Die Nachricht über den Tod des Kreml-Kritikers und russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny schlägt weltweit weiterhin hohe Wellen. Menschen verleihen bei Kundgebungen und Demonstrationen ihrer Trauer und Unterstützung für einen der bekanntesten Kritiker:innen von Wladimir Putin Ausdruck. Auch in Russland trauern Menschen öffentlich, trotz der Gefahr von Verhaftungen. Nawalny galt wegen seiner massiven Kritik am Kreml schon lange als dem Tode geweiht.
Nach dem Tod erhob Julia Nawalnaja, die Witwe, schwere Vorwürfe gegen den russischen Machthaber und sein Regime. Auch die EU macht Putin dafür verantwortlich, etwas mit dem Ableben des Kritikers zu tun zu haben. Der Kreml bestreitet dies selbstredend, gab jedoch die Leiche Nawalnys bisher nicht frei. Nawalnajas Anschuldigungen bezeichnet er als "unbegründet und unhöflich".
Nun hat der russische Komiker und Musiker Semjon Slepakow ein Gedicht veröffentlicht. Darin wirft er Putin vor, nicht nur Nawalnys Blut an den Händen zu tragen.
Slepakow hat das Gedicht über den Tod von Alexej Nawalny auf Instagram gepostet. Die Zeilen haben es in sich: Im Gedicht wendet er sich direkt an Putin und beschuldigt ihn, den Oppositionellen getötet zu haben.
Er habe sich eigentlich nicht mehr öffentlich an den russischen Machthaber wenden wollen, angesichts der totalen "Sinnlosigkeit" und "schlicht aus Vorsicht". Doch nun habe Putin "zynisch und feige" Nawalny ermordet. Slepakow sehe keine Möglichkeit mehr zu schweigen. Er schreibt in den Versen:
Es ist nicht das erste Mal, dass Slepakow einen Appell an Putin richtet. Am Tag nach dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine bat der russische Musik- und Comedy-Star den russischen Präsidenten, "einen anderen Ausweg aus dieser monströsen Situation" zu finden.
Jetzt nimmt er noch einmal Bezug auf den Krieg. Er schreibt in dem Gedicht in Bezug auf seine damalige Veröffentlichung: "Seitdem Hunderttausende von Todesfällen, Ukrainer und Russen. Ihr Blut, Herr Präsident, klebt an Ihren Händen."
Er wirft Putin außerdem vor, eine "gestohlene Macht" zu besitzen, spielt auf manipulierte Präsidentschaftswahlen in Russland an, die im März anstehen. Slepakow deutet an, dass Nawalny dem Kreml-Machthaber jetzt diesbezüglich nicht mehr im Weg stehe. "Nun kann niemand mehr Ihr 'Wahlergebnis' verderben. Sie werden sich wieder in Ihren Lieblingssessel setzen, mit dem von Ihnen gebilligten riesigen Vorsprung gewonnen", heißt es dazu in dem Gedicht.
Die tatsächlichen Todesumstände Nawalnys in einem russischen Straflager konnten bisher nicht aufgeklärt werden. Am 16. Februar berichtete der Bundesstrafvollzugsdienst, dass Alexej Nawalny in der Strafkolonie im Dorf Charp jenseits des Polarkreises gestorben sei. Wiederbelebungsmaßnahmen waren nach Darstellung des Kremls erfolglos. Die Familie hat keinen Zugang zur Leiche des Oppositionspolitikers.
Im April 2023 erklärte das russische Justizministerium Slepakow wegen der Kriegs-Kritik zum "ausländischen Agenten", wie das russische Exilmedium "Meduza" berichtet. Jetzt lebt der Komiker und Musiker im Ausland.