Olaf Scholz trifft im Podcast "Machiavelli – Rap & Politik" auf Rapper RIN. Bild: AP / Markus Schreiber
Podcast
"Wieso sollte er denn mit mir sprechen?" Dass ein Kanzler zu Gast in einem Podcast ist, ist nicht ganz unüblich. Allerdings meist mit Hintergedanken, wie etwa dem des Wahlkampfes oder ähnlichem. Im WDR-COSMO Podcast "Machiavelli" löste Olaf Scholz (SPD) nun sein vor drei Jahren gegebenes Wahlkampfversprechen ein: als Kanzler zurückkommen.
Denn bereits vor drei Jahren war Olaf Scholz einmal bei "Machiavelli" zu Gast, damals gemeinsam mit Comedian Felix Lobrecht – und noch in seiner Rolle als Vizekanzler und Finanzminister.
Heute steht er mit Rapper RIN vor dem Mikro und stellt sich etwa eine Stunde lang den Fragen der Journalisten Jan Kawelke und Vassili Golod.
Ein Kuriosum zu Beginn: Genauso unüblich wie diese Konstellation erst einmal erscheint, so ausgefallen ist auch die Anrede. Es wird sich geduzt: "Hallo Olaf".
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Scholz stellt sich mit Rapper RIN persönlichen Fragen
Auch RIN war bereits vergangenes Jahr schon einmal Teil des Podcasts. Dass er für eine Folge mit dem Bundeskanzler angefragt wurde, konnte der Rapper lange nicht glauben. Deshalb stellte er auch mehrfach per Sprachnachricht die Nachfrage: "Wieso sollte er denn mit mir sprechen?"
Scholz' ganz einfache Antwort darauf: "Ich fand's letztes Mal im Podcast sehr nett, also bin ich heute wieder hier".
Er schob allerdings etwas später hinterher: Kunst und Kultur sei ihm sehr wichtig, deshalb spreche er auch gerne darüber. Wie etwa heute mit RIN.
So gerne, dass Scholz auch direkt eine erste, ernste Frage an den Rapper hat: "Ist unsere Gesellschaft wirklich so gespalten, wie alle sagen?" Er sei nämlich vom Gegenteil überzeugt.
RIN hat der Rap-Welt seinen Stempel aufgedrückt.Bild: imago images / Panama Pictures
Auch RIN ist offenbar seiner Meinung. Denn laut dem Rapper würde allein ein Konzert mehrere Generationen vereinen. Denn unter seinen Fans seien nicht nur Jugendliche, sondern durch seine Radio-Präsenz durchaus auch Ältere.
Scholz gibt privaten Einblick in seinen Alltag
So gesellschaftskritisch wie Scholz' erste Frage war, so ernst ging es auch weiter. Die beiden Gäste wurden gefragt, wie sie wohl von der Gesellschaft in Erinnerung behalten werden. Der Kanzler antwortete: "Ich gebe eine Antwort, die schon mal ein sozialdemokratischer Kanzler gegeben hat, die mich sehr prägt: 'Er hat sich bemüht'". Das sei das Größte, das man seiner Meinung nach über jemanden in der Politik sagen kann.
Damit spielt Scholz auf den ehemaligen sozialdemokratischen deutschen Bundeskanzler Willy Brandt an. Der Satz steht sogar auf seinem Grabstein: "Man hat sich bemüht".
Klingt für viele nach etwas wenig. Denn man erinnere sich an die Schulzeit: Damals ist der Satz "Er hat sich stets bemüht" eher ein schlechtes Zeugnis gewesen. Für Scholz bedeute der Satz aber genau das Gegenteil. Er hat sich auf die Fahne geschrieben, alles ihm mögliche gegen die Probleme der heutigen Zeit für die Gesellschaft zu tun.
