Gut einen Monat nach ihrer Niederlage bei der Bundestagswahl hat die CDU öffentlich gemacht, wie sie in die Zukunft gehen will. Der Bundesvorstand der CDU beschloss am Dienstag einstimmig, dass die Partei bei einem Parteitag am 21. und 22. Januar in Hannover den Nachfolger von Armin Laschet bestimmt.
Laschet ist erst seit Januar CDU-Chef. Weil er als Kanzlerkandidat bei der Bundestagswahl gescheitert ist, gilt es als ausgemacht, dass er auch nicht mehr als Parteivorsitzender antreten wird.
Die Entscheidung um Laschets Nachfolge wird länger dauern, als sich das vor allem die CDU-Landesverbände gewünscht haben, denen bald Wahlen bevorstehen: Im Saarland wird schon am 27. März ein neuer Landtag gewählt, in Schleswig-Holstein am 8. Mai und in Nordrhein-Westfalen am 15. Mai. In allen drei Ländern stellt die CDU den Regierungschef. Laschet stellte das jetzt gewählte Verfahren als "Kompromiss" dar: Zum einen würden jetzt möglichst viele Mitglieder der Partei beteiligt, zum anderen gehe es trotzdem so schnell wie möglich.
Wie wird die Wahl des neuen CDU-Chefs genau ablaufen? Wer hat momentan Chancen, Parteichef zu werden? Und was sagt der Plan über den Zustand der Partei aus? Antworten auf wichtige Fragen.
Es ist eine Premiere für die CDU: Ihre 400.000 Mitglieder dürfen erstmals in der Parteigeschichte in einer Mitgliederbefragung über den Posten an der Spitze entscheiden. Auf einem Bundesparteitag in der zweiten Januar-Hälfte soll dann der neue Chef oder die neue Chefin offiziell ins Amt gewählt werden.
Der Zeitplan, den die CDU verabschiedet hat, sieht folgende Etappen vor:
Nein. Eine verbindliche Wahl des Chefs durch die Basis sieht die Parteisatzung nicht vor. Deshalb muss der Sieger der Mitgliederbefragung formell durch die Delegierten des Bundesparteitags ins Amt gewählt werden.
Der Parteitag soll am 21. und 22. Januar in Hannover stattfinden. Nach dem Statut der Partei könnten dort auch noch Kandidaten antreten, die nicht an der Mitgliederbefragung teilgenommen haben. Rechtlich gesehen wären die Parteitagsteilnehmer auch nicht an das Mitgliedervotum gebunden. Politisch wäre die Wahl eines anderen Kandidaten aber ein Affront gegen die Basis, der die Partei wohl vor eine Zerreißprobe stellen würde.
Bislang hat noch kein führender CDU-Politiker offiziell eine Kandidatur für den Parteivorsitz angemeldet. Aber folgenden Politikern wird nachgesagt, Lust auf den Chefposten zu haben:
Was auf den ersten Blick auffällt: Alle fünf möglichen Kandidaten sind weiße Männer, alle fünf kommen aus Nordrhein-Westfalen. Frauen oder Nachwuchspolitiker haben bisher keine Ambitionen geäußert.
Merz scheint inzwischen schon zu versuchen, ein Team um sich zu bilden – um mögliche Konkurrenten hinter sich zu scharren. Wie die "Bild" berichtet, will der Wirtschaftspolitiker Friedrich Merz den stellvertretenden Parteivorsitzenden und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn von einer Kandidatur abbringen und in sein Team holen. Dazu soll ein Gespräch zwischen Merz, Spahn und dem weiteren möglichen Kandidaten Linnemann stattgefunden haben. Merz distanzierte sich allerdings per Twitter von diesem Bericht und schrieb wörtlich: „Nicht mein Absender, nicht meine Handschrift“.
Röttgen wiederum hat in den vergangenen Tagen in Interviews betont, die CDU dürfe nicht "zu konservativ" werden. Es müsse in der Partei konservative Politiker geben, der Vorsitzende müsse aber in der modernen Mitte stehen. Er wolle die CDU an dieser Stelle vorantreiben.
Die Unionsparteien CDU und CSU haben bei der Bundestagswahl mit nur 24,1 Prozent der Zweitstimmen das mit Abstand schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte erzielt. Für die CDU, die größere der beiden Parteien, bedeutet das, dass sie nach 16 Jahren als stärkste Regierungspartei aller Voraussicht nach in die Opposition geht – und in einer der schwersten Krisen ihrer Geschichte steckt.
Die Wahlschlappe wird dem noch amtierenden CDU-Chef Armin Laschet angelastet. Für den Politologen Thomas Biebricher – der seit Jahren zum deutschen Konservatismus forscht und in einem 2019 erschienen Buch dessen Krise analysiert hat – ist es daher logisch, dass jetzt die Mitglieder über Laschets Nachfolge entscheiden.
Biebricher meint gegenüber watson:
Biebricher sieht in der Entscheidung für eine Mitgliederbefragung auch einen Beleg für die Schwäche der aktuellen CDU-Führung. Er erklärt:
(mit Material von dpa und AFP)