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Expertin analysiert Wladimir Putin bei "Lanz": "Er ist sehr inspiriert von Hitler"

Florence Gaub erklärt den Strategiewechsel Russlands hin zu einer "Bestrafungsstrategie".
Florence Gaub erklärt den Strategiewechsel Russlands hin zu einer "Bestrafungsstrategie".Bild: ZDF screenshot
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Sicherheitsexpertin analysiert Putin bei "Lanz": "Er ist sehr inspiriert von Hitler"

23.03.2022, 09:4323.03.2022, 11:44
katharina holzinger
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Tag 27 nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine. Die Sicherheitsexpertin Florence Gaub erklärt den russischen Strategiewechsel im Krieg und rät dazu, sich von der Angst vor Atomwaffen nicht manipulieren zu lassen. Katja Kipping zeigt sich gerührt von den Schicksalen ukrainischer Geflüchteter, die derzeit am Berliner Bahnhof ankommen. Der Journalist Robin Alexander und Martin Schulz geraten bei der Frage aneinander, wie sich die SPD zur Finanzierung der Nato in der Vergangenheit verhalten hat. Dies Runde bei "Markus Lanz" am Dienstag im Überblick:

  • Katja Kipping, Politikerin (Berliner Sozialsenatorin, Die Linke)
  • Martin Schulz, Politiker (Ex-SPD-Chef)
  • Florence Gaub, Sicherheitsexpertin (Analystin vom Institut der Europäischen Union für Sicherheitsstudien)
  • Robin Alexander, Journalist (stellvertretender "Welt"-Chefredakteur)

Vor allem die Stadt Mariupol ist derzeit von schweren Kämpfen betroffen. Das Ultimatum russischer Truppen, die Stadt ohne Waffen zu verlassen, lehnte die ukrainische Führung am Montag ab. Die erste halbe Stunde der Talkshow ist den Fragen an Florence Gaub gewidmet, die sehr nüchtern und sachlich die derzeitige taktischen und strategischen Lage in der Ukraine umfassend einordnet.

Lanz zeigt aktuelle Bilder aus Mariupol.
Lanz zeigt aktuelle Bilder aus Mariupol.Bild: ZDF screenshot

Die verstörenden Bilder aus der Stadt, die man derzeit in den Medien sehe, würden nicht die Entwicklungen auf der strategischen Ebene widerspiegeln. Der bisherige Plan, Kiew schnell einzunehmen, habe nicht funktioniert, deshalb werde jetzt als neue Militärstrategie eine "Bestrafungsstrategie" gewählt. Bei dieser werden zivile Ziele angegriffen, um Druck auszuüben. Funktionieren würde das aber meistens nicht.

"Für Putin läuft es zeitlich und politisch nicht nach Plan."
Florence Gaub

Mariupol sei als Angriffsziel gewählt worden, weil dort derzeit am ehesten die Chance bestehe, militärisch weiterzukommen. Gaub beschreibt auch den Einsatz der ukrainischen Kräfte: "Die Mobilisierung konnte keiner erwarten." Es werde von deren Seite mit der sogenannten "Stachelschweinstrategie" gekämpft, bei der es darum geht, Russland den Sieg zu verweigern, indem sie es für den Gegner schmerzhaft und sehr schwierig machen.

Die Angst vor einem Krieg mit Nuklearwaffen

Gaub ordnet die jetzigen Debatten um einen potenziellen Dritten Weltkrieg ein: Mit nuklearen und chemischen Waffen zu drohen, sei Teil der russischen Strategie – die Angst davor ist die Waffe an sich. Bei Atombomben handle es sich nicht um die gleichen Strahlen-Ausmaße wie bei Reaktorunglücken. Sie wolle den Leuten die Angst nehmen, dass die Welt bald zu Ende gehe. "Das wird nicht passieren." Russland werde – wenn überhaupt – eine taktische Bombe zünden, die vielleicht einen Stadtteil oder eine kleine Stadt betrifft. Ihr Appell: Nicht zu sehr in die Angst hinein manipulieren lassen, da das Putins Ziel sei.

Auch Kiew einzunehmen ordnet sie als sehr schwierig ein: "Die letzten, die Kiew eingekesselt haben, waren die Nazis." Damals habe es dafür "über 500.000 Mann" gebraucht, diese habe Russland nicht. Die Stärke des ukrainischen Militärs sieht sie mit dem Hintergrund der Krim-Annexion. Im Anschluss daran wurde es stark reformiert. Die Ukraine sei eineinhalb bis zwei Jahre davon entfernt gewesen, sich die Krim zurückzuholen, deswegen griff Russland jetzt an. Aber: "Es steht Spitz auf Knopf - die Ukraine hat eine reelle Chance, den Krieg zu gewinnen." Mit "gewinnen" meint sie zum Beispiel, eine Lösung am Verhandlungstisch finden. "Zynische Logik des Krieges", merkt Lanz nach den nüchternen Schilderungen an.

