Grüne und FDP haben sich geeinigt. Konkret geht es um die Ausgestaltung der Kindergrundsicherung – ein Herzensprojekt im Koalitionsvertrag und von Familienministerin Lisa Paus (Grüne). Lange gab es deswegen Streit, vor allem um den finanziellen Rahmen für die Reform. Alle Leistungen, die Kindern zustehen, sollen in dem neuen Gesetz unter einen Hut gebracht werden.
Worauf haben sich Finanzministerium, Sozialministerium und Familienministerium geeinigt? Die wichtigsten Fragen klärt watson für euch.
Gerade die Finanzierung war ein Knackpunkt zwischen Grünen und FDP. Familienministerin Paus forderte zwischenzeitlich zwölf Milliarden Euro. Finanzminister Lindner (FDP) lehnte diesen Kostenpunkt energisch ab. Seither lagen die beiden Ministerien im Clinch.
Nun aber haben sich FDP und Grüne geeinigt, das Kabinett soll über den Gesetzentwurf zeitnah abstimmen. Statt der früher geforderten 12 Milliarden Euro, haben sich die Ministerien jetzt für 2025 auf 2,4 Milliarden Euro für die Sozialreform geeinigt. Nach 2025 geht die Familienministerin von steigenden Aufwendungen in den folgenden Jahren aus. Der Betrag der Kindergrundsicherung steige nämlich mit dem errechneten Existenzminimum – und das hängt auch mit den Kosten für Nahrung, Wohnen und Leben zusammen.
Für Lindner ist klar, das macht er in einer Pressekonferenz zur Vorstellung des Gesetzentwurfs deutlich, das Konzept Fordern und Fördern darf durch die Reform nicht verwässert werden. Mit höheren Leistungen sei also nicht zu rechnen. Wie hoch der Regelbetrag zum Startpunkt liegen wird, könne man jetzt noch nicht sagen, meint Paus. Denn auch das hänge dann mit den Berechnungen zum Existenzminimum zusammen.
Bei Alleinerziehenden solle sich die Situation allerdings verbessern, zumindest dann, wenn sie erwerbstätig sind. So sollten nicht "zusätzliche Anreize" geboten würden, sich keinen Job zu suchen, führt Lindner aus. Er geht davon aus, dass die Kindergrundsicherung die "letzte große Sozialreform" sein wird, die in die Haushaltsplanung der kommenden Jahre passt.
"Nach Jahrzehnten der politischen Diskussion ist es diese Regierung, die eine Antwort auf Kinderarmut gefunden hat", erklärt Ministerin Paus bei der Pressekonferenz begeistert. Leistungen sollen in Zukunft leichter und direkter an die Familien ausgezahlt werden. So sollen Teilhabe und Chancengleichheit gefördert werden.
Konkret besteht das neue Sozialpaket aus einem einkommensunabhängigen "Kindergarantiebetrag" – also dem heutigen Kindergeld – und einem altersabhängigen "Kinderzusatzbetrag". Dieser Zusatzbetrag löst den heutigen Kinderzuschlag ab, der aktuell gesondert beantragt werden müsste, wenn die Eltern zwar arbeiten, das verdiente Geld aber nicht reicht. Paus stellt klar, dass der Staat in Zukunft in der Bringschuld sein wird.
Was außerdem kommen soll: Eine neue Anlaufstelle für alle Kinderleistungen. Auch ein neues Online-Portal soll Erleichterung bringen, indem Eltern dort einfach nachschauen können, ob ihnen Sachleistungen – wie Unterstützungen zu Klassenfahren zustehen.
Geplant ist, dass nun erstmal in die Verbände-Anhörung zu gehen und den Entwurf Mitte September ins Kabinett zu bringen. Denn Startpunkt für die Grundsicherung soll der 1. Januar 2025 sein.
Auf X, früher Twitter, stößt vielen sauer auf, dass nun weniger Geld, als anfangs von Paus gefordert, für die Kindergrundsicherung ausgegeben werden soll. Linken-Politiker Bernd Riexinger schreibt: "2,4 Milliarden sind ein Witz und zeigt das geringe Interesse dieser Bundesregierung gegenüber Kindern." Gerade dann, wenn jedes fünfte Kind von Armut betroffen sei.
Auch Autor Jakob Springfeld zeigt sich wenig überzeugt von der Einigung der Regierung. Er fragt: "Was genau ist daran die Priorisierung des 'Fortschritts'?!"
Einige Akteur:innen kommen auf X auch darauf zu sprechen, dass nach wie vor Milliarden-Investitionen in Subventionen gesteckt würden, die klimaschädlich seien. Wie etwa die Mehrwertsteuerbefreiung auf internationalen Flügen oder die Energiesteuerbefreiung auf Kerosin im Luftverkehr. So schreibt etwa Linken-Politiker Lorenz Gösta Beutin:
Zuspruch bekommt die Regierung für ihren Vorstoß allerdings aus den eigenen Reihen. Und auch die armutsbetroffene Aktivistin Nini Klein schreibt auf X: "Ja, es ist ein Tropfen auf einem heißen Stein, aber, es ist die richtige Richtung."
Nach der Einigung bei der Kindergrundsicherung soll nun auch das Wachstumschancengesetz auf den Weg kommen. "Von mir gibt’s keine Einwände", erklärt die Familienministerin. Paus hatte die geplanten Steuererleichterungen für Firmen Mitte August wegen der zunächst ungeklärten Finanzierung der Kindergrundsicherung blockiert.
(Mit Material der dpa)