Nach dem tödlichen Angriff in einem Regionalzug von Kiel nach Hamburg bleiben Schock, Trauer und die Frage nach dem Warum. Polizei und Staatsanwaltschaft setzen ihre Ermittlungen zu der Attacke, bei der zwei Menschen starben und sieben verletzt wurden, fort. Das Verbrechen hatte am Mittwoch einen Großeinsatz von Polizei und Rettungskräften ausgelöst und weit über Schleswig-Holstein hinaus für Entsetzen gesorgt.
Ein 33 Jahre alter staatenloser Palästinenser soll während der Fahrt auf mehrere Fahrgäste eingestochen haben. Ein vergleichbar schweres Gewaltverbrechen in einem Zug gab es nach Angaben von Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (parteilos) in Schleswig-Holstein noch nicht.
Zwei Opfer starben, sieben Menschen wurden nach ersten Erkenntnissen verletzt. Auch der mutmaßliche Täter, den Zeugen überwältigten, wurde verletzt. Bei den Todesopfern handelt es sich um eine 16 Jahre alte Jugendliche und einen 19 Jahre alten Mann.
"Aufgrund des sehr dynamischen Tatverlaufs ist vieles unklar", sagte Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack am Donnerstag in Kiel. Ergebnisse einer Vernehmung des mutmaßlichen Täters gebe es noch nicht, so dass die Hintergründe noch unklar seien und man nichts zum Motiv sagen könne. "Auch ich habe viele Fragen", sagte die Ministerin.Der mutmaßliche Täter galt nach Angaben der Staatsanwaltschaft nicht als Intensivtäter.
Der 33-Jährige habe drei Vorstrafen gehabt, sagte Itzehoes Leitender Oberstaatsanwalt Carsten Ohlrogge. Zuvor hatte er in einer Sondersitzung des Innenausschusses bereits berichtet, dass der Mann unter anderem wegen einer gefährlichen Körperverletzung verurteilt worden war. Auffällig geworden war er aber in Nordrhein-Westfalen und Hamburg, in Schleswig-Holstein gab es den Ermittlern zufolge keine Verfahren gegen den Verdächtigen.
Die Ermittler befragten Dutzende Zeugen aus dem Zug, der mit rund 120 Fahrgästen besetzt war, in einem Gasthof in der Nähe des kleinen Bahnhofs der Gemeinde im Kreis Steinburg. Offenbar konnten mutige Fahrgäste Schlimmeres verhindern, sie überwältigten den Angreifer und hielten ihn fest.
Nach der Tat drückte auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) den Betroffenen ihr Mitgefühl aus. "All unsere Gedanken sind bei den Opfern dieser furchtbaren Tat und ihren Familien", schrieb die Politikerin im Kurznachrichtendienst Twitter. Dies sei eine "erschütternde Nachricht". Sütterlin-Waack eilte am Nachmittag zum Tatort und ließ sich informieren. Sie hatte von dem Verbrechen während einer Landtagssitzung erfahren. Sie sei "in Gedanken bei den Familien und Angehörigen der Opfer".
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sprach am Mittwochabend in Kiel von einer schrecklichen und sinnlosen Tat. "Schleswig-Holstein trauert – das ist ein furchtbarer Tag", sagte Günther. Er denke an alle, die trauerten und um die Verletzten bangten. Er sei in Gedanken und Gebeten bei den Menschen, bei den Angehörigen. Der Regierungschef dankte den Einsatzkräften für deren Arbeit und auch denen, die sich um die Passagiere und Zeugen im Zug sowie um die Verletzten gekümmert hätten.
Die Deutsche Bahn sprach den Angehörigen der Opfer tiefes Mitgefühl aus. "Den Verletzten wünschen wir eine baldige und vollständige Genesung."
In der Nacht zum Donnerstag wurden die getöteten Opfer von Bestattern aus dem beim Bahnhof in Neumünster abgestellten Zug geholt, wie ein dpa-Fotograf sah. Auch die Spurensicherung war weiter aktiv. Schleswig-Holsteins Innenministerium ordnete für Donnerstag Trauerbeflaggung an.
(nik/mit Material von dpa)