"Gibt's für dich einen Schluss?", wird Scholz von RIN gefragt. Er selbst würde häufig Negatives von seiner Arbeit, aus dem Studio, mit nach Hause nehmen. "Ich hatte schon immer das Glück, diese Welten meistens gut voneinander trennen zu können", wollte Scholz die Frage zunächst vom Tisch wischen. Dann schob er nach: Früher war der Kanzler Anwalt. Zu dieser Zeit habe er eine Reihe an dramatischer Fälle betreut. Dennoch wollte er immer die Kraft haben, abends mit seiner Frau ins Kino gehen zu können.
Heute sei Scholz allerdings Bundeskanzler und nicht mehr Anwalt. Da müsse man sich anders verhalten.
"Das muss ich. Ich kann auch nicht abschalten. Auch im Urlaub bin ich nicht frei davon", gab Olaf Scholz zu. Und weiter:
"Es wird sichergestellt, dass ich jederzeit mit allen technischen Hilfsmitteln einsatzfähig bin. Das darf auch jeder Bürger und jede Bürgerin von demjenigen, der Kanzler oder Kanzlerin ist, erwarten."
Später kamen die Podcast-Gäste noch einmal darauf zu sprechen. "Gibt es Staatskollegen, die du privat erreichst?", wird Scholz gefragt. "Es gibt viele, die ich privat erreiche, aber ich beschränke mich dafür auf SMS."
Kanzler Scholz spricht über Fehler in seiner Karriere
"Welche Fehler habt ihr in der Regierung gemacht?", wurde Scholz gefragt. "Wenn man mit drei Parteien eine Regierung bildet, die unterschiedliche Meinungen haben, dann ist es völlig richtig, dass sie miteinander diskutieren. Aber es muss nicht so laut stattfinden wie jetzt und es muss nicht jeder auch noch die Fenster aufmachen, damit man den Streit hört", antwortete der Kanzler.
"Und welche Sache hast du falsch gemacht?", wurde Scholz ganz direkt gefragt. Zunächst wollte er auch hier ausweichen, doch dann nannte er ein Beispiel aus seiner politischen Karriere vor seiner Kanzlerschaft: der G20-Gipfel in Hamburg. Dort konnte er die Sicherheit der Stadt als Bürgermeister nicht so gewährleisten, wie er es gerne gehabt hätte, beschrieb Scholz.
Damit nimmt er Bezug auf ein Ereignis aus dem Jahr 2017, bei dem es zu schweren Ausschreitungen kam. "G20-Desaster" oder "Der schwere Fehler des Olaf Scholz" waren nur einige Titel von Berichten über den G20-Gipfel damals.
Der G20-Gipfel 2017 löste schwere Krawalle in Hamburg aus.Bild: Ralph Goldmann/ picture alliance / Ralph Goldmann
Als es um die aktuelle Politik der Ampel-Parteien und ihre Halbzeitbilanz geht, kommt Scholz auf das Staatsangehörigkeitsgesetz zu sprechen, das auf den Weg gebracht wurde. RIN grätscht dazwischen und fragt: "Wann wird es denn eigentlich wirksam?" "Dieses Jahr", antwortete Scholz knapp.
Der Rapper besitzt keinen deutschen Pass, ist Sohn zweier ehemaliger Gastarbeitenden aus dem früheren Jugoslawien. "Hättest du gerne einen deutschen Pass, um wählen zu können?", wird RIN gefragt. "Ich habe meinen Vater mal gefragt, warum ich keinen deutschen Pass habe. Er antwortete: 'Ich dachte nicht, dass wir hier bleiben'". "Ich werbe dafür, dass du es (Anm. d. Red.: die deutsche Staatsangehörigkeit annehmen) machst", fügte Scholz an.
Zum Schluss hat Rapper RIN noch einen klaren Appell an Olaf Scholz: "Du brauchst mehr Follower!" Im besten Fall 80 Millionen. Was müsse er dafür tun, wird RIN gefragt. "Ne Augenklappe", witzelte Scholz.
Bundeskanzler Olaf Scholz' (SPD) Vertrauensfrage am 16. Dezember soll den Weg für die Neuwahlen im Februar ebnen. Es gilt als reine Formalität, damit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dann den Bundestag auflösen kann.