Die Straße des 17. Juni beginnt am Brandenburger Tor in Berlin. Sie zieht sich geradeaus zur Siegessäule und endet am Ernst-Reuter-Platz. Der 17. Juni – viele (vor allem junge) Menschen sehen in diesem Datum jedoch keinen großen Tag.
Dabei ist er ein Tag, an dem mindestens 55 Menschen getötet oder zum Tode verurteilt wurden – durch die Sowjetarmee oder DDR-Sicherheitskräfte. In Deutschland, beziehungsweise der damaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR).
Das ist am Samstag nun genau 70 Jahre her. Und auf Twitter trendet das Wort "Sowjetunion". Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges in der Ukraine wirkt dieses Datum noch einmal stärker, sehen viele doch im russischen Machthaber Wladimir Putin jemanden, der sich sehnlichst die Sowjetunion zurückwünscht.
Was aber war passiert am 17. Juni?
Der erste Protest startete schon am 16. Juni. Der Grund: Weil die DDR einen massiven wirtschaftlichen Abschwung erlebte, setzte das SED-Regime eine Änderung der Arbeitsnormen in Kraft. Das bedeutete: Die Menschen mussten mehr arbeiten – aber für den gleichen Lohn. Am 17. Juni 1953 veranstalteten DDR-Bürger:innen eine Welle von Streiks, Massendemonstrationen und politischen Protestaktionen. In 701 Städten und Gemeinden der DDR demonstrierten über eine Million Menschen, etliche Betriebe wurden bestreikt.
Was zunächst als Wirtschaftsprotest begann, änderte schlagartig die Richtung: Politischer Wandel wurde gefordert – Rücktritt der Regierung, freie Wahlen, Freilassung politischer Gefangener.
Die SED-Regime unter Präsident Wilhelm Pieck und Ministerpräsident Otto Grotewohl schaffte es nicht, den Volksaufstand zu unterdrücken und rief die sowjetische Besatzungsmacht zur Hilfe. Truppen der Sowjetarmee unter Beteiligung von Polizeikräften des DDR-Regimes schlugen die Proteste gewaltsam nieder. Das SED-Regime inhaftierte mehr als 15.000 Bürger:innen – Tausende erhielten mehrjährige Haftstrafen.
Am Jahrestag erinnern daher viele nun an die Brutalität, mit der das Sowjet-Regime gegen Menschen vorging – und versuchen so, auch noch einmal aufzuzeigen, dass Putin nach selbiger strebt. Putin, der den Fall der Sowjetunion als "größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts" bezeichnete.
2021 nannte Putin den Fall noch einmal "Tragödie". Er sagte:
Was die Sowjetunion jedoch besonders ausmachte, war eine Kultur der Gewalt.
Das galt nach Innen wie nach Außen. Ein Dekret der Sowjetregierung von 1918 erlaubte das Morden von Andersdenkenden explizit. Es hieß, es sei "absolut lebensnotwendig", jeden, der "in Verschwörungen, Aufstände und Erhebungen verwickelt ist, auf der Stelle zu erschießen." Offenbar sind damals bis zu 200.000 Menschen exekutiert worden.
So begann auch der Terror nach Außen. Immer mehr Nachbarländer wurden brutal überfallen und annektiert. Unter dem Diktator Josef Stalin wurde der Terror zum zentralen Prinzip der UdSSR. Im Bündnis mit Adolf Hitler fiel die Sowjetunion 1939 in Ostpolen ein. Dort sind schwerste Kriegsverbrechen dokumentiert.
Ein Beispiel: Beim Massaker von Katyn wurden mehr als 4000 Kriegsgefangene erschossen.
Der 17. Juni gilt in normalen Zeiten bereits als Gedenktag, der an ein mutiges Volk erinnert, das brutal und blutig von einem gewaltverherrlichendem Regime gestoppt wurde.
Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine lassen sich also leicht Parallelen ziehen.