In eisiger Kälte und meterhohem Schnee geht der Krieg weiter. In der Region Cherson, versuchen die ukrainischen Truppen etwa weiter nach Süden vorzurücken. Ihr Ziel: die Stadt Melitopol. Das will das russische Militär um jeden Preis verhindern.
Denn: Gelangen die Ukrainer:innen bis dorthin, können sie einen Keil in wichtige russische Nachschublinien schlagen. Demnach ist die östliche Seite des Flusses Dnipro ein entscheidender Frontabschnitt. Ausgerechnet dort, weigern sich aber nun russische Soldaten zu kämpfen – aus mehreren Gründen.
Die US-amerikanische Denkfabrik "Institute for the Study of War" (ISW) berichtet, dass sich russische Einheiten weigern, in dem Gebiet Gegenangriffe zu starten. Grund: Ihre Moral und Kampffähigkeit seien erheblich beeinträchtigt.
Das veranlasse die 810. Marine-Infanterie-Brigade nahe Krynky (30 Kilometer nordöstlich von Cherson), den Kampfbefehl zu verweigern, heißt es. Seit Oktober 2023 spielt sie laut ISW eine wichtige Rolle in der Region. Für die jetzige Kampfverweigerung gebe es viele Gründe.
Zum einen fehle es an Artillerieunterstützung für einen russischen Gegenangriff, was zu hohen Verlusten führen könnte. Zum anderen wisse man nicht genau, wo sich der Gegner befindet und man kenne auch nicht die exakte Position der eigenen Minen, die dort vergraben liegen.
Nach Angaben des ukrainischen Generalstabs soll Russlands 810. Marine-Infanterie-Brigade in den vergangenen Wochen bis zu 50 Mann durch ihre eigenen Minen verloren haben. Grund: Die russischen Kommandeure halten angeblich die Karten mit den vergrabenen Minen vor ihren eigenen Leuten geheim, heißt es im Bericht.
Aber auch bei der Kommunikation soll es Probleme geben. Laut ISW funktioniert der Austausch zwischen der Brigade und anderen operierenden Einheiten der russischen Truppen nicht reibungslos. Auch das bringe Soldaten in unnötige Lebensgefahr.
Die Denkfabrik schlussfolgert, dass es hochrangigen russischen Kommandeuren bis jetzt nicht gelungen sei, die ständigen tödlichen Kommunikationsfehler abzustellen. Die Nato verkündet kürzlich, dass sie von enormen russischen Verlusten in der Ukraine ausgehe.
Nach Einschätzung des nordatlantischen Verteidigungsbündnisses hat die Zahl der getöteten oder verwundeten russischen Soldaten mittlerweile die Marke von 300.000 überschritten. "Militärisch hat Russland einen erheblichen Teil seiner konventionellen Streitkräfte verloren", sagt Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch nach einem Bündnistreffen mit dem ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba in Brüssel.
Dazu gehörten auch Hunderte Flugzeuge und Tausende Panzer. Stoltenberg warnt zugleich davor, große Hoffnungen daraufzusetzen, dass die Verluste zu einem schnellen Ende des Kriegs in der Ukraine führen. Der russische Präsident Wladimir Putin habe eine hohe Toleranzschwelle, was die Opfer angehe, sagt der Norweger.
Die Frage ist jedoch: Ob seine Soldaten mitziehen. Schließlich sind sie es, die auf den Schlachtfeldern ihr Leben lassen.
(Mit Material der dpa)