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Robert Habeck ist der Krisen-Kanzler, den Deutschland mit Scholz nie hatte

Robert Habeck Buendnis 90/Die Gruenen, Bundesminister fuer Wirtschaft und Klimaschutz und Vizekanzler, aufgenommen im Rahmen der Aussprache nach der Regierungserklaerung des Bundeskanzlers im Deutsche ...
Er wird geliebt und gehasst: Momentan wird er überwiegend gefeiert, denn mal wieder fand Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck die richtigen Worte.Bild: www.imago-images.de / imago images
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Robert Habeck ist der Krisen-Kanzler, den Deutschland mit Scholz nie hatte

02.11.2023, 18:36
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Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) findet die richtigen Worte, wo andere schweigen, stolpern oder eben "scholzen". Der Begriff "Scholzig" umschreibt den Kommunikationsstil des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD). Und das ist kein Kompliment.

Es bedeutet: Gute Absichten zu kommunizieren, um dann jeden möglichen Grund zu (er)finden und zu nutzen, um diese dann zu verzögern und/oder sie zu verhindern. So versprach Scholz etwa der Ukraine dauerhaft Hilfe, die dann ewig auf sich warten ließ oder nie eintraf. Auch zeigt er keine klare Kante, wenn es um den Klimaschutz geht.

Die Welt steht an einem Wendepunkt, davor warnt auch US-Präsident Joe Biden. Eine Krise folgt der nächsten: blutige Kriege, hohe Energiepreise, Wirtschaftskrise – von der drohenden Klimakatastrophe ganz zu schweigen.

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Scholz wollte Klima-Kanzler werden, dann folgte eine Krise auf die andere

Dabei wollte Scholz ursprünglich als Klima-Kanzler in die Geschichte eingehen. "Kanzler für Klimaschutz. Scholz packt das an", lautete sein vielversprechender Wahlkampf-Slogan. Er schaffte den Sprung bis ganz nach oben: Seit Dezember 2021 ist er Bundeskanzler von Deutschland. Wenige Monate später griff Russland die Ukraine an.

Die Welt geriet in eine Abwärtsspirale – rutschte immer weiter in den Krisenmodus. Dabei durchlebte die Welt gerade erst eine Pandemie. Doch sie sollte erst der Anfang sein, von einer gigantischen Problem-Welle, die über die Welt einbricht.

Scholz geriet in die Kritik: Die Menschen fragten sich, wo der Fels in der Brandung ist. Jemand, der klare Worte findet, in diesen unsicheren Zeiten. Ja, jemand, der Sicherheit bietet, aber sich auch traut, die Wahrheit auszusprechen, auch wenn sie weh tut. Einfach jemand, der sich traut.

Und da kommt das "Habecken" ins Spiel. Habeck bringt es auf den Punkt, verschleiert seine Aussagen nicht hinter endlosen Phrasen, bei dem man am Ende nicht weiß, was jetzt Sache ist. Jeder Satz übermittelt eine Botschaft. Und wenn Habeck etwas ankündigt, zieht er das meistens auch durch – auch wenn das Ergebnis nicht immer alle überzeugt oder zu Ende gedacht ist. Stichwort Heizungsgesetz. Dabei scheut er sich nicht davor, sich auch von seiner menschlichen Seite zu zeigen.

So wie auch jetzt mit seiner Rede zum Krieg in Israel.

Habecks Rede trifft den Nerv der Zeit

In knapp zehn Minuten teilt er klar und deutlich seine Gedanken zum Nahostkrieg mit der Welt. Die Menschen feiern seine Rede – selbst einige Habeck-Hasser pflichten ihm bei. Zur Erinnerung: Der Wirtschaftsminister bekam ordentlich einen auf den Deckel wegen des Heizungsgesetzes und der Energiepolitik.

Lange Zeit war und ist er auch noch heute die Zielscheibe von Hasskommentaren. Viele lassen ihren Frust und ihre Ängste über die schwierige Wirtschaftslage an Habeck aus. Auch stand er in der Kritik, in seinem Wirtschaftsministerium herrschten Vetternwirtschaft und "Clan-Strukturen". Doch anscheinend prallt das an ihm ab. Auch zögert er nicht davor, auch mal patzig auf nervige Fragen von Journalist:innen – selbst bei Live-Interviews – zu antworten.

"Habeck rettet sicherlich nicht die Welt, aber er ist wie die frische Brise, die durch das offene Fenster in ein muffiges Zimmer weht."

