USA
08.09.2019, 06:3808.09.2019, 12:42
Kurz vor einem erwarteten Abkommen zwischen den
USA und den radikalislamischen Taliban hat US-Präsident Donald Trump
die weiteren Friedensverhandlungen völlig überraschend abgesagt.
- Trump schrieb am Samstagabend auf Twitter, er habe ursprünglich für diesen Sonntag in Camp David geheime Treffen mit den Taliban und – getrennt davon – mit Afghanistans Präsident Aschraf Ghani geplant.
- Wegen eines tödlichen Anschlags in der afghanischen Hauptstadt Kabul, bei dem auch ein US-Soldat ums Leben kam, habe er die Treffen aber abgesagt – und ebenso die Friedensgespräche mit den Taliban.
- Ob dies das endgültige Aus für die Verhandlungen ist oder diese nur ausgesetzt sind, blieb zunächst unklar.
Die USA und die Taliban sprechen seit Juli 2018 über eine politische
Lösung des bald 18 Jahre dauernden Konflikts in Afghanistan. Der
US-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad hatte am Montag gesagt, man habe
sich "grundsätzlich" auf ein Abkommen geeinigt. Die "grundsätzliche"
Einigung sei aber erst endgültig, wenn sich Trump damit einverstanden
erkläre. Sollte Trump zustimmen, könne das Abkommen in den kommenden
Tagen verkündet werden. Nun kam alles anders.
Bei den Gesprächen ging es vor allem um Truppenabzüge und Garantien
der Taliban, dass Afghanistan kein sicherer Hafen für Terroristen
wird. In der Folge sollten innerafghanische Friedensgespräche geführt
werden. Bisher hatten sich die Taliban geweigert, mit der Regierung
in Kabul zu sprechen, die sie als "Marionette" des Westens
betrachten. Auch ein Waffenstillstand war Thema.
Trump schrieb auf Twitter, führende Taliban-Vertreter und Ghani
hätten eigentlich am Samstagabend in den USA ankommen sollen, um sich
am Sonntag in Camp David mit ihm zu treffen. Fast niemand habe davon
gewusst. Leider hätten die Taliban aber, "um ihre
Verhandlungsposition zu stärken", einen Anschlag in Kabul begangen,
bei dem ein US-Soldat und elf weitere Menschen getötet worden seien.
Er habe das Treffen daher sofort gestrichen – und auch die
Friedensverhandlungen abgesagt. "Wenn sie keinen Waffenstillstand
vereinbaren können während dieser sehr wichtigen Friedensgespräche,
und sogar zwölf unschuldige Menschen töten, dann haben sie
wahrscheinlich ohnehin nicht die Macht, ein bedeutsames Abkommen
auszuhandeln", beklagte Trump in seinem Tweet.
Die radikalislamischen Taliban hatten ihre Angriffswelle in Afghanistan in den vergangenen Tagen fortgesetzt:
Bei zwei Autobombenanschlägen in der Hauptstadt Kabul und in der östlichen Provinz Logar waren nach Behördenangaben am Donnerstag mindestens 16 Menschen getötet worden. Bei der Attacke in Kabul starben zwölf Menschen, darunter zwei Nato-Soldaten. Einer der getöteten Soldaten war Amerikaner. Die Taliban bekannten sich zu beiden Attacken. Seit Jahresbeginn kamen 16 US-Soldaten in Afghanistan ums Leben.
Mit den beiden Autoanschlägen hatten die Taliban innerhalb von fünf Tagen fünf großangelegte Angriffe durchgeführt. Erst in der Nacht zu Mittwoch waren in der nördlichen Provinz Baghlan 33 Zivilisten und Sicherheitskräfte bei Gefechten umgekommen. Die Friedensverhandlungen zwischen den USA und den Taliban wurden in den vergangenen Monaten generell von Gewalt überschattet.
Dass Trump nun einen einzelnen Anschlag zum Anlass nimmt, den
langwierigen Prozess im letzten Moment abzubrechen, kam mehr als
überraschend. Er selbst hatte einen möglichen Abzug von US-Truppen
sehr vorangetrieben. Trump verfolgt generell den Kurs – und hat dies
seinen Anhängern versprochen, möglichst viele US-Soldaten in die
Heimat zurückzuholen und die Rolle der USA als "Weltpolizist" zu
beenden.
Die USA hatten offenbar geplant, im Falle einer Übereinkunft
mit den Taliban in einer ersten Tranche rund 5000 US-Soldaten aus dem
Land abzuziehen. Dem Entwurf des geplanten Abkommens zufolge hätten
die US-Streitkräfte demnach innerhalb von 135 Tagen fünf Stützpunkte
verlassen sollen, sofern die Taliban die Bedingungen im Abkommen
erfüllt hätten. Zurzeit sind etwa 14.000 US-Soldaten in Afghanistan
stationiert.
Das Vorgehen der Amerikaner, der militärischen Leitnation in
Afghanistan, ist in dieser Frage auch und gerade für internationale
Partner von Bedeutung, die ebenfalls Soldaten an den Hindukusch
geschickt haben.
Die Amerikaner waren in Afghanistan nach den Flugzeugattentaten von
Al-Kaida in den USA am 11. September 2001 einmarschiert. Al-Kaida
hatte damals ihre Zentrale in Afghanistan. Die verheerenden Anschläge
jähren sich in der kommenden Woche zum 18. Mal.
(pb/dpa)
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