International
Israel

Israel-Krieg: Beginnt jetzt die Bodenoffensive in Gaza?

231026 -- JERUSALEM, Oct. 26, 2023 -- This screenshot taken from a video released by the the Israel Defense Forces IDF shows Israeli forces conducting a raid in the northern Gaza Strip on Oct. 26, 202 ...
Dieser Screenshot aus einem von den Israelischen Verteidigungsstreitkräften IDF veröffentlichten Video zeigt israelische Streitkräfte bei einer Razzia im nördlichen Gazastreifen am 26. Oktober.Bild: imago images / xinhua
Israel

Israel-Krieg: Beginnt jetzt die Bodenoffensive in Gaza?

27.10.2023, 10:41
Mehr «International»

Eine Kolonne gepanzerter Fahrzeuge bahnt ihren Weg durch den Gazastreifen. Es sind Explosionen zu sehen, danach gigantische Staubwolken. Das zeigen die vom israelischen Militär veröffentlichten Schwarz-Weiß-Aufnahmen. Israels Bodentruppen haben nach Angaben der israelischen Armee einen "gezielten Angriff" im Zentrum des Gazastreifens ausgeführt. Der Einsatz in der Nacht zum Freitag sei von Kampfjets und Drohnen unterstützt worden, erklärt die Armee.

Der Vorstoß habe Einrichtungen der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas gegolten. Anschließend hätten die Soldat:innen das Palästinensergebiet wieder verlassen, ohne dass es Verletzte gegeben habe. Parallel zum Einsatz am Boden seien Ziele der Hamas im Zentrum und "überall im Gazastreifen" bombardiert worden, heißt es weiter.

13.10.2023, Israel, ---: Ein israelischer Soldat zeigt ein V-Zeichen von einem Schützenpanzer aus, der sich im Süden Israels auf die Grenze zum Gazastreifen zubewegt. Foto: Ariel Schalit/AP/dpa +++ dp ...
Ein israelischer Soldat zeigt ein V-Zeichen von einem Schützenpanzer.Bild: AP / Ariel Schalit

Es gehe bei der Aktion um "Vorbereitung". Das Militär erklärt, der Einfall sei "in Vorbereitung auf die nächsten Phasen des Kampfes" erfolgt. Das könnte ein Hinweis auf einen groß angelegten Einmarsch von Bodentruppen sein, der schon mehrfach verschoben wurde.

Geht es jetzt los?

Watson ist jetzt auf Whatsapp
Jetzt auf Whatsapp und Instagram: dein watson-Update! Wir versorgen dich hier auf Whatsapp mit den watson-Highlights des Tages. Nur einmal pro Tag – kein Spam, kein Blabla, nur sieben Links. Versprochen! Du möchtest lieber auf Instagram informiert werden? Hier findest du unseren Broadcast-Channel.

Israels Bodenoffensive kommt – für Netanjahu gebe es kein Zurück mehr

"Mittlerweile lassen israelische Vertreter das Datum komplett offen und äußern sich nur vage, wann es losgehen soll", sagt Konfliktbeobachter Nikita Gerasimov von der Freien Universität Berlin auf watson-Anfrage. Dass die Offensive aber kommt, gilt laut ihm weiterhin als zweifellos.

Er sagt:

"Die israelische Regierung hat der eigenen Bevölkerung zuvor so alternativlos die baldige Bodenoperation gegen die Hamas und ihre Vernichtung versprochen, dass es für Netanjahu schon aus rein politischen Gründen kein Zurück oder Nachlassen mehr geben kann. Ein Zurück wird in der israelischen Bevölkerung nicht mehr akzeptiert werden – der Druck auf Netanjahu wird steigen, bis die Bodenoperation rollt."

Und diese wird offenbar eifrig "angerollt". Israelische Bodentruppen haben nach Angaben der israelischen Armee bereits am Vortag einen "gezielten Angriff" im Zentrum des Gazastreifens ausgeführt. Den Angaben zufolge war dieser in der Nacht zum Donnerstag mit Panzern im Norden des dichtbesiedelten Küstengebiets ausgeführt worden.

"Wer die klassischen israelischen Vorbereitungen einer Bodenoperation in Gaza analysiert, kann erkennen, dass sie derzeit in der Schlussphase Ihrer Vorbereitungen sind", sagt Militärexperte und Oberst a. D. Ralph Thiele auf watson-Anfrage. Er ist Vorsitzender der Politisch-Militärischen Gesellschaft in Berlin. Was laut ihm noch fehlt, sind Bomben, die viele der Tunnel zum Einsturz bringen. Dann werde es losgehen.

Doch laut Thiele benötigt nicht nur Israel Zeit, sich auf die Bodenoffensive vorzubereiten.

USA und westliche Verbündete brauchen Zeit

"Es gibt Bestrebungen der Hamas, den Konflikt auf den Libanon und weitere Länder auszuweiten. Vor diesem Hintergrund brauchen die westlichen Staaten Vorbereitungszeit", meint er. Diese diene etwa der Evakuierung eigener Staatsbürger:innen.

"Die Schlacht um Gaza kann zu einer Hölle werden."
Konfliktbeobachter Nikita Gerasimov

Zeit brauchen die USA und deren europäische Verbündete auch für Geiselverhandlungen und für humanitäre Hilfe für die Palästinenser in Gaza. "Sie brauchen auch Zeit, sich auf Angriffe in der Region durch vom Iran unterstützte Gruppen vorzubereiten, sowie Israel sanft in Richtung einer langfristigen Strategie zu drängen", führt er aus.

Iran sei ein Brandstifter, der für die Vernichtung Israels so ziemlich alles unternehmen würde. Laut Thiele bringen die USA mit zwei Flugzeugträgergruppen, die jeweils von 40 weiteren Kriegsschiffen begleitet werden, einen enormen militärischen Machtapparat in die Region. "Dieser soll die Gemüter der Beteiligten abkühlen und hat damit augenscheinlich bislang Erfolg", sagt der Militärexperte.

Zudem sei allen Beteiligten klar, dass ein Einmarsch im Gazastreifen zu erheblichen Verlusten unter israelischen Soldat:innen führen kann, fügt Gerasimov hinzu. Unter Gaza erstrecken sich Hunderte Kilometer lange Tunnelsysteme der Hamas. Straßenschlachten auf engstem Raum, Sprengsätze, Selbstmordattentäter, Bombenabwürfe von Coptern – "die Schlacht um Gaza kann zu einer Hölle werden", warnt er. Auch für die palästinensische Zivilbevölkerung vor Ort.

Noch gravierender sei demnach die Ausgangslage durch die immense Bevölkerungsdichte und zahlreiche verbleibende Zivilist:innen in dem Gebiet. "Dementsprechend intensive Vorbereitungen und Zeit nimmt sich die israelische Armee, um sich nicht überstürzt in die Straßenschlachten hineinzuwerfen, sondern das Vorrücken systematisch zu gestalten und die Opfer unter eigenen Soldaten kleinzuhalten, soweit es geht", sagt er.

Der israelische Verteidigungsminister habe verkündet, dass er die Dauer der Operation auf drei Monate schätzt. Laut Gerasimovs Einschätzung ist diese Angabe "weit untertrieben", wenn die israelische Armee tatsächlich an ihrem selbst gesetzten Ziel der Vernichtung von Hamas im Gazastreifen festhalten will.

(mit Material der AFP)

Nawalnys Witwe gibt erstes Interview nach seinem Tod und äußert Putin-Theorie

Am 16. Februar musste Alexej Nawalny sein Leben lassen. In einer russischen Strafkolonie verstarb der wohl bekannteste Gegner von Präsident Wladimir unter mysteriösen Umständen. Ein Tod, der vielen Menschen, die sich in dem Land gegen den Krieg oder den Machthaber richten, bestürzt hat.

Zur Story