Mehr als zwei Jahre dauert der Krieg in der Ukraine bereits an. Beide Seiten haben während dieser Zeit Hunderte Soldaten zu Kriegsgefangenen gemacht. Immer wieder können sie im Rahmen von Gefangenenaustauschwn nach Hause zurückkehren.
Doch offenbar werden einige von ihnen nach traumatischen Monaten Opfer von Menschenhandel. Wie ein aktueller Bericht zeigt, soll es einen Schwarzmarkt für gefangen gehaltene Ukraine-Soldaten geben. Russland ist demzufolge in den illegalen Menschenhandel involviert.
Petro Yatsenko ist als Sprecher des ukrainischen Hauptquartiers für die Koordinierung von Kriegsgefangenen zuständig. Er beschreibt gegenüber der britischen "Times", was in Sachen Menschenhandel vor sich geht. Demnach werde der Schwarzmarkt von Gruppen von Tschetschenen betrieben, also einer ethnischen Gruppe aus Südrussland.
Seinen Schilderungen zufolge kaufen sie Kriegsgefangene von anderen russischen Streitkräften ab. Das Ziel sei: Sie bei einem möglichen Gefangenentausch für eigene Truppen einzutauschen. Er beschreibt die Hintergründe der Vorgänge so: "Es gab Fälle, in denen sie unsere Verwundeten von der russischen Armee kauften, sie nach Grosny (Anm. d. Red.: tschetschenische Hauptstadt) brachten und sie dann gegen ihre eigenen Soldaten austauschten."
Tschetschenenpräsident Ramsan Kadyrow hat seine Streitkräfte während des Ukraine-Kriegs angewiesen, auf russischer Seite an der Front zu kämpfen. Laut "Times" verlagerte sich ihr Einsatz in den vergangenen Monaten jedoch zunehmend von der Front weg. Durch diese Verschiebung konnten sie selbst auch weniger Soldaten der gegnerischen Seite in Gefangenschaft nehmen, um sie einzutauschen.
Ein ukrainischer Soldat berichtete der Zeitung von seiner Gefangennahme in der Region Donezk im Februar des vergangenen Jahres. Der 41-jährige Wjatscheslaw Lewyzkij erlitt dieses Schicksal und wurde anschließend an die Tschetschenen verkauft. Der Mann war nach einem Gefecht in der Nähe von Awdijiwka von Soldaten der Donezker Volksrepublik, einer besetzten Region der Ukraine, in Gefangenschaft gekommen.
Was er dort erlebte, muss schrecklich gewesen sein. So hätten ihm die Entführer die medizinische Behandlung verweigert. Diese benötigte er eigentlich dringend wegen verwundeter Beine und Verletzungen am Unterleib. Statt ihn zu versorgen, erteilten sie ihm seinen Schilderungen zufolge Schläge. Sie wollten durch diese Behandlung offenbar sensible Informationen aus ihm herausbekommen.
Sind die Informationen des Soldaten korrekt, verstößt diese Behandlung gegen die Genfer Konvention. Laut dem internationalen Komitee des Roten Kreuzes legt diese für Kriegsgefangenschaft Folgendes fest:
Nach kurzer Zeit wurde Lewyzkij dann nach Grosny gebracht. Dort erholte er sich, war dann im Juni 2023 Teil eines Gruppentauschs ukrainischer Gefangener gegen tschetschenische Gefangene.
Tschetschenische Truppen sind für ihre Brutalität und Grausamkeit bekannt. Diesen Eindruck versucht auch Russland zu verstärken, um den Ukrainer:innen Angst einzujagen. Doch diese Grausamkeit kann Levytskiy nicht bestätigen. Seine tschetschenischen Entführer hätten ihn relativ gut behandelt, auch medizinische Versorgung erhielt er während seiner Zeit bei den tschetschenischen Truppen.
Seinem verletzten Bein und seinen Händen half dies jedoch nicht mehr. Sie mussten wegen der schlechten medizinischen Versorgung in der Zeit zuvor amputiert werden, wie die Zeitung berichtet.
Schätzungen zufolge wurden 4000 ukrainische Soldat:innen von den russischen Streitkräften gefangen genommen, berichtet "The Guardian", mehr als 2500 Ukrainer:innen seien in Gefangenenaustausche verwickelt gewesen.