Die Gaskrise trifft Deutschland mit voller Wucht. Dabei fürchten sich viele Bürger:innen vor den Herbst- und Wintermonaten. Für viele Menschen können die steigenden Gaspreise existenzbedrohend werden.
Aber auch Energiekonzerne wie Uniper und RWE trifft die Gaskrise schwer. Die Beschaffung des Rohstoffes wird für die Gaslieferanten immer teurer. Laut Vattenfall sind die Kosten hierfür um 101 Prozent angestiegen.
Um die Energiekonzerne zu entlasten, hat die Bundesregierung eine Gasumlage in Höhe von 2,419 Cent pro Kilowattstunde beschlossen. Was genau das bedeutet und was jetzt auf die Verbraucher:innen zukommt, hat watson zusammengefasst.
Seit dem Krieg in der Ukraine liefert Russland erheblich weniger Gas nach Deutschland. Daher müssen die Energieunternehmen unter hohen Kosten Ersatz für den Rohstoff beschaffen. Auf Dauer kann das zu Lieferengpässen führen, im schlimmsten Fall sogar zur Insolvenz des Unternehmens.
Die Bundesregierung will dem entgegenwirken und die Gaslieferanten entlasten. Dafür ist ein finanzieller Ausgleich in Form einer Umlage Beschlossen worden. "Die Zusatzkosten, die beim Einkauf von Ersatzgas anfallen, können mittels einer Umlage auf Gasverbraucher verteilt werden", erklärt die Bundesregierung.
EEG steht für Erneuerbare-Energien-Gesetz. Mit der EEG-Umlage wird der Ausbau der Erneuerbaren Energien finanziert. Unternehmen von Erneuerbaren-Energie-Anlagen, die Strom zur Verfügung stellen, erhalten dafür eine festgelegte Vergütung. Die EEG-Umlage müssen alle bezahlen, die Strom nutzen, sie ist Teil des Strompreises. Ab dem 1. Januar 2023 soll die EEG-Umlage vollständig aus dem Bundeshaushalt finanziert werden. Dann wären alle Stromverbraucher:innen von der EEG-Umlage befreit. Aber wie sieht das mit der Gasumlage aus?
Jeder Haushalt, der Gas bezieht, muss ab dem 1. Oktober eine Umlage zahlen. Die Gas-Umlage für alle Verbraucher:innen beträgt 2,419 Cent pro Kilowattstunde. Das Gemeinschaftsunternehmen der Gas-Netzbetreiber, Trading Hub Europe(THE), legte die Berechnung am Montag vor. Für einen vierköpfigen Durchschnittshaushalt ergibt sich damit eine Zusatzbelastung von rund 480 Euro im Jahr ohne Mehrwertsteuer.
Die Gasumlage soll bis Anfang April 2024 gelten, dabei wird sie monatlich abgerechnet und kann alle drei Monate angepasst werden. Der Bundesregierung zufolge ist die finanzielle Belastung durch die Umlage erheblich. Es werden zusätzliche Kosten von mehreren hundert Euro auf die Haushalte zukommen. Der Verbraucherschutz reagiert alarmierend auf die geplante Gasumlage.
Die Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) Ramona Pop warnte bereits im Voraus, die Gasumlage am 1. Oktober einzuführen. In ihrem Statement sagte sie, es sei zu früh und es stehen noch viel zu viele Fragen offen:
Laut Pop müssten die Menschen vorher wissen, was auf sie zukommt und nicht erst nach Einführung eines für die Verbraucher:innen so kostspieligen Instruments. "Diese Umlage ist ein handwerklich schlecht gemachter Schnellschuss. Die Diskussionen darum tragen zu einer massiven Verunsicherung der Menschen bei", sagte Pop. Daher forderte sie die Bundesregierung im Vorfeld auf, die Einführung der Umlage mindestens um einen Monat zu verschieben. So bliebe genügend Zeit, die offenen Fragen zu klären.
Zudem empfahl Pop, dass die Bundesregierung mit der Umlage ein Hilfspaket auf den Weg bringen sollte. Ihrer Meinung nach unterstützt das zielgerichtet die Verbraucher:innen, die heute schon finanziell an der Grenze ihrer Belastbarkeit seien. Die Verbraucherschützerin warnte vor Chaos, aber die Bundesregierung hält an ihrem Zeitplan fest.
Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) begründete am Montag, die befristete Umlage sei eine Folge der durch Russland verursachten Krise. Habeck bezeichnete die Umlage als eine "bittere Medizin". Dennoch: "Mit der Umlage sichern wir die Versorgungssicherheit in Deutschland." Dabei werden die Kosten laut dem Minister möglichst solidarisch verteilt.
Habeck weiter:
Der Politiker hat Ausgleichsmechanismen angekündigt für den Fall, dass die Mehrwertsteuer auf die Gasumlage fällig wird.
CDU-Vize Andreas Jung erwarte von der Koalition eine klare Ansage, dass es keine Mehrwertsteuer auf die Umlage gebe. "Man darf Solidarität nicht auch noch besteuern", sagte Jung im ZDF-Morgenmagazin. "Der Staat darf daran nicht auch noch verdienen."
Derzeit prüft die Regierung, ob auf die Mehrwertsteuer verzichtet werden kann. Aber bis zum 1. Oktober wird die Umsetzung schwierig, denn ein Antrag auf Befreiung dieser Steuer ist komplex und zeitintensiv.
Eine Sprecherin von Finanzminister Christian Lindner (FDP) sagt gegenüber der Nachrichtenagentur "dpa", man arbeite auf Hochtouren an einer Lösung der Frage. Sowohl Lindner als auch Habeck wollen auf die Steuerbelastung bei der Umlage verzichten.
Danyal Bayaz (Grüne) bezweifelt, dass das möglich ist. Der Finanzminister von Baden-Württemberg schreibt auf Twitter, dass die Mehrwertsteuersystemrichtlinie der EU, das deutsche Umsatzsteuergesetz und die Rechtsprechung der Bundesfinanzhofs eine Ausnahme von der Mehrwertsteuer nicht zulassen werden.
Habecks Parteikollege schlägt vor, dass die Mehrwertsteuer-Einnahmen der Gasumlage stattdessen gezielt den Menschen zukommen sollte, die es am dringendsten brauchen – wie etwa Geringverdiener, Familien mit wenig Einkommen, Leute mit kleinen Renten, BAföG-Empfänger.