In den USA ist ein Universitätsprofessor nach einem Rassismus-Streit von einer Vorlesung abgezogen worden. Professor Greg Patton von der University of Southern California (UCS) verlor den Lehrauftrag, weil er dreimal hintereinander ein chinesisches Füllwort gesagt hat – das aber in den Ohren von Englischsprechern wie das rassistische N-Wort klingt.
Patton ist an der Hochschule in Los Angeles Professor für "Business Communication". Am 20. August hielt eine Online-Vorlesung über sogenannte Füllwörter: Wörter, die keine direkte eigene Bedeutung haben, aber sehr häufig verwendet werden. Im Deutschen sind das zum Beispiel "ähm", "tja" oder "naja". Patton nannte während seiner Vorlesung ein Beispiel aus dem Mandarin-Chinesischen – und verwendete das Wort 那个 (ausgesprochen etwa "nie-geh").
Das Problem: Das Wort klingt dem rassistischen N-Wort, mit dem auf Englisch Schwarze Menschen beleidigt werden, sehr ähnlich. Ein Mitschnitt der entsprechenden Stelle in der Vorlesung wurde auf mehreren Websites hochgeladen, unter anderem hier.
Wie US-Medien und die britische BBC berichten, schrieben am Tag nach der Vorlesung mehrere Studenten an die Leitung der Universität, um sich über Pattons Verhalten zu beschweren. In einem offenen Brief warf eine Gruppe Studierender Patton "Nachlässigkeit", "Respektlosigkeit" und mangelndes Bewusstsein für Rassismus vor. Es könne Schwarzen Studenten nicht zugemutet werden, weiter in Pattons Vorlesung zu sitzen.
Pattons Vorgesetzter Geoffrey Garrett, der Dekan der Wirtschaftsfakultät, an der er lehrt, antwortete darauf mit großem Verständnis für die Studenten und sprach unter anderem von einem "verstörenden Vorfall". Die Konsequenz daraus: Professor Patton wurde von dieser Vorlesung abgezogen, laut der BBC leitet er seine anderen Seminare und Vorlesungen aber weiter.
Die Empörung gegen Patton und seine Suspendierung von der Vorlesung haben aber auch eine heftige Gegenreaktion ausgelöst: von chinesischsprachigen Menschen und Sinologie-Studenten. Der Tenor der Kritik: Hier werde Mandarin-Chinesisch, eine Sprache mit gut 900 Millionen Muttersprachlern, nur aus der Perspektive von Englischsprechern gesehen – und somit abgewertet.
Taisu Zhang, Jura-Professor an der Elite-Universität Yale, verteidigte Patton. Er habe das Wort korrekt ausgesprochen, es werde auf Chinesisch sehr häufig verwendet.
Auch von Studenten erhält Professor Patton Rückendeckung. Über ihren Twitter-Account schrieb der "Black China Caucus", eine Studentenorganisation für Schwarze Sinologie-Studenten, man sei "schockiert", darüber, wie schlecht die Universität mit dem Fall umgegangen sei. Dadurch schade die Universität ernsthaften Debatten über Diversität, Gleichbehandlung und Inklusion an Hochschulen.
Vic Marsh, Doktorand der Wirtschaftswissenschaften an der University of Colorado und chinesisch-sprechender Schwarzer, machte es noch deutlicher: "Jeder soll aufhören, dumme Sachen im Namen Schwarzer Menschen zu tun."
Es ist nicht das erste Mal, dass das chinesische Füllwort 那个 ("nie-geh") Missverständnisse zu Rassismus auslöst. 2016, berichtet die BBC, griff ein Schwarzer in der südchinesischen Stadt Guangzhou in einer U-Bahn einen Mitreisenden an, nachdem der das Wort in seiner Gegenwart gesagt hatte.
Im April 2020 wäre es demnach wegen eines ähnlichen Missverständnisses in einem Restaurant in Taiwan fast zu einer Schlägerei gekommen.
Und der ehemalige chinesische Basketball-Star Yiao Ming hat vor Jahren in einer US-Talkshow erzählt, dass er während seiner Zeit von 2002 und 2011 in der NBA mehrfach Missverständnisse wegen dieses Worts erlebt hat.
(se)