Die Industrienationen der G7 wollen aus der Stromgewinnung aus Kohle aussteigen. Zum Abschluss des Treffens der Klima-, Energie- und Umweltminister in Berlin verpflichteten sich die G7-Staaten am Freitag erstmalig zum Ziel einer überwiegend CO2-freien Stromversorgung bis zum Jahr 2035. Auch zum Klima- und Artenschutz und zu Finanzhilfen für ärmere Länder trafen sie Absprachen.
Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) sprach von einem "starken Signal für mehr Klimaschutz". Zwar sei es nicht mehr möglich, die Erderwärmung ungeschehen zu machen, es müsse nun aber darum gehen, sie zu bremsen. Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) erklärte: "Ich fahre mit einem guten Gefühl heute Nachmittag nach Hause, denn dieses G7-Treffen war ein Erfolg für den Klimaschutz, für den Naturschutz und auch für den Umweltschutz."
Deutschland führt derzeit den Vorsitz der G7-Staatengruppe, zu der auch Frankreich, Italien, Japan, Kanada, die USA und Großbritannien gehören. Auch Indonesien als Vorsitz der größeren G20-Gruppe nahm an den Beratungen in Berlin teil.
Erste Reaktionen von Umweltschützern fielen positiv aus. Der Beschluss zum Ausstieg aus fossilem Strom sei "ein starkes und notwendiges Signal, ebenso wie die Absicht, ärmere Länder beim Ausstieg aus den fossilen Energien und der Bewältigung klimabedingter Schäden und Verluste zu unterstützen", erklärte der geschäftsführende Vorstand von Greenpeace Deutschland, Martin Kaiser.
David Ryfisch, Leiter des Teams Internationale Klimapolitik bei der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch, meinte: "Die G7 haben im Abschlusstext eine erfreulich klare Antwort auf die durch den russischen Angriffskrieg ausgelöste Energiekrise gegeben: Sie liegt im beschleunigten Zubau von Erneuerbaren Energien und Steigerung der Energieeffizienz."
Die G7-Staaten wollen das Pariser Klimaabkommen von 2015 schneller umsetzen. Darin hat die Weltgemeinschaft sich zum Ziel gesetzt, die Erderwärmung, falls möglich, auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Laut Weltklimarat müsste der Treibhausgas-Ausstoß dazu rasch und drastisch begrenzt werden.
Die G7-Staaten erkennen an, dass sie anfällige Länder stärker dabei unterstützen müssen, mit den teils verheerenden Folgen der Erderwärmung zurechtzukommen. Die Gelder, die Entwicklungsländer für die Anpassung an die Folgen des Klimawandels erhalten, sollen bis 2025 gegenüber 2019 mindestens verdoppelt werden.
Beim Thema Atomkraft fahren die G7-Staaten keine gemeinsame Linie. Jene Länder, die sie nutzen, sähen ihr Potenzial als Quelle günstiger Energie mit guter Klimabilanz, heißt es sinngemäß im Abschlusspapier. Hohe Sicherheitsstandards seien allen Ländern wichtig. Für das Ziel der Klimaneutralität sei neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien auch die Nutzung der Atomkraft sehr wichtig, sagte der japanische Wirtschaftsminister Kenichi Hosoda.
Angesichts steigender Energiepreise im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine seien zwar in einigen Staaten finanzielle Unterstützung für Unternehmen und Bürger Thema, so die G7. Solche Entlastungen sollten aber nur eine Übergangslösung sein, und "ineffiziente" Subventionen für fossile Energien müssten wie vereinbart bis 2025 auslaufen – allerdings fehlt eine klare Definition dazu, welche Subventionen als "ineffizient" gelten.
Methan ist ein wichtiges Treibhausgas, das zum großen Teil durch Tierhaltung erzeugt wird. Der Ausstoß des Gases solle weltweit bis 2030 um 34 Prozent sinken und um 44 Prozent bis 2040, jeweils im Vergleich zu 2019. Methan sei um ein Vielfaches schädlicher als Kohlendioxid, sagte der US-Klimabeauftragte John Kerry. Er sagte über das 2030er-Ziel: "Wenn wir das schaffen – und das werden wir – dann ist das so viel wie wenn jedes Auto der Welt, jeder Lastwagen der Welt, jedes Flugzeug der Welt, jedes Schiff der Welt, alle bis 2030 keine Emissionen mehr ausstoßen."
Noch in diesem Jahr muss es nach dem Willen der G7-Staaten eine Weltnaturschutzkonferenz geben, um den Verlust der Artenvielfalt durch einen neuen globalen Rahmen zu stoppen. Außer den USA, die das Internationale Übereinkommen zur biologischen Vielfalt nicht unterzeichnet haben, verpflichten sich die G7-Staaten darüber hinaus bis spätestens 2030 zu ersten Schritten, um schädliche Subventionen abzubauen sowie alle Finanzströme am Ziel der Biodiversität auszurichten.
Die G7-Staaten wollen ihre nationalen Anstrengungen verstärken, um bis 2030 mindestens 30 Prozent der eigenen Küsten- und Meeresgebiete unter Schutz zu stellen. Zudem bekennen sie sich dazu, die Verschmutzung der Meere mit Plastikmüll zu beenden, und sie setzen sich dafür ein, bis Ende 2024 ein entsprechendes internationales Abkommen zu erreichen. Zudem wurde ein "Ocean Deal" vereinbart, der unter anderem verbindliche Umweltstandards für eventuellen Tiefseebergbau vorschreibt.
Mit ihrem Treffen haben die G7-Minister Weichen gestellt für den Gipfel der Staatengruppe Ende Juni im bayerischen Elmau und die Weltklimakonferenz im Herbst in Ägypten. Umweltschützer fordern nun, dass Kanzler Olaf Scholz (SPD) seine Amtskollegen beim G7-Gipfel zu weiteren Schritten bewegen kann.
Christoph Bautz, Geschäftsführender Vorstand der Kampagnenorganisation Campact, lobte die Richtung der Beschlüsse, forderte aber mehr Tempo. Nötig seien "ein Ausstieg aus der Kohle und dem Verbrennungsmotor bis 2030, ein rasches umfassendes Ende für fossile Subventionen", erklärte er. "Die Staats- und Regierungschefs müssen hier beim G7-Gipfel in Elmau noch einige Schippen drauflegen."
(nik/dpa)