Er erreicht die Menschen und drückt auch mal mit dem Finger dort rein, wo es wehtut – ohne Furcht vor einem Imageverlust. Mit seiner Rede fängt er die Atmosphäre in Deutschland und in der Welt ein. Blickt dabei durch eine differenzierte Brille, greift alle Blickwinkel auf, findet Worte, die vereinen und nicht spalten sollen. Allein auf X, ehemals Twitter, haben bereits sechs Millionen Follower das Video gesehen.

Die Reaktion ist gewaltig. Habeck stellt Scholz (erneut) in den Schatten. "Habeck ist das Beste, was Deutschland politisch passieren konnte! Noch nie in den letzten Jahren war Politik so kompromisslos ehrlich und immer bemüht, den Bürgern zu vermitteln, um was es der Politik geht", lautet ein positiver Beitrag von vielen auf X.

Auch CDU-Politiker feiern Habecks Rede

Selbst die Opposition applaudiert, wie etwa CDU-Politiker Roderich Kiesewetter. "Ein weiteres Mal bringt es Robert Habeck auf den Punkt, was es bedeutet, wenn die Sicherheit Israels wirklich deutsche Staatsräson sein soll. Enthaltung ist keine Haltung. Hoffentlich setzt sich Habecks Haltung in der ganzen Bundesregierung durch", schreibt er in einem Post. CDU-Politiker Ruprecht Polenz bedankt sich bei Habeck für seine Rede. Er finde mit jedem Satz die richtigen Worte, meint er auf X.

Die Rede katapultiert Habeck ganz weit hoch auf der Beliebtheitsskala. Er füllt die Lücke aus, die Scholz in den vergangenen Wochen (Monaten) hinterlassen hat. "Scholz kriegt so klare und glaubwürdige Worte ja offensichtlich nicht hin, dann macht es eben der Vizekanzler!", schreibt etwa eine Userin und fasst damit die Stimmung auf X zusammen: Habeck wäre der bessere Bundeskanzler.

Die Silhouette vom Bundeskanzler Olaf Scholz im Bild waehrend einer Pressekonferenz mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Ministerpraesident von Brandenburg Dietmar Woidke ueber ein Massnahm ...
Manchmal weiß man gar nicht, ob er da ist: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hält sich oft zurück.Bild: imago images / Emmanuele Contini

Habeck stellt Bundeskanzler Scholz ins Abseits

Scholz wollte Klima-Kanzler werden, "anpacken" – doch am Ende spiegelte er die Lähmung wider, die wohl viele Menschen angesichts der krassen Weltlage spüren. Es geht nicht darum, einen harten Mann an der Macht zu haben, der sagt, wo es lang geht. Davon gibt es bereits genug und sie gießen mehr Öl als Wasser ins Feuer. Man denke an Kreml-Chef Wladimir Putin, US-Ex-Präsidenten Donald Trump oder den türkischen Präsidenten Recep Erdoğan.

Habeck rettet sicherlich nicht die Welt, aber er ist wie die frische Brise, die durch das offene Fenster in ein muffiges Zimmer weht. Seine Worte durchlüften das Wirrwarr, das die Politik in unseren Köpfen hinterlässt – nach Jahren von Dauerkrise.

Habeck zeigt Stärke, in dem er sagt: "Ja, läuft gerade scheiße. Ich kenne auch nicht alle Antworten, aber so sieht die Lage aus und das sind unsere Möglichkeiten." Dabei zeigt er klare Kante – unverblümt: Hasst mich dafür oder liebt mich; wählt mich oder wählt mich ab. Habeck ist das irgendwie egal – so zumindest wirkt es.

Habeck sieht die Welt brennen und hat keine Zeit, für Smalltalk, Phrasen oder Drama, er hat die Hände voll mit Eimern, die mit Wasser gefüllt werden müssen. Morgen wird er vielleicht schon wieder dafür gehasst – bis er die nächste Rede hält.

US-Wahl und die Spaltung der Gesellschaft: Was Deutschland daraus lernen sollte

Seit der US-Wahl steht fest: Donald Trump wird erneut ins Amt des US-Präsidenten zurückkehren. Spannend war das Rennen ums Weiße Haus allemal. Doch es war ein Wahlkampf, der von starker Polarisierung und emotionaler Abneigung zwischen den beiden politischen Lagern geprägt war. Er hat die gesellschaftlichen Gräben in den Vereinigten Staaten weiter vertieft.

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