Republikaner Kevin McCarthy schreibt Geschichte in den USA. Sein Abgang ist mindestens genauso spektakulär wie seine Wahl zum Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses im Januar. 15 Anläufe benötigte es damals, bis McCarthy die nötigen Stimmen erhielt, nun verliert er seinen Posten.
Es muss sich wie ein Messerstich in den Rücken anfühlen.
Denn: McCarthy wurde von seinen eigenen Leuten abgewählt. Die Partei der Republikaner hält im Repräsentantenhaus eine knappe Mehrheit von neun Sitzen und kann damit den Vorsitzenden stellen oder eben stürzen.
Es brauchte acht Stimmen aus den Reihen der Republikaner, um McCarthy abzuwählen, mithilfe der Demokraten. Ganz vorne dabei ist der republikanische Hardliner Matthew "Matt" Gaetz, das Gesicht der Rebellion gegen McCarthy. Gemeinsam mit sieben weiteren Republikaner vom rechten Rand der Partei haben sie ihn entmachtet.
Streitthema: McCarthy stecke zu sehr mit "Erzfeind" Joe Biden unter einer Decke und mache mit den Demokraten gemeinsame Sache, anstatt die Interessen seiner Partei zu vertreten. Gaetz meint, McCarthy sei Teil des "Sumpfes" von Washington – ihm sei nicht zu trauen.
Jetzt haben sie McCarthy los, aber anscheinend ohne Plan B, wer ihn ersetzen soll. Dabei handelt es sich um eine einflussreiche Position. Das US-Repräsentantenhaus bildet mit dem Senat die Kammern des US-Kongresses. Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses kommt in der staatlichen Rangfolge an dritter Stelle nach dem Präsidenten und dessen Vize.
Das sind fünf Republikaner, die den Posten von McCarthy übernehmen könnten.
Als Mehrheitsführer ist der Republikaner Steve Scalise aus dem US-Bundesstaat Louisiana der zweitwichtigste Republikaner. Damit wäre er theoretisch der erste in der Reihe, um McCarthy zu ersetzen.
Sein Pluspunkt: Scalise ist noch konservativer als McCarthy eingestellt und sammelt damit Sympathie bei den rechten Republikanern. Allerdings könnte sein gesundheitlicher Zustand ein Dorn im Auge sein. Im August verkündete er, dass er an Blutkrebs leide, seine Behandlung verlaufe aber gut und er kehrte im vergangenen Monat ins Kapitol zurück.
Er wäre wohl ein Gewinn für Ex-Präsident Donald Trump. Republikaner Jim Jordan gilt als der bekannteste Trump-Verbündete im Repräsentantenhaus, wo er den US-Bundesstaat Ohio vertritt.
Als ehemaliger Führer des Freedom-Caucus kann er wohl die rechten Republikaner überzeugen. Die 2015 gegründete Gruppe gilt als die am weitesten rechts stehende parlamentarische Vereinigung im US-Kongress. Bei der Wahl von McCarthy im Januar sorgten einige Mitglieder für Aufruhr.
Zudem ist Jordan Vorsitzender im mächtigen Justizausschuss. Er führte die Verteidigung von Trump während des ersten Amtsenthebungsverfahrens des ehemaligen Präsidenten an und ist jetzt heute treibende Kraft hinter dem Vorstoß, Präsident Biden anzuklagen.
Er ist also eine der wenigen Personen, die der extremen Rechten in der Partei gefallen könnten. Die Frage ist allerdings, ob Jordan auch die restlichen Republikaner überzeugen kann. Denn mit ihm als Chef des Repräsentantenhauses droht wohl ein Rechtsruck.
Vom Eis in die Politik, der ehemalige Eishockeyspieler Tom Emmer hat sich mittlerweile einen Namen in der republikanischen Partei gemacht. Er sitzt für den Bundesstaat Minnesota im US-Repräsentantenhaus.
Sein Talent liegt offenbar in der Wahlkampf-Führung. Er hielt zweimal die Leitung der republikanischen Wahlkampfabteilung im Kongress inne. Daher hegt Emmer ein gutes Verhältnis zu vielen Republikanern, bei deren Wahl er mitgeholfen hat. Allerdings nehmen ihm laut US-Medien einige in der Partei die schlechten Wahlergebnisse bei den Zwischenwahlen übel.
Er ist wohl die Verkörperung eines Kongressabgeordneten aus alten Tagen: Republikaner Tom Cole navigiert sich seit mehr als 20 Jahren durch die US-Politik, meist rauchend mit Zigarre. Er steht laut US-Medien für Stabilität, könnte Ruhe ins Repräsentantenhaus bringen.
Cole vertritt den Bundesstaat Oklahoma und leitet den einflussreichen Geschäftsordnungsausschuss. Doch für die Republikaner könnte er wohl zu "eingestaubt" sein. Auch spricht er sich offen für McCarthy aus, der seine volle Unterstützung damals wie heute habe.
Sie kickte 2021 die bekannte Trump-Kritikerin Liz Cheney aus dem Führungsgremium. Mit ihrer Position in der republikanischen Partei dürfte wohl auch Stefanik eine mögliche Kandidatin für den Chefposten im Repräsentantenhaus sein. Sie könnte damit Geschichte schreiben, denn zuvor hielt noch nie eine Republikanerin diesen Posten inne.
Dabei war sie früher eine Demokratin.
Einst galt sie als gemäßigte New Yorkerin, doch in den vergangenen Jahren hat sich die Harvard-Absolventin zu einer überzeugten Anhängerin von Trump gewandelt. Als Republikanerin vertritt sie heute den Bundesstaat New York im Repräsentantenhaus.
Ihre Vergangenheit haben ihre Parteifreunde laut US-Medien nicht vergessen. Einige Konservative sind demnach noch heute misstrauisch gegenüber ihrer ideologischen Wandlung.