Wladimir Putin sucht neue Wege, die Kriegskasse zu füllen.Bild: Getty Images Europe / Contributor
Analyse
Um seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu finanzieren, "erfindet" Wladimir Putin ständig neue Steuern. Die Aussetzung von Abkommen, auch mit Deutschland, könnte dazu einen Beitrag leisten.
Peter Blunschi / watson.ch
Kriege sind kostspielig. Sie fordern unzählige Menschenleben und verursachen unsägliches Leid. Und sie "vernichten" sehr viel Geld. Das gilt auch und erst recht für Wladimir Putins Angriffskrieg auf die Ukraine. Er sollte nach wenigen Tagen vorüber sein und dauert nun schon fast 18 Monate. Das strapaziert auch einen ressourcenreichen Staat wie Russland.
Allein im ersten Quartal 2023 verzeichnete der Staatshaushalt nach offiziellen Angaben ein Defizit von 2,4 Billionen Rubel – das sind ungefähr 22,3 Milliarden Euro. Während die Ukraine vom Westen unterstützt wird, muss der Kreml selber schauen, wie er seinen Krieg finanziert. Eine logische Konsequenz sind höhere und zusätzliche Steuern.
Am Dienstag hat Wladimir Putin per Erlass Steuerabkommen mit mehr als 30 Ländern aussetzen lassen, darunter auch Deutschland. Sie werden von Russland als "unfreundlich", feindlich eingestuft. Die Abkommen sollen unter anderem eine Doppelbesteuerung vermeiden. Mit der Suspendierung ist der Weg für Russland frei, zusätzliche Steuern zu erheben.
Moskau begründete den Schritt mit angeblichen "Verstößen gegen die legitimen wirtschaftlichen und sonstigen Interessen der Russischen Föderation". Es würde aber in das Schema der letzten Monate passen. Wladimir Putins Regierung "erfindet" ständig neue Steuern, um seinen teuren Krieg zu finanzieren.
Weil die Einnahmen aus dem Gas- und Ölexport sinken, müssen Firmen wie Gazprom zusätzliche Steuern und Abgaben entrichten.Bild: dpa / Stringer
Ein paar Beispiele:
- Der Rohstoffsektor ist Russlands wichtigste Einnahmequelle. Er bietet sich an für neue Steuern. So musste Gazprom letztes Jahr eine "Sonderdividende" von etwas mehr als 20 Milliarden Euro abliefern. Im April wurde zudem eine Steuererhöhung für Ölkonzerne verfügt, als Ausgleich für den von der G7 verfügten Preisdeckel von 60 Dollar pro Barrel. Die erhofften Mehreinnahmen blieben jedoch aus, wie das Finanzministerium zugeben musste. Im April wurden weniger Steuern verzeichnet als im Vormonat. Als Hauptgrund wurden die sinkenden Exporte angeführt. Experten warnen zudem, dass die Zusatzsteuern den Ölsektor langfristig schädigen, weil das Geld für Investitionen fehlt.
- Im Juni folgte der nächste "Streich". Russlands Oligarchen sollten eine "Übergewinnsteuer" von bis zu zehn Prozent abliefern. Vizeregierungschef Andrei Beloussow behauptete, die Oligarchen hätten die Sondersteuer als "große Patrioten" selber vorgeschlagen. Tatsächlich aber hatten sie laut der "Financial Times" monatelang für eine Abschwächung lobbyiert.
- Ende Juli unterzeichnete Putin zudem ein Gesetz für eine "Homeoffice-Steuer". Im Visier sind in erster Linie Russinnen und Russen, die vor dem Krieg ins Ausland geflüchtet sind und weiterhin für ihre russischen Arbeitgeber tätig sind. Diese sollen die Steuer abliefern. Laut offiziellen Angaben soll die Steuer im nächsten Jahr in Kraft treten.
Das Gesetz für die Übergewinnsteuer wurde letzte Woche von Putin unterzeichnet. Der Kremlherrscher finanziere seinen Krieg durch "die Kannibalisierung von Russlands produktiver Wirtschaft", schrieben die Ökonomen Jeffrey Sonnenfeld und Steven Tian von der Universität Yale im Magazin "Time". Dies schade der Wirtschaft mehr als die westlichen Sanktionen.
Die Zusatzbelastung bekommen auch jene westlichen Firmen zu spüren, die nach wie vor in Russland ausharren. Dazu gehören auch deutsche Unternehmen wie Globus, Liebherr oder B. Braun. Sie würden "Putins Kriegskasse füllen", kritisierte eine ukrainische Ökonomin im "Sonntagsblick".
"Komplizenschaft mit Putins Invasion"
Insgesamt sind noch immer 262 deutsche Betriebe in Russland. Ihre Gewinnsteuer belief sich im vergangenen Jahr auf 402 Millionen Dollar. Der Umsatz der deutschen Firmen im Land lag 2022 bei insgesamt 23,2 Milliarden Dollar.
Die meisten Firmen rechtfertigen ihr Bleiben in Russland damit, dass sie weiterhin die Grundversorgung der russischen Zivilbevölkerung sicherstellen wollen. Gegenüber watson teilte etwa das Pharma-Unternehmen B. Braun mit, dass es etwa 7000 Dialyse-Patient:innen in Zentren in Russland versorgt. Ohne dieses Blutreinigungsverfahren seien die Betroffenen "unmittelbar vom Tod bedroht".
In dieser Sache ist der Ökonom Sonnenfeld aber knallhart. Die Präsenz westlicher Firmen in Russland sei "eine Komplizenschaft mit Putins blutiger Invasion". Vielleicht ändert sich das mit der Suspendierung der Steuerabkommen. Und der Einziehung neuer "Zufallssteuern".
Kari Lake ist eine aufstrebende US-Politikerin der Republikanischen Partei. Sie ist eine loyale Anhängerin von Donald Trump und würde laut eigener Aussage selbst zur Waffe greifen, um ihn zu schützen.