Ankommende Geflüchtete in Deutschland

Um die ukrainischen Geflüchteten geht es bei den Schilderungen von Katja Kipping, der derzeitigen Berliner Sozialsenatorin. Der Kritik von Lanz, man sei ja nicht gut vorbereitet gewesen, entgegnet sie, dass man nicht mit einem so massiven und schnellen Vorgehen gerechnet habe. Berlin beschreibt sie aber zum jetzigen Zeitpunkt als funktionierenden Aufnahmeort. Robin Alexander begrüßt die Entscheidung Deutschlands und der EU, dass alle Geflüchtete aufgenommen werden, kritisiert aber die fehlende Registrierung der Personen.

Katja Kipping befürwortet es nicht, Waffen aus Deutschland an die Ukraine zu liefern.
Katja Kipping befürwortet es nicht, Waffen aus Deutschland an die Ukraine zu liefern.Bild: ZDF screenshot

Polen habe in der Hinsicht besser gehandelt und alle Informationen notiert. Man habe durch die Erfahrungen aus 2015 nicht dazugelernt, weshalb auch die Verteilung zu Beginn nicht funktioniert habe. Einen Seitenhieb gibt er dabei auch der Innenministerin Nancy Faeser. Kipping pflichtet ihm bei, Telefonate mit einzelnen Bundesländern habe man selbstständig geführt und nicht der Bund.

Kritik an Scholz und der SPD

Zu Bundeskanzler Olaf Scholz merkt Kipping an, dass dieser gezielt das Thema Geflüchtete meide. Alexander stimmt ihr zu, bei polarisierenden Themen gehe er auf Distanz. Was er aber besser mache: Die Länder haben von vorneherein große Finanzmittel erhalten und müssen diese nicht immer wieder anfordern. Martin Schulz kann die Kritik an Scholz nicht nachvollziehen. "Meine Unterstützung hat er auf jeden Fall."

Lanz konfrontiert Schulz nun mit der Ansprache des ukrainischen Präsidenten Selenskyj im Bundestag, was kontrovers diskutiert wurde, da es im Anschluss nahtlos mit der Tagesordnung weiterging. Schulz räumt ein: "Man hätte vielleicht eine Pause machen müssen." Alexander verurteilt das stärker: "Das war wahnsinnig peinlich."

Auch zu Gerhard Schröder nimmt Schulz Stellung. "Das Schweigen ist nicht akzeptabel." Er solle sich von seinen Ämtern trennen. "Ich bin überrascht, dass er das nicht macht."

Veränderungen in der deutschen Sicherheitspolitik

Außerdem geht es um die Frage der außenpolitischen Positionierung Deutschlands und der bisherigen Strategie. Gaub betont, die fehlende strategische Vorbereitung komme daher, dass dies für Deutschland Neuland sei – das sei es aber auch für andere Ländern gewesen.

Lanz und Alexander bohren mehrmals bei Schulz zu seiner früheren Haltung gegen das Zwei-Prozent-Ziel für die Finanzierung der Nato nach. Schulz betont, dass er eine gezieltere Ausstattung gewollt habe und deshalb pauschale zwei Prozent nicht befürwortet hatte. Alexander hält so lange dagegen, bis Schulz ihn stark kritisiert: "Ich empfinde das als eine Frechheit." Kipping sieht die Verpflichtung eines Zwei-Prozent-Ziels auch als falsch an.

Martin Schulz räumt ein, den Einmarsch Russlands nicht kommen gesehen zu haben.
Martin Schulz räumt ein, den Einmarsch Russlands nicht kommen gesehen zu haben.Bild: ZDF screenshot

Zu möglichen Waffenlieferungen an die Ukraine

Zuletzt geht es nochmal konkret um die Lage in der Ukraine. Lanz will wissen, wie Kipping potenzielle Waffenlieferungen Deutschlands an die Ukraine einordnet. Sie bleibt zurückhaltend und sagt, dass sie immer eine Gegenreaktion mitdenke, deshalb befürworte sie solche Lieferungen nicht. Gaub sieht eine geforderte Flugverbotszone kritisch, weil man dadurch Teil des Kriegs wäre. Alles, was darunter stände als Maßnahme, sehe sie aber als Option.

"Folgekosten von Nichthandlung gibt es auch." Es könne gut sein, dass Putins Pläne mit dem Angriff auf die Ukraine nicht enden – es sei nachzulesen, dass er bis 2030 die Weltordnung umstellen wolle. "Er ist sehr inspiriert von Hitler", sagt sie in Bezug auf seine Vorstellungen der zukünftigen Welt.

Schulz erzählt zum Schluss noch von einem vergangenen Treffen mit Putin. Schon damals habe er ihn als aggressiven Mann erlebt. Den Angriffskrieg habe er aber trotzdem nicht für möglich gehalten.

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