
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat die Bedeutung von unabhängigem Journalismus vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs hervorgehoben. Putins Krieg gegen die Ukraine sei auch ein Krieg der Desinformation und der Propaganda, betonte Wüst in einem Videogrußwort zum Global Media Forum, das am Montag in Bonn eröffnet wird. "Dieser Informationskrieg zeigt auf schreckliche Weise, wie wichtig ein freier und unabhängiger Journalismus ist", sagte Wüst.
Aus der Ukraine könnten Journalistinnen und Journalisten nur noch unter Lebensgefahr berichten. Und in Russland gebe es praktisch keine unabhängigen Medien mehr, unterstrich der CDU-Politiker in seiner am Sonntag vorab verbreiteten Videobotschaft.
Das ukrainische Parlament hat die Musik von Künstlern mit russischer Staatsbürgerschaft in der Öffentlichkeit verboten. Die Oberste Rada stimmte am Sonntag mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit für den Gesetzentwurf, teilte der Abgeordnete Jaroslaw Schelesnjak am Sonntag auf seinem Telegram-Kanal mit.
In der Begründung des Gesetzes hieß es, dass das "musikalische Produkt des Aggressorstaats (Russland) auf separatistische Stimmungen in der Bevölkerung einwirken" könne. Russische Musik würde die Annahme einer russischen Identität attraktiver machen und ziele auf eine Schwächung des ukrainischen Staates ab, hieß es im Text. Ausnahmen gelten nur für Künstler, welche den russischen Einmarsch in die Ukraine öffentlich verurteilt haben. Dafür werde es eine spezielle Ausnahmeliste des Geheimdienstes SBU geben.
Parallel dazu wurde der Import und die Verbreitung von Büchern und anderen Printprodukten aus Russland, Belarus und den russisch besetzten Gebieten komplett verboten. Seit 2016 unterlagen Bücher aus Russland bereits einer Zensur.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat neue, konkrete Maßnahmen zur Senkung des Gasverbrauchs in Deutschland angekündigt. "Wir werden den Gasverbrauch im Strombereich und der Industrie senken und die Befüllung der Speicher forcieren", teilte Habeck am Sonntag in Berlin mit. Bei der Stromproduktion würden dafür "Kohlekraftwerke stärker zum Einsatz kommen müssen".
Habeck rief die Betreiber von in Reserve gehaltenen Kohlekraftwerken auf, dass sie "sich schon jetzt darauf einstellen sollten, so dass alles so bald wie möglich einsatzbereit ist". Er verwies auf das laufende parlamentarische Verfahren für ein Gesetz zur Bereithaltung von Ersatzkraftwerken, das am 8. Juli im Bundesrat abschließend beraten werden solle. Parallel werde bereits eine Ministerverordnung vorbereitet, um die Reserve zu aktivieren."
In den letzten Tagen hat sich die Lage am Gasmarkt verschärft", erklärte Habeck zur Begründung mit Blick auf die jüngsten russischen Lieferkürzungen. "Die angespannte Situation und die hohen Preise sind eine unmittelbare Folge von Putins Angriffskrieg auf die Ukraine", stellte er klar. Gegen die damit verbundene Strategie, zu verunsichern und Preise in die Höhe zu treiben müsse sich Deutschland "entschlossen, präzise und durchdacht zur Wehr setzen".
Dafür werde die Bundesregierung nun "einen weiteren Teil der Werkzeuge rausholen und nutzen". Durch den Ersatz von Gas- durch Kohlekraftwerke könne "der Gasverbrauch zur Stromerzeugung substanziell reduziert werden". 2021 hatte der Gasanteil an der Stromproduktion in Deutschland etwa 15 Prozent betragen, laut Habeck ist er inzwischen aber bereits geringer. Den dafür wieder vermehrten Einsatz von Kohle nannte der Minister "bitter", es sei aber "in dieser Lage schier notwendig".
Die intensiven Gefechte im Donbass setzen nach Einschätzung britischer Geheimdienstexperten der Kampfmoral der Truppen beider Seiten im Ukraine-Krieg zu. "Ukrainische Kräfte haben wahrscheinlich in den vergangenen Wochen unter Desertionen gelitten, allerdings ist höchstwahrscheinlich insbesondere die russische Moral weiterhin mit Problemen belastet", hieß es in dem täglichen Geheimdienst-Update zum Ukraine-Krieg des Verteidigungsministeriums in London. Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine vor rund vier Monaten hatte es immer wieder Berichte über russische Soldaten gegeben, die Fahnenflucht begingen.
"Es gibt weiterhin Fälle, in denen gesamte russische Einheiten Befehle verweigern, und es kommt weiterhin zu bewaffneten Konfrontationen zwischen Offizieren und Soldaten" so die Mitteilung weiter. Hintergrund für die niedrige russische Moral seien unter anderem eine als schlecht wahrgenommene Führung, begrenzte Möglichkeiten zur Ablösung von der Front, sehr schwere Verluste, Stress, schlechte Logistik und Probleme mit der Bezahlung.
Die Union setzt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wegen dessen Zögerns bei der Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine weiter unter Druck. Anlässlich der für Mittwoch geplanten Regierungserklärung von Scholz im Bundestag wollen CDU und CSU einen Antrag einbringen, der laut Medienberichten konkret die umgehende Lieferung von Marder-Schützenpanzern sowie von Berge- und Pionierpanzern fordert. "Sonst gibt es bald keine Ukraine mehr", warnte Fraktionsvize Johann Wadephul.
Über den Antrag berichteten am Wochenende zuerst die "Welt am Sonntag" und der Berliner "Tagesspiegel". Ziel sei die Lieferung gepanzerter Waffensysteme für die Ukraine, "die schnell zur Verfügung stehen", sagte Wadephul dem "Tagesspiegel". Er kritisierte, Deutschland bleibe in Hinsicht auf die Lieferung schwerer Waffen "hinter allen Erwartungen zurück" und erfülle auch nicht die Vorgaben des gemeinsamen Entschlusses von Ampel und Union dazu vom April.
"Deshalb können wir dem Kanzler nicht ersparen, diese Diskussion im Bundestag noch einmal zu führen", sagte der CDU-Politiker. "Wir messen ihn an Taten, nicht an Worten." Wadephul kritisierte, der Rüstungskonzern Rheinmetall müsse seine Marder-Panzer "schon fast wie Sauerbier anbieten, weil das Kanzleramt für ihre Ausfuhr keine Genehmigung erteilt".
"Die Ukraine braucht in dieser Phase des Krieges neben Artillerie auch Kampf- und Schützenpanzer", betonte der Fraktionsvize: "Sonst gibt es bald keine Ukraine mehr, die sich um einen EU-Beitritt bemühen kann." Berge- und Pionierpanzer seien unter anderem nötig, weil oft Brücken vom russischen Militär aus taktischen Gründen zerstört würden.
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(mit dpa/afp)