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"Illner": Merz stichelt gegen Ministerin Lambrecht – "Das ist nicht der Maßstab"

Friedrich Merz war diese Woche bei "Illner" zu Gast.
Friedrich Merz war diese Woche bei "Illner" zu Gast.Bild: ZDF
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"Maybrit Illner": Merz stichelt gegen Lambrecht – "Das ist nicht der Maßstab"

29.04.2022, 07:5229.04.2022, 08:12
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Es ist eine erneute Kehrtwende im Handeln von Bundeskanzler Scholz: Plötzlich liefert Deutschland doch schwere Waffen an die Ukraine, nachdem Ampel-Mitglieder das noch vor wenigen Tagen strikt ablehnten. Bei "Maybrit Illner" diskutierten die Gäste am Donnerstagabend über den Sinneswandel des Kanzlers. Für den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz und Politikjournalistin Melanie Amann ist er ein Zeichen von Scholz' Führungsschwäche, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und SPD-Vorsitzender Lars Klingbeil sprechen dagegen von Besonnenheit. Ein Kanzler lese schließlich nicht nur Wasserstandzähler ab.

Das waren Maybrit Illners Gäste am Donnerstagabend:

  • Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler
  • Lars Klingbeil (SPD), Parteivorsitzender
  • Friedrich Merz (CDU), Partei- und Fraktionsvorsitzender
  • Sabine Fischer, Russland- und Osteuropa-Expertin der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP)
  • Ben Hodges, Generalleutnant a. D.
  • Melanie Amann, Politikjournalistin beim "Spiegel"

Plötzlich liefert Deutschland doch schwere Waffen an die Ukraine. Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck scheint Schwierigkeiten zu haben, den Sinneswandel des Kanzlers zu erklären. Mit der Lieferung schwerer Waffen würde sich Deutschland "ungefähr" im Maße der Alliierten bewegen, versucht er es. Putin sei nicht mehr wirklichkeitsbezogen, der Krieg habe sich taktisch verändert und zudem müsse man stetig "besonnen" abwägen.

Habeck: Deutschland steht Ölembargo nicht im Weg

Dass die Berichterstattung und auch die Resonanz anderer Länder über die Bundesregierung zuletzt keineswegs gut war, sieht Habeck ohne Zweifel ein. Seine Erklärung: Deutschlands russland-freundliche Energiepolitik. "Wir starten im Minus", sagt Habeck. "Deswegen haben wir eine größere Bringschuld in den Augen der Ukrainer." Mittlerweile könne Deutschland ein Öl-Embargo jedoch mittragen, sagt Habeck. Doch es würde zu Lieferausfällen und enorme Preissteigerungen kommen, daraus macht er keinen Hehl.

"In einem Krieg, in dem eine Bevölkerung abgeschlachtet wird, kann keine Hilfe je genug sein."
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck
Laut Habeck kann Deutschland ein Öl-Embargo jetzt mittragen.
Laut Habeck kann Deutschland ein Öl-Embargo jetzt mittragen.Bild: ZDF

Noch vor wenigen Tagen war der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil strikt gegen die Lieferung schwerer Waffen, nun sei er "dankbar" für die Entscheidung und den gemeinsamen Bundestagsbeschluss mit der Union. Doch bis es zu diesem Punkt kam, habe die Regierung lange gezögert, urteilt der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz. "In den letzten Wochen hat es jede Position dazu in der Koalition geben", sagt er.

Atomkrieg-Aussagen von Scholz "unverantwortlich" und "katastrophal"

Noch vor wenigen Tagen hat Kanzler Scholz Journalistin Melanie Amann in einem "Spiegel"-Interview gesagt, dass er keine schweren Waffen liefern möchte, um einen Atomkrieg und damit Dritten Weltkrieg zu vermeiden. Während das Interview noch in der aktuellen Ausgabe am Kiosk liegt, liefert Deutschland nun doch Waffen.

Diese Botschaft an die Bevölkerung sei "katastrophal", urteilt die Politikjournalistin. Auch Merz findet drastische Worte. Die Aussagen von Scholz seien für einen Bundeskanzler "unverantwortlich". Doch woher der plötzliche Sinneswandel? Sein Umlenken basiere auf dem Druck der Alliierten, meint Amann, auch der Antrag der Union im Bundestag sei ein innenpolitischer Faktor gewesen. Oppositionsführer Merz habe Scholz "vor sich hergetrieben", sagt sie.

