Wladimir Putin legt sich mit dem Westen an. Die Gründe dafür sind vielfältig. Dem Kreml-Machthaber ist etwa schon seit Langem die Aufnahme von ehemaligen Sowjet-Ländern in die Nato ein Dorn im Auge. Das Argument der "Nato-Osterweiterung" nennt er regelmäßig im Zusammenhang mit seiner "Militäroperation" in der Ukraine an, wie er den Krieg bevorzugt nennt. Dass sich Deutschland hinter das Land stellt, ist für den Russland-Präsidenten ein Grund mehr, Groll gegen die Bundesrepublik zu hegen.
Wie aktuelle Berichte zeigen, ist Deutschland im vergangenen Jahr gerade noch einmal so mit einem blauen Auge davon gekommen. Denn trotz Schwierigkeiten konnte die Bundesregierung demnach nur knapp drastischen Folgen eines seiner Pläne entgehen.
Wer sich an den vergangenen Winter erinnert, denkt vermutlich auch an die Energiekrise in Deutschland. Kurz nach Beginn des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine stand die Bundesregierung vor einem gewaltigen Problem: Denn Deutschland war abhängig von der Versorgung aus Russland.
Aktuelle Berichte zeigen, wie haarscharf die Bundesrepublik einem Blackout entkommen ist. Welche Folgen ein flächendeckender Stromausfall gehabt hätte und welches Chaos daraus entstanden wäre, kann man sich wohl nur schwer vorstellen. Klar ist: Besonders in kalten Monaten wäre das katastrophal gewesen.
Offenbar hatte Deutschland Glück im Unglück, wie das "Handelsblatt" berichtet. Ein Mega-Blackout konnte wohl nur dank zweier Whistleblower im letzten Moment verhindert werden. Denn neben der ohnehin schon schwierigen Energie-Situation hatte Wladimir Putin demnach offenbar einen besonders perfiden Plan.
Er hatte dem Bericht zufolge bereits einen Befehl zum "Gas-Krieg" gegeben. Die Idee: "größtmöglichen wirtschaftlichen Schaden" zu verursachen. Da Deutschland abhängig von russischem Gas war, wollte er die Lieferungen abrupt stoppen und so das Land ins Chaos stürzen. Das sollte am 4. April 2022 geschehen, nur 39 Tage nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine.
Laut "Handelsblatt" hatte Russland über Strohfirmen, über die Gazprom Geld transferierte, in Deutschland Großkunden mit dem abrupten Stopp treffen wollen. So sollten 250 Stadtwerke, 250 Konzerne und Industriebetriebe, darunter auch große Chemie- und Stahlunternehmen, sowie 700 Gaskraftwerke plötzlich von der Energieversorgung ausgeschlossen werden.
Der Plan scheiterte, weil zwei russische Manager gerade noch rechtzeitig Alarm geschlagen hatten. Sie verrieten am 1. April – drei Tage vor Umsetzung des perfiden Plans – die Vorhaben des Kreml-Machthabers deutschen Politikern. Das Blatt bezeichnet die Whistleblower als "wahre Helden dieser Geschichte". Weil sie die Pläne auffliegen ließen, müssen sie noch heute um ihr Leben fürchten, wie es weiter heißt.
Wäre Deutschland nicht gewarnt worden, hätte die überraschende Umsetzung des Plans dramatische Folgen mit sich gebracht, wie etwa der Chef des Städtebundes sagt.
Gerd Landsberg gab diese Einschätzung gegenüber der "Bild": Demnach hätten Millionen von Menschen in kalten Wohnungen ausharren müssen. Zahlreiche Ämter hätten zudem "wegen der Kälte nicht arbeiten, Geschäfte nicht öffnen können. Millionen Beschäftigte hätten nicht zur Arbeit gekonnt, weil die Betriebe von Gas und Wärme abgeschnitten gewesen wären."
Klar ist: Weil laut den Berichten etwa die Hälfte des Gasbedarfs nicht gedeckt gewesen wäre, hätte dies außerdem gravierendere Auswirkungen auf den Gaspreis gehabt: Dieser wäre explodiert. Offenbar wollte Putin Angst vor einem Gas-Kollaps schüren und prorussische Demonstrationen in Deutschland provozieren, heißt es im "Handelsblatt".
50 Stunden vor dem Stichtag für den Putin-Plan versammelten sich dem Bericht zufolge Beamte in einem abhörsicheren Sprechzimmer von Vizekanzler Robert Habeck. Krisensitzung.
Mitglieder des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWK) und des Bundeskanzleramtes nahmen daran teil und suchten nach einer schnellen Lösung. Auch eine Insolvenz des Gaskonzerns Gazproms wurde dabei in Betracht gezogen.
Dann entschied man sich jedoch für einen anderen Weg: Deutschland übernahm zuerst die Treuhänderschaft und anschließend durch eine Verstaatlichung die Kontrolle über den russischen Konzern. Wie das wohl bei Wladimir Putin angekommen ist?
Klar ist: Der Russland-Machthaber stoppte erst am 12. Mai, also 38 Tage später als geplant, die Gaslieferungen. Diesmal jedoch ohne Überraschungseffekt.