"Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten", heißt es in Artikel 5 des deutschen Grundgesetzes. Die Presse- und Meinungsfreiheit steht nicht nur im Gesetzestext der Bundesrepublik an erster Stelle, auch genießen die einzelnen Medien im Land ein hohes Ansehen vonseiten der Verfassung.
Eingeschränkt wird dieses wichtige Recht allerdings schon durch Absatz 2 desselben Gesetzes: Dort werden die "Vorschriften der allgemeinen Gesetze" als Schranke für die Pressefreiheit bezeichnet. Verstoßen Journalist:innen bei ihrer Arbeit gegen die Verfassung, bewegen auch sie sich also nicht im rechtsfreien Raum.
Genau aus diesem Grund hat das Bundesinnenministerium am Dienstag auch ein offizielles Verbot gegen das "Compact"-Magazin unter der Leitung von Jürgen Elsässer ausgesprochen. Nach offiziellen Durchsuchungen in Privat- und Büroräumen darf das rechtsextreme Heft nun nicht mehr vertrieben werden.
Aber was hat es mit dieser Entscheidung konkret auf sich? Wir erklären dir, was das Verbot für die Inhalte bedeutet und inwiefern die Verleger:innen hinter "Compact" trotzdem noch rechtsextremistisches Gedankengut verbreiten könnten.
Bereits im Jahr 2021 wurde die Compact-Magazin GmbH durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als "erwiesen rechtsextremistisch", völkisch-nationalistisch sowie minderheitenfeindlich eingestuft. Demnach verstoße ein Großteil der Inhalte "gegen die parlamentarische Demokratie im Allgemeinen und gegen die Bundesregierung im Besonderen".
Mehrfach hatte die Zeitschrift in Artikeln zuletzt vom "volksfeindlichen Ampel-Regime" gesprochen. Laut Selbstbezeichnung agiert "Compact" als "Alternativmedium" und will demnach linke wie rechte Positionen darstellen – und damit auch die "Stimme des Widerstands" sein.
Neben der offenen Unterstützung von Verschwörungstheorien veröffentlichte die Zeitschrift regelmäßig vor allem anti-semitische und prorussische Inhalte. "Ich bin kein Putin-Versteher, sondern ich bin ein Putin-Unterstützer", erklärte Chefredakteur Jürgen Elsässer laut dem "Spiegel" noch im vergangenen Sommer.
Führende Politiker:innen in Deutschland werden bei "Compact" indes stets als "Verbrecher" bezeichnet - mit Ausnahme von Vertreter:innen der AfD. Vor allem zur Rechtsaußen-Strömung der Partei bestehen enge interne Verbindungen innerhalb der Redaktion, auch finanziell unterstützt das Unternehmen die Partei – und andersherum.
Im Online-Shop des "Compact"-Mediums waren neben dem sogenannten "Höcke-Taler" zur "Ehrung" des AfD-Politikers Björn Höcke auch Artikel mit nationalsozialistischen Slogans und Symbolen erhältlich.
Bei einer Razzia am Dienstag wurden nun Dutzende Dokumente und Datenträger von "Compact" sichergestellt, auch das Vermögen der zugehörigen GmbH wurde beschlagnahmt. Theoretisch kann die Redaktion des Magazins gegen das Verbot beim Bundesverwaltungsgericht klagen.
Die Sparkasse in Brandenburg hatte dem "Compact"-Unternehmen mit Sitz in Falkensee bereits Anfang des Jahres das Konto gekündigt, nachdem die Zeitung durch eine eigene Veranstaltungsreihe mit dem Namen "Blaue Welle" offen für die Machtübernahme der AfD in Sachsen, Thüringen und Brandenburg geworben hatte.
Die rechtsextreme Gesinnung des Magazins ist zu großen Teilen auch auf die Übernahme der Chefredaktion durch Jürgen Elsässer im Jahr 2010 zurückzuführen.
Der 67-Jährige wuchs in der ehemaligen DDR auf, schon die Wiedervereinigung soll in seinen Augen ein Fehler gewesen sein. Während der 1990er Jahre galt der Autor als extremer Linker, veröffentlichte während dieser Zeit unter anderem Texte für das "Neue Deutschland", die "Jungle World" und die "junge Welt".
Mit Beginn der 2000er Jahre wurde Elsässers Ton jedoch zunehmend inspiriert durch die politische Rechte, mehrfach erschienen Interviews mit ihm, die klare Tendenzen zum Rechtsextremismus erkennen ließen.
Die Übernahme des "Compact"-Magazins stellte für den Journalisten dann einen Moment dar, durch den er sich zu Großem bewegt sah. "Wir wollen dieses Regime stürzen", erklärte er noch im Juni 2023 auf der zugehörigen Homepage. Häufig adressiert er vor allem die ostdeutsche Lebensrealität.
Mit dem Verbot durch das Bundesinnenministerium wird nun nicht nur der Verkauf der Zeitschrift in ganz Deutschland endgültig gestoppt. Auch der zugehörige Youtube-Channel "Compact TV" mit immerhin 350.000 Abonnent:innen wird künftig nichts mehr veröffentlichen dürfen.
Wie der "Spiegel" berichtet, betrifft die Entscheidung außerdem die Tochterfirma Conspect Film, die unter der Leitung von Elsässers Ehefrau eine sogenannte "werktägliche Nachrichtensendung" sendete. Die zugehörige Website ist bereits gesperrt.
Auch die Website des Magazins selbst ist mittlerweile nicht mehr erreichbar. Zusätzlich betrifft das Verbot auch die Social-Media-Kanäle von "Compact". Die entsprechenden Accounts müssen in den kommenden Tagen vollständig gelöscht werden und dürfen nichts mehr teilen. Vor allem für den Rechtsaußen-Flügel der AfD geht damit eine wichtige Propaganda-Plattform verloren.
Allgemein gilt ein Verbot wie nun bei "Compact" als eher ungewöhnlich. In entsprechenden Fällen muss die als besonders wichtig eingestufte Pressefreiheit gegen die für ein Verbot vorgebrachten Argumente abgewogen werden.
2017 hatte das Innenministerium die linksextremistische Internetplattform "linksunten.indymedia.org" verboten, die einst als einflussreiches Medium der gewaltbereiten linken Szene in Deutschland galt.
Für Jürgen Elsässer und das Team hinter der rechtsextremistischen Zeitung "Compact" muss die journalistische Arbeit mit dem Verbot allerdings nicht komplett vorbei sein. Rechtlich gesehen darf jede natürliche Person eine GmbH gründen, die nicht vorverurteilt wurde.
Da bisher keine direkten Entscheidungen etwa zu Jürgen Elsässer vorliegen, könnte er oder im Zweifelsfall ein anderes Redaktionsmitglied eine neue Firma gründen und ein an "Compact" angelehntes Magazin herausbringen.
Tatsächlich wäre das wohl vor allem aufgrund der Community hinter "Compact" möglich. Nach Einschätzung des Bundesinnenministeriums gilt das Magazin als "zentraler Akteur bei der Vernetzung der 'Neuen Rechten'".
Vor allem über Social Media und "Compact TV" hatte die Redaktion immer wieder Spendenaufrufe gestartet. "Wenn Sie uns unter die Arme greifen wollen, damit wir der AfD unter die Arme greifen können, und dieses blaue Wunder 2024 möglich zu machen, dann zögern Sie nicht, uns zu helfen", betonte Jürgen Elsässer hierzu.
Enge Verbindungen unterhält das Unternehmen auch zur rechtsextremistischen Identitären Bewegung und zur Regionalpartei "Freie Sachsen". Auf entsprechenden Veranstaltungen hatte man ebenfalls immer Verkaufsaktionen gestartet, um die eigene Zeitung zu finanzieren.
(mit Material von dpa und AFP)