Am Sonntag hat Israel erstmals seit Monaten die Einfuhr von Hilfslieferungen in größerem Stil in den Gazastreifen zugelassen. Seit März hatte Israel nur noch wenige Hilfslieferungen zugelassen, was zuletzt zu einem dramatischen Mangel an Lebensmitteln und anderen lebensnotwendigen Gütern in dem abgeriegelten Küstenstreifen führte.
Nun lenkt Israel ein: Der Militärbehörde Cogat zufolge sind am Sonntag 120 Lkw mit Hilfslieferungen in den Gazastreifen gefahren; am Montag 180. UN-Organisationen sehen diesen Schritt zwar als positiv an, betonen jedoch auch, dass die Menge bei weitem nicht ausreicht.
Es brauche eine "Flut" an Hilfsgütern, um eine Verschärfung der Hungerkrise unter der Bevölkerung in dem abgeriegelten Küstenstreifen zu verhindern, erklärte das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA auf X und forderte die Öffnung aller Grenzübergänge.
Auch der UN-Nothilfechef Tom Fletcher spricht auf X zwar erst einmal von einem "Fortschritt" – Fletcher erklärt aber ebenfalls, es würden große Mengen weiterer Hilfsgüter benötigt, um eine Hungersnot und eine katastrophale Gesundheitskrise im Gazastreifen abzuwenden.
UNRWA spricht von mindestens 500 bis 600 Lastwagen, die jeden Tag mit den nötigen Gütern in den Gazastreifen kommen müssten.
Neben den Lkw-Ladungen gelangen auch wieder Hilfsgüter aus der Luft in den Gazastreifen. Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur "Reuters" hat Israel am Samstag damit gestartet, wobei es sich zunächst um sieben Paletten mit Hilfsgütern wie Mehl, Zucker und Lebensmittelkonserven gehandelt haben soll.
Palästinensische Insider bestätigten, dass im Norden des Gazastreifens mit dem Abwurf von Hilfsgütern begonnen worden sei.
Die Hilfe über den Luftweg wird aber auch kritisiert, unter anderem, weil immer nur kleine Mengen abgeworfen werden können: Nur ein kleiner Teil der hungernden Menschen kann davon profitieren.
Mohammed Suheib, einer der Vertriebenen im Gazastreifen, erklärt außerdem, dass die Abwürfe aus der Luft "häufig Verletzungen und Schäden" verursachen; außerdem komme es dazu zu Gewalt unter den Menschen. Hilfe sollte daher über Hilfsorganisationen, NGOs oder die UNRWA kommen, sagt er.
Israels Militär hatte angekündigt, von 6.00 bis 23.00 Uhr Ortszeit Korridore einzurichten, um die sichere Durchfahrt von Konvois der UN- sowie anderer Hilfsorganisationen zu ermöglichen. In Gebieten, in denen die Streitkräfte derzeit nicht im Einsatz seien, soll es außerdem bis auf Widerruf jeden Tag zwischen 10.00 und 20.00 Uhr Ortszeit eine selbsterklärte humanitäre Feuerpause geben.
Die Wiederaufnahme von Hilfslieferungen erfolgt nach einem immensen Druck aus dem Ausland aufgrund der unerträglichen Zustände im Gazastreifen.
Die Unterernährung unter den rund zwei Millionen Bewohnern habe "alarmierende Ausmaße", warnte die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Im Juli habe es einen signifikanten Anstieg von Todesfällen im Zusammenhang mit Unterernährung gegeben.
Mehr als 1000 Hilfsorganisationen haben in der vergangenen Woche in einem eindringlichen Appell den Zugang zu den hungernden Menschen gefordert. Auch die eigenen Mitarbeitenden würden kaum noch Lebensmittel finden; das Gleiche gilt für Journalist:innen, die aus dem Kriegsgebiet berichten.
(Mit Material der dpa)