Am 5. November findet in den USA erneut die Präsidentschaftswahl statt. Der Wahlkampf in den Staaten gleicht einem Großevent. Die Parteien scheuen keine Kosten und Mühen, um ihre:n Kandidat:in ins Weiße Haus zu befördern.
Doch der Weg zum mächtigsten Amt der Welt ist kompliziert. Grund: Das Wahlsystem in den USA hat es in sich. Dabei sieht es von außen easy aus: Es gibt zwei Parteien und damit zwei Kandidat:innen. 2024 treten die Demokratin Kamala Harris gegen den Republikaner Donald Trump an.
Während es in Deutschland mehrere Parteien gibt, stehen in den USA nur die Demokraten (blau) und Republikaner (rot) im Fokus. Komplizierte Koalitionsverhandlungen und schwierige Regierungsbildungen wie etwa im deutschen Bundestag sind in den USA nicht üblich.
Aber der Weg von der Wahl, die immer am ersten Dienstag im November stattfindet, bis zur Vereidigung des oder der Präsident:in am 20. Januar kann sich kompliziert gestalten. Wie das US-Wahlsystem funktioniert, dröselt watson für euch auf.
Rot gegen blau, Republikaner gegen Demokratin, Donald Trump gegen Kamala Harris.Bild: AP / Alex Brandon
Wahlberechtigt ist zunächst jeder der insgesamt rund 330 Millionen US-Bürger:innen ab 18. Ausgeschlossen von der Wahl sind Bewohner:innen von US-Außengebieten wie Puerto Rico. In den meisten Bundesstaaten dürfen zudem Häftlinge und Menschen, die wegen einer schweren Straftat verurteilt wurden, nicht wählen.
Wähler:innen in den USA müssen sich vor der Stimmabgabe registrieren.Bild: getty images / E+ / adamkaz
Alle anderen müssen sich vor dem Wahltag beim zuständigen Wahlamt registrieren lassen. Briefwähler:innen können schon Wochen vor der Wahl abstimmen. In vielen US-Bundesstaaten können die Menschen auch schon vor dem eigentlichen Wahltermin in Wahllokalen abstimmen.
Warum findet die US-Wahl an einem Dienstag statt?
In Deutschland fallen Wahlen traditionell auf einen Sonntag. In den USA ist der Wahltag seit 1845 gesetzlich als der Dienstag nach dem ersten Montag im November festgelegt.
Ein Sonntag kam für die US-Amerikaner:innen damals als Wahltag nicht infrage. Denn da musste man in die Kirche. Zudem arbeiteten im 19. Jahrhundert die meisten US-Amerikaner:innen in der Landwirtschaft. Und da hatte man im Frühjahr und Sommer andere Sorgen, als wählen zu gehen. Im November standen keine großen Ernten mehr an, es war aber noch nicht zu kalt für die Anreise zum nächstgelegenen Wahllokal.
In den USA wird traditionell immer an einem Dienstag gewählt.Bild: imago images / Jim West
USA: Wie funktioniert das Wahlsystem?
In den USA wählen die Bürger:innen den oder die Präsident:in nicht direkt. Ihre Stimmenabgabe setzt das sogenannte Wahlleute-Kollegium, das "Electoral College", zusammen, das dann das Staatsoberhaupt wählt.
US-Wahl: das "Electoral College" und die Wahlleute
Die 50 US-Bundesstaaten haben aber nicht die gleiche Anzahl an Abgesandten. Die Anzahl der Wahlleute orientiert sich an der Einwohnerzahl. Kalifornien hat zum Beispiel 54 Wahlleute, West Virginia nur vier.
Die Zahl der Wahlleute wächst aber nicht proportional mit der Einwohnerzahl eines Staates. Das heißt: Eine Wahlperson in Kalifornien repräsentiert mehr als doppelt so viele Wähler:innen wie eine in Montana. Beide haben aber im Electoral College das gleiche Gewicht von einer Stimme.
Man kann sich das System wie ein Brettspiel vorstellen: Man hat 50 Felder mit unterschiedlichen Punkten, die man für sich gewinnen kann.
Dabei gibt es Staaten, welche die Kandidat:in schon vor Spielstart in der Tasche haben, weil sie traditionell demokratisch oder republikanisch wählen. Texas ist etwa Republikaner-Land, in Kalifornien wählt die Mehrheit demokratisch.
Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung.Bild: imago images / Andrea Renault
USA: Das Spiel um die "Swing States"
Doch es gibt auch die sogenannten "Wackel-Staaten", die Swing States, bei dem der Ausgang ungewiss ist. Diese sind nicht klar definiert und ändern sich mit der Zeit. 2024 liegt der Fokus laut CNN auf sieben US-Staaten:
Pennsylvania (19 Wahlleute)
Georgia (16 Wahlleute)
Michigan (15 Wahlleute)
Arizona (11 Wahlleute)
North Carolina (16 Wahlleute)
Wisconsin (10 Wahlleute)
Nevada (6 Wahlleute)
Wegen der vielen Bundesstaaten und großen Entfernungen konzentrieren sich die Parteien vor allem auf diese Staaten, um dort einen Sieg für sich einzuholen. Am Ende könnten nur wenige Stimmen in solch einem Swing State den Ausgang der US-Wahl entscheiden. Daher heißen sie auch "Key States", also Schlüssel-Staaten oder auch "Battleground States", wo der Sieg hart umkämpft wird. Detailliertere Erklärungen zu den Swing States findest du hier.
Das "Winner takes all"-Prinzip in den USA
Zurück zum Brettspiel: Wenn jemand ein Feld (US-Staat) gewinnt, kassiert er alle Wahlleute für sich ein und sein:e Gegner:in geht komplett leer aus. Dieses sogenannte "Winner takes all"-Prinzip gilt in 48 der 50 Bundesstaaten. Sprich: Wer etwa in Georgia die Mehrheit der Wählerstimmen gewinnen, und seien es nur 50 Prozent plus eine Stimme, erhält die Stimmen aller 16 Wahlleute.
Dieses Mehrheitswahlrecht ist der Grund, warum in den USA bei der Präsidentschaftswahl nur zwei Parteien wirklich relevant sind. Einzig in den beiden kleinen Bundesstaaten Nebraska und Maine werden die Stimmen der Wahlleute annähernd proportional vergeben.
US-Wahl: So viele Wahlleute braucht man für den Sieg
Insgesamt gibt es 538 Wahlleute. Für einen Sieg ist die absolute Mehrheit erforderlich, das sind mindestens 270 Wahlleute. Die Abstimmung im "Electoral College" findet nach der Präsidentenwahl statt.
Im Januar wird das Ergebnis im Kongress bestätigt und es folgt die Amtseinführung (Inauguration Day). Damit beginnt die neue Amtszeit.
13 Fragen
Keine Fake News: Errate hier die verrücktesten Gesetze der USA
Manche Dinge kann man sich nicht ausdenken. Zum Beispiel, welche Dinge in den USA wirklich bestraft werden können.
Popular Vote: Die reine Mehrheit ist nichts wert
Zum Verständnis des Wahlsystems ist ein Fakt wichtig: Ein:e Kandidat:in kann verlieren, obwohl sie oder er landesweit die meisten Direktstimmen erhält.
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Ein konkretes Beispiel: 2016 wurde das indirekte Wahlsystem der Kandidatin Hillary Clinton zum Verhängnis. Damals stimmten einige Millionen mehr US-Amerikaner:innen für die Demokratin, Trump sicherte sich aber durch die von ihm gewonnenen Bundesstaaten die Mehrheit der Wahlleute im "Electoral College". Die absolute Mehrheit an Stimmen, in den USA popular vote genannt, ist daher nichts wert.
Steht das Wahlergebnis schon in der Wahlnacht fest, endet der Wahlkampf traditionell (eigentlich) mit einem versöhnlichen Akt: der Concession Speech. Bei dieser Rede räumt der oder die Wahlverlierer:in die Niederlage ein.
Mit dieser Tradition hat 2020 Donald Trump gebrochen. Er hat bis heute seine Niederlage vor vier Jahren im Wettstreit mit Joe Biden nicht eingeräumt.
Neben der Präsidentenwahl wird auch über die Zusammensetzung des US-Kongresses abgestimmt. Zur Wahl stehen alle 435 Mandate im Repräsentantenhaus sowie rund ein Drittel der 100 Sitze im Senat.
TV-Duell: Christian Lindner will gegen Alice Weidel antreten
Die Debatte um die TV-Duelle vor der Bundestagswahl hat sich in den vergangenen Tagen hochgeschaukelt. Am 9. Februar soll der amtierende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gegen seinen Herausforderer Friedrich Merz (CDU) in einer Debatte bei ARD und ZDF antreten.