"Ich denke, dass seine Zeitenwende durch den enormen internationalen Druck ausgelöst wurde."
Journalistin Melanie Amann
Melanie Amann bei "Illner".
Melanie Amann bei "Illner". bild: zdf

Klingbeil spricht von einer "Vorbereitung" auf die Waffenlieferungen und einer "Kontinuität" der Regierung. Amann widerspricht deutlich: Scholz sei in den letzten zwei Monaten ständig dazu gezwungen gewesen, seine Position zu ändern und anzupassen. Er habe weder die russische Invasion kommen sehen noch das lange Andauern des Krieges. Seine fortlaufenden Kehrtwenden in der Waffendebatte wie zuvor bereits beim Ausschluss Russlands aus dem Bankensystem "Swift" hätte nichts mit vorausschauender Planung zu tun. "Das ist keine Strategie, sondern das Gegenteil von dem, was Scholz im Kanzleramt erreichen wollte", urteilt die Journalistin.

Klingbeil nimmt Scholz in Schutz

Auch wenn es bei der Waffenlieferung mit um Symbolik geht, sei dieser Schritt genau das Richtige, sagt hingegen Russland-Expertin Sabine Fischer. Schließlich drehe sich in diesem Krieg besonders viel um die Symbolik des Westens an die Ukraine, aber auch an Russland. Doch der Schritt war viel zu zögerlich, findet Amann. "Damit hat Scholz die Symbolik kaputt gemacht", urteilt sie.

Klingbeil verteidigt Kanzler Olaf Scholz.
Klingbeil verteidigt Kanzler Olaf Scholz.Bild: imago images

Klingbeil lässt das so nicht stehen und setzt bereits zum wiederholten Male an: "Das muss ich alles nochmal erklären." Scholz habe sich immer mit den Alliierten abgestimmt, nur würde das oftmals vergessen werden. Er schätze das koordinierte und besonnene Handeln von Scholz, schließlich soll ein Kanzler nicht einfach "Wasserstandzähler ablesen." Doch Deutschland sei doch kein mittelgroßes Land, das einfach so im Strom der Alliierten mitschwimme und dann das unternehme, was die anderen auch tun, lenkt Amann ein. Deutschland müsse seiner Führung gerecht werden. Doch die Haltung des Kanzlers sei weiterhin unklar, deswegen prophezeit Fischer: "Ich fürchte, dass wir in einem Monat wieder dieselbe Debatte über andere Waffen halten werden."

Merz stichelt auch gegen Lambrecht – Klingbeil schweigt

Zudem würde die Bundesregierung immer wieder verschweigen, dass andere Bündnispartner bereits früher solche Entscheidungen getroffen haben und die USA zudem mehr liefern würde als alle Europäer zusammen, ergänzt Merz. "Sie werfen diese Nebelkerze, weil in dieser Koalition keine Einigkeit herrschte – bis heute."

Klingbeil, setzt Merz gegenüber in dieser Sendung kaum zum Widerspruch an, auch als der CDU-Politiker gegen die SPD-Verteidigungsministerin Christine Lambrecht stichelt. "Von Frau Lambrecht habe ich mittlerweile jede Einschätzung gehört, das ist nicht der Maßstab, an dem ich mich orientiere," kommentierte Merz Lambrechts Aussagen, wonach Deutschland keine größeren Panzerbestände mehr hätte.

US-General verteidigt Kurs der Bundesregierung

Ein weniger kritisches Bild vom Handeln der Bundesregierung hat General Ben Hodges, der aus Finnland zugeschaltet ist. Andere Nationen würden Deutschlands politisches Handeln genau beobachten, sagt der Ex-Kommandeur des US-Heeres in Europa. Die immerwährende Skepsis gegenüber Deutschland sei jedoch nicht gerechtfertigt, schließlich seien Entscheidungen gut begründet getroffen worden. Auch US-Präsident Joe Biden habe lange über Waffenlieferungen nachgedacht, räumt er sogar ein.

"Wenn wir alle zusammenhalten, dann wird die ukrainische Souveränität wieder hergestellt werden."
US-General Ben Hodges

Er sei zuversichtlich, dass Deutschland bei diplomatischen Verhandlungen in der Zukunft federführend ist, sagt er. Fischer ist davon überzeugt, dass Ukrainer und Russen irgendwann an den Verhandlungstisch zurückkehren. Dann sei ihre militärische Stärke entscheidend. Auch die westlichen Mächte dürften die Diplomatie nach Sanktionen und Waffenlieferungen nicht vergessen – sie sei die dritte Basis im Umgang mit dem Ukraine-Krieg.

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