Usbekistan ist ein autoritäres Land, galt aber als stabil innerhalb des derzeitig unruhigen Zentralasiens. Die schweren Proteste in Karakalpakstan verschärfen die Lage.Bild: picture alliance/dpa/TASS / Valery Sharifulin
watson antwortet
Wo ist Usbekistan gleich nochmal? Das Land liegt im Herzen Zentralasiens und ist in den vergangenen Tagen in den Fokus der Welt gerückt. Erst vergangenen Sommer nahmen die Taliban Afghanistan ein. Im Januar dieses Jahres kam es dann zu schweren Unruhen im Nachbarland Kasachstan. Jetzt brachen am 1. Juli in der autoritären Republik gewaltsame Proteste in der Provinz Karakalpakstan aus, die zusätzliche Spannungen in die Region bringen.
Was ist passiert?
Grund der Ausschreitungen war die Ankündigung des Präsidenten Schawkat Mirsijojew, die Unabhängigkeit Karakalpakstans einzuschränken. Die Regierung schlug die Proteste gewaltsam nieder. Nach Angaben der Behörden seien 18 Menschen getötet und 243 weitere verletzt worden.
Usbekistan liegt im Herzen Zentralasiens und ist mit 32 Millionen Einwohner das bevölkerungsreichste Land in dieser Region. bild: googlemaps
Mirsijojew ließ von seinen Plänen ab, die Autonomierechte Karakalpakstans zu beschneiden und reiste persönlich vor Ort. Zudem verhängte er den Ausnahmezustand für die Region.
Karakalpakstan ist eine autonome Republik im Westen Usbekistans am Aralsee. Es nimmt eine große Fläche des Landes ein. Bild: Google Maps
"Die Polizei ist überall auf den Straßen präsent."
Temur Umarow, Zentralasien-Experte und Forscher am Moskauer Carnegie-Zentrum
Wie ist die aktuelle Lage?
Temur Umarow schätzt die Lage seines Heimatlandes aktuell als stabil ein. Der Zentralasien-Experte und Forscher am Moskauer Carnegie-Zentrum sagt gegenüber watson: "Die Polizei ist überall auf den Straßen präsent. Die Regierung kontrolliert alles, demnach ist zunächst mit keinen weiteren Eskalationen zu rechnen." Die Berichterstattung direkt aus Karakalpakstan sei allerdings schwierig.
Temur Umarov ist in Usbekistan aufgewachsen und arbeitet heute am Carnegie-Zentrum.bild: Privat
Mehrere Journalisten wurden in Gewahrsam genommen, darunter auch Joanna Lillis. Sie schätzte die Lage am 3. Juli vor Ort ein, seitdem war es lange ruhig auf ihrem Twitter-Account. Lolagul Kallykhanova, Redakteurin des unabhängigen Newsportal Makan.uz berichtete ebenfalls von den Protesten und gilt als vermisst.
Liegen die Ursachen der Proteste tiefer?
In den vergangenen Tagen hatte der usbekische Präsident angedeutet, dass Kräfte aus dem Ausland die Proteste angefeuert haben sollen. "Er spricht davon, dass der Protest von außen gegen Usbekistan vorbereitet wurde. Dabei deutet er auf westliche Länder, die ihre Finger im Spiel gehabt haben, um das Land zu destabilisieren", erklärt Umarov.
Schawkat Mirsijojew ist seit 2016 Präsident von Usbekistan.Bild: picture alliance/dpa / Bernd von Jutrczenka
Karakalpakstan gilt als eine arme Region, die stark durch die Umweltkatastrophe am Aralsee betroffen ist. Gleichzeitig ist es ein begehrter Ort für ausländische Investoren aufgrund zahlreicher Rohstoffe wie Erdgas und Metalle. Von diesem Reichtum spürt die Bevölkerung wenig, was Frust schürt.
Alles vorbei oder haben die Proteste Folgen?
"Es ist eine große Sache für Usbekistan", sagt Umarow. "Die Proteste beeinflussen auf alle Fälle die Stabilität des Landes." Seit 2005 habe es keine massiven politischen Ausschreitungen gegeben.
"Die Lage ist schlimmer denn je, die ganze Region brennt."
Usbekistan sei eines der autoritärsten Länder in Zentralasien, aber es galt als stabil. "Die Lage ist schlimmer denn je, die ganze Region brennt. Es schien, dass Usbekistan das einzige stabile Stück in diesem Puzzle war. Aber jetzt gibt es kein Land in Zentralasien, das als stabil angesehen werden kann", sagt der Zentralasien-Experte.
Eine Familie blickt auf die Schäden, die durch gewaltsame Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Polizei im Januar 2022 in Almaty, Kasachstan, entstanden sind. Bild: Anadolu Agency / Pavel Pavlov
Umarov vermutet, dass wir in Zukunft noch mehr Fälle wie in Karakalpakstan sehen werden. Die usbekische Bevölkerung sei engagierter als früher und fordert mehr von der Regierung ein. Er sagt: "Wir haben all diese autoritären Regierungen in Zentralasien, es braucht Veränderungen, jetzt kommt vielleicht der Wandel."
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