Armin Laschet, amtierender Vorsitzender der CDU, stellt den Zeitplan vor, nach dem über seine Nachfolge entschieden werden soll. Bild: ap / Markus Schreiber
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Die CDU nach Laschet: Wie die Partei ihren neuen Chef wählt – und was das über ihren Zustand aussagt
Gut einen Monat nach ihrer Niederlage bei der Bundestagswahl hat die CDU öffentlich gemacht, wie sie in die Zukunft gehen will. Der Bundesvorstand der CDU beschloss am Dienstag einstimmig, dass die Partei bei einem Parteitag am 21. und 22. Januar in Hannover den Nachfolger von Armin Laschet bestimmt.
Laschet ist erst seit Januar CDU-Chef. Weil er als Kanzlerkandidat bei der Bundestagswahl gescheitert ist, gilt es als ausgemacht, dass er auch nicht mehr als Parteivorsitzender antreten wird.
Die Entscheidung um Laschets Nachfolge wird länger dauern, als sich das vor allem die CDU-Landesverbände gewünscht haben, denen bald Wahlen bevorstehen: Im Saarland wird schon am 27. März ein neuer Landtag gewählt, in Schleswig-Holstein am 8. Mai und in Nordrhein-Westfalen am 15. Mai. In allen drei Ländern stellt die CDU den Regierungschef. Laschet stellte das jetzt gewählte Verfahren als "Kompromiss" dar: Zum einen würden jetzt möglichst viele Mitglieder der Partei beteiligt, zum anderen gehe es trotzdem so schnell wie möglich.
Wie wird die Wahl des neuen CDU-Chefs genau ablaufen? Wer hat momentan Chancen, Parteichef zu werden? Und was sagt der Plan über den Zustand der Partei aus? Antworten auf wichtige Fragen.
Wie bestimmt die CDU den neuen Parteichef?
Es ist eine Premiere für die CDU: Ihre 400.000 Mitglieder dürfen erstmals in der Parteigeschichte in einer Mitgliederbefragung über den Posten an der Spitze entscheiden. Auf einem Bundesparteitag in der zweiten Januar-Hälfte soll dann der neue Chef oder die neue Chefin offiziell ins Amt gewählt werden.
Der Zeitplan, den die CDU verabschiedet hat, sieht folgende Etappen vor:
Vom 6. bis zum 17. November können mögliche Bewerber oder Bewerberinnen ihre Kandidatur erklären. Sie brauchen dabei die Unterstützung einer nach Satzung antragsberechtigten Parteigliederung. Dies sind etwa Landes- oder Bezirksverbände.
Danach haben die Kandidaten zwei Wochen lang Zeit – vom 18. November bis zum 2. Dezember –, um sich den Mitgliedern vorzustellen. Hierzu will die Bundespartei laut CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak "digitale Formate" anbieten. Regionalkonferenzen soll es nicht geben. Die Kreisverbände sind aber ausdrücklich aufgerufen, zu Diskussionen einzuladen.
Vom 4. bis zum 16. Dezember sind dann die Mitglieder gefragt. Sie können online über ein Pin-Verfahren für einen Kandidaten votieren oder eine herkömmliche Briefwahl beantragen. Genauere Informationen sollen sie Mitte November per Post von der CDU bekommen.
Das Ergebnis der Mitgliederabstimmung wird am 17. Dezember ausgezählt und verkündet. Hat ein Kandidat die absolute Mehrheit, ist das der Vorschlag für den Bundesparteitag. Ansonsten gibt es zwischen den beiden Bestplatzierten eine Stichwahl von Ende Dezember bis zum 14. Januar.
Ist automatisch Parteichef, wer von der Mehrheit der CDU-Mitglieder gewählt wird?
Nein. Eine verbindliche Wahl des Chefs durch die Basis sieht die Parteisatzung nicht vor. Deshalb muss der Sieger der Mitgliederbefragung formell durch die Delegierten des Bundesparteitags ins Amt gewählt werden.
Der Parteitag soll am 21. und 22. Januar in Hannover stattfinden. Nach dem Statut der Partei könnten dort auch noch Kandidaten antreten, die nicht an der Mitgliederbefragung teilgenommen haben. Rechtlich gesehen wären die Parteitagsteilnehmer auch nicht an das Mitgliedervotum gebunden. Politisch wäre die Wahl eines anderen Kandidaten aber ein Affront gegen die Basis, der die Partei wohl vor eine Zerreißprobe stellen würde.
Wer hat momentan die realistischsten Chancen, CDU-Chef zu werden?
Bislang hat noch kein führender CDU-Politiker offiziell eine Kandidatur für den Parteivorsitz angemeldet. Aber folgenden Politikern wird nachgesagt, Lust auf den Chefposten zu haben:
dem früheren Unionsfraktionschef Friedrich Merz, der schon zweimal für den Parteivorsitz kandidiert und verloren hat: 2018 und 2021.
dem Außenpolitiker Norbert Röttgen, der 2021 auch schon kandidiert hatte
dem geschäftsführenden Gesundheitsminister Jens Spahn, der es 2018 schon einmal versucht hatte
dem Wirtschaftspolitiker Carsten Linnemann
Ralph Brinkhaus, Fraktionsvorsitzender der Union im Bundestag.
Was auf den ersten Blick auffällt: Alle fünf möglichen Kandidaten sind weiße Männer, alle fünf kommen aus Nordrhein-Westfalen. Frauen oder Nachwuchspolitiker haben bisher keine Ambitionen geäußert.
Merz scheint inzwischen schon zu versuchen, ein Team um sich zu bilden – um mögliche Konkurrenten hinter sich zu scharren. Wie die "Bild" berichtet, will der Wirtschaftspolitiker Friedrich Merz den stellvertretenden Parteivorsitzenden und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn von einer Kandidatur abbringen und in sein Team holen. Dazu soll ein Gespräch zwischen Merz, Spahn und dem weiteren möglichen Kandidaten Linnemann stattgefunden haben. Merz distanzierte sich allerdings per Twitter von diesem Bericht und schrieb wörtlich: „Nicht mein Absender, nicht meine Handschrift“.
Röttgen wiederum hat in den vergangenen Tagen in Interviews betont, die CDU dürfe nicht "zu konservativ" werden. Es müsse in der Partei konservative Politiker geben, der Vorsitzende müsse aber in der modernen Mitte stehen. Er wolle die CDU an dieser Stelle vorantreiben.
Wie geht es der CDU momentan?
Die Unionsparteien CDU und CSU haben bei der Bundestagswahl mit nur 24,1 Prozent der Zweitstimmen das mit Abstand schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte erzielt. Für die CDU, die größere der beiden Parteien, bedeutet das, dass sie nach 16 Jahren als stärkste Regierungspartei aller Voraussicht nach in die Opposition geht – und in einer der schwersten Krisen ihrer Geschichte steckt.
Die Wahlschlappe wird dem noch amtierenden CDU-Chef Armin Laschet angelastet. Für den Politologen Thomas Biebricher – der seit Jahren zum deutschen Konservatismus forscht und in einem 2019 erschienen Buch dessen Krise analysiert hat – ist es daher logisch, dass jetzt die Mitglieder über Laschets Nachfolge entscheiden.
Biebricher meint gegenüber watson:
"Die Entscheidung der CDU, nun das Verfahren der Mitgliederbefragung zu wählen, war in dieser Lage beinahe unvermeidlich, nachdem es ja vermeintlich die Parteiführung war, die den Kandidaten Laschet durchgeboxt hatte. Wobei man aber gar nicht sicher weiß, ob es beim letzten Mal bei einer Mitgliederbefragung für Merz und gegen Laschet ausgegangen wäre."
Biebricher sieht in der Entscheidung für eine Mitgliederbefragung auch einen Beleg für die Schwäche der aktuellen CDU-Führung. Er erklärt:
"Dass nun dieser Weg eingeschlagen wird, belegt also auch, wie schwach im Moment die CDU-Führung ist, denn auch wenn der Kandidat offiziell auf einem Parteitag gekürt wird, ist davon auszugehen, dass die entscheidenden Weichen im Rahmen der Mitgliederbefragung gestellt werden. In der Parteiführung gibt es nach wie vor nicht wenige, die befürchten, dass dies den Ausschlag zugunsten von Merz geben könnte, der zwar an der Basis beliebt ist, auf der Führungsebene der Partei aber mit Vorbehalten beäugt wird, da er kaum für einen Neuanfang stünde."
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