Garri Kasparow kann nicht nur Schach spielen. Der 59-Jährige gilt seit vielen Jahren als einer der größten Kremlgegner. Mit dem inhaftierten und wohl bekanntesten Oppositionellen Russlands, Alexej Nawalny, ist er sich nicht ganz grün, aber was heißt das schon?
Kasparow wurde 1963 in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku geboren, ist aber armenisch-jüdischer Abstammung. 1985 wurde Kasparow zum ersten Mal Schachweltmeister und verteidigte diesen Titel bis zum Jahr 2000.
1990 verübte Aserbaidschan ein anti-armenisches Pogrom in Baku – Kasparow verließ seine Heimatstadt und lebte danach vor allem in Russland. 2013 musste er wieder fliehen. Er hat seinen Wohnsitz seither in New York City.
Jetzt hat Kasparow in einem Interview mit dem "Spiegel" den Niedergang Putins vorausgesagt.
Zunächst spricht Kasparow in dem Interview davon, dass russische Bürger:innen eine kollektive Verantwortung trügen. "Es ist Krieg, da steht man entweder auf der einen oder auf der anderen Seite der Front", sagte er. "Jeder russische Bürger, auch ich, trägt kollektive Verantwortung für diesen Krieg, wenn auch keine persönliche."
Russland sei heute eine faschistische Diktatur, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit begehe, meinte die Schach-Legende. "Und jeder, der jetzt noch in Russland lebt, ist Teil dieser Kriegsmaschinerie, ob er das will oder nicht."
Allerdings möchte der Oppositionelle auch, dass Russ:innen die Möglichkeit gegeben wird, ihr Land zu verlassen. Klar könne man die Menschen nicht einfach so "hin- und herreisen lassen", meint Kasparow. Er fordert daher, dass russische Geflüchtete eine Erklärung unterschreiben: "Der Krieg ist verbrecherisch, das Putin-Regime illegitim, und die Ukraine unteilbar." Für Ukrainer:innen sei es wichtig zu sehen, dass nur jene Russ:innen in den Westen gelassen würden, die sich von Putin distanzierten.
Dann wird Kasparow detaillierter und spricht dabei auch von den Überlebenschancen des russischen Präsidenten Wladimir Putin.
"Putins militärische und wirtschaftliche Kapazität wird im Frühjahr erschöpft sein", sagt er. Im April gehe dem Kreml-Chef spätestens die Munition aus und wirtschaftlich gesehen, könnten nicht einmal mehr die Grundbedürfnisse der Russ:innen gedeckt werden.
Dann führt er aus:
Ähnlich hatte er sich bereits vor wenigen Tagen im Interview mit dem "Tagesspiegel" geäußert. Da sagte Kasparow: "Putin kann die Niederlage in der Ukraine nicht überleben."
Und welches Problem hat der 59-jährige Kasparow mit dem Oppositionspolitiker Nawalny?
Im Mai hatte Kasparow gemeinsam mit einem Kollegen in der litauischen Hauptstadt Vilnius das sogenannte "Russische Aktionskomitee" gegründet. Damit will er diejenigen vereinen, die sich gegen den Krieg in der Ukraine aussprechen. Von der Gruppe um Alexej Nawalny gab es aber wenig bis keine Unterstützung.
"Nawalnys Leute verhalten sich eher wie eine Sekte", sagt Kasparow im "Spiegel"-Interview. "Die waren schon innerhalb Russlands wenig kooperativ und bleiben bisher unter sich." Nawalny gilt zwar weltweit als DIE Figur im oppositionellen Kampf gegen Putin. Doch auch seine politischen Ansichten sind hochumstritten.
Die "Neue Züricher Zeitung" fasst das so zusammen:
Auch Nawalnys Meinung zur Ukraine ist nicht ganz eindeutig. Zwar verurteilte er die Annexion, doch einfach zurückgeben würde er sie auch nicht wollen. Dazu sagt Kasparow: "Ich würde mir von denen wünschen, dass sie laut den Satz 'Die Krim ist Ukraine' aussprechen, ohne sich dabei die Zunge abzubrechen."