Twitter ist gegen einen Medienbericht über den demokratischen Präsidentschaftsbewerber Joe Biden vorgegangen – und hat sich damit einen Frontalangriff von US-Präsident Donald Trump eingehandelt. "Sie versuchen, Biden zu schützen", sagte Trump am Mittwochabend (Ortszeit) bei einem Wahlkampfauftritt in Des Moines im US-Bundesstaat Iowa.
Auch auf Twitter tat er seinen Ärger kund:
Twitter hatte die Verbreitung des Weblinks zu einem Artikel der "New York Post" unterbunden, der Biden mit Geschäften seines Sohnes Hunter in der Ukraine in Verbindung brachte. Unter anderem konnte er ab Mittwochnachmittag nicht mehr per Tweet oder Direktnachricht weitergeleitet werden.
Twitter verwies zur Begründung zunächst auf Regeln gegen die Verbreitung von Informationen, die durch "Hacking" beschafft worden seien und private Daten enthielten. Der Bericht - der auch Abbildungen angeblicher E-Mails zeigte - schaffe nicht genug Klarheit zur Herkunft des veröffentlichten Materials. Facebook schränkte nach eigenen Angaben die Verbreitung des Artikels ein.
Es verstoße gegen die Regeln des Netzwerkes, persönliche und private Informationen wie E-Mail-Adressen und Telefonnummern zu verbreiten, stellte Twitter später klar. Dagegen sei es kein Regelverstoß, gehacktes Material zu kommentieren oder zu diskutieren. Twitter-Chef Jack Dorsey zeigte sich unzufrieden mit der Kommunikation seiner Firma rund um den Vorfall. Es sei "inakzeptabel", das Verbreiten von Links per Tweet oder Direktnachricht ohne jeglichen Kontext zu blockieren, räumte er ein.
Die Zeitung hatte am Mittwoch berichtet, eine E-Mail, die auf einem Notebook in einer Reparaturwerkstatt gefunden worden sei, deute auf ein Treffen Joe Bidens mit einem Geschäftspartner seines Sohnes im Jahr 2015 hin. Ein Sprecher von Bidens Wahlkampfteam betonte in einer Stellungnahme an die Website "Politico": "Wir haben Joe Bidens offizielle Zeitpläne aus dieser Zeit geprüft – und es gab nie ein Treffen, wie es von der "New York Post" behauptet wurde."
Die Zeitung bekam nach eigenen Angaben eine Kopie der Festplatte des Notebooks vom Wochenende von Rudy Giuliani, einem engen Vertrauten von Trump. Die Kopie sei vom Besitzer der Reparaturwerkstatt angefertigt worden, während das Notebook selbst im vergangenen Dezember von der Bundespolizei beschlagnahmt worden sei.
Trump hat wiederholt versucht, seinen Kontrahenten wegen der früheren Tätigkeit seines Sohnes in der Ukraine anzugreifen. Hunter Biden war zwischen 2014 und 2019 Mitglied im Aufsichtsrat des Gaskonzerns Burisma. Trump hat Biden wiederholt vorgeworfen, sein Amt als Vizepräsident in der Regierung von Barack Obama (bis 2017) genutzt zu haben, um zu versuchen, seinen Sohn vor der ukrainischen Justiz zu schützen. Biden weist das zurück. Trump wollte dazu Ermittlungen in der Ukraine erreichen. Der Konflikt brachte ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump ins Rollen, das im Februar mit einem Freispruch im Senat endete.
Trumps Republikaner argumentieren, Hunter Bidens hoch dotierter Posten bei Burisma sei ein Interessenskonflikt gewesen. Joe Biden war als Vizepräsident federführend für die US-Politik gegenüber der Ukraine verantwortlich. Die Demokraten argumentieren, Hunter Bidens Posten habe keinen Einfluss auf die Regierungspolitik gehabt. Joe Biden sagt, er habe mit seinem Sohn nie über dessen Auslandsgeschäfte gesprochen.
Die Sprecherin des Weißen Hauses, Kayleigh McEnany, und Stabschef Mark Meadows warfen Twitter im Umgang mit dem Zeitungsbericht "Zensur" vor. Die Trump-Regierung bezichtigt Online-Plattformen wie Twitter und Facebook schon lange, die Verbreitung konservativer Ansichten einzuschränken – was die Dienste bestreiten.
Trumps Wahlkampfteam veröffentlichte ein Bildschirmfoto, das belegen sollte, dass Twitter McEnany wegen der Weiterverbreitung des Weblinks zu dem Artikel den Zugang zu ihrem persönlichen Twitter-Profil versperrte. Das Profil konnte am Mittwochabend weiter aufgerufen werden. Offenbar hinderte sie die Sperre daran, selbst etwas zu posten. Von Twitter gab es dazu keine Stellungnahme.
(om/